Ausgabeaufschläge bei Stiftungsfonds sind so was von yesterday

Warum Stiftungen bei Stiftungsfonds keinen Ausgabeaufschlag zahlen dürfen und wie sie diesen „wegbekommen“

12022
Ausgabeaufschläge bei Stiftungsfonds ein NO GO
Lesezeit: 5 Minuten

Kosten bei Stiftungsfonds, Stiftungsfonds und ihre Kosten. Ein Thema, das gerade wieder etwas hochkocht. Klar, momentan und auf absehbare Zeit müssen wir mit dem Niedrig- bzw. Nullzins klarkommen, und jedes Zehntel Kosten das sich sparen lässt, ist vor diesem Hintergrund natürlich willkommen. Außerdem ist es nach wie vor Praxis, Stiftungen beim Kauf von Stiftungsfonds und stiftungsgeeigneten Fonds beim Ausgabeaufschlag nicht zu verschonen. Aber es gibt Mittel und Wege, dem Ausgabeaufschlag Lebe wohl zu sagen. Denn Ausgabeaufschläge sind yesterday.

Um es auf den Punkt zu bringen: Ausgabeaufschläge bei Fonds sind so etwas wie der Eilzugzuschlag, der früher im D-Zug entrichtet werden musste. Er ist von gestern, er ist nicht mehr zeitgemäß, er ist aus Sicht des Kunden bzw. Anlegers ein NO GO. Für Stiftungen stellt sich nun die Frage, ob sie Ausgabeaufschläge akzeptieren müssen und wie sie diese Vorab-Schmälerung ihres Investments, die sie buchhalterisch entsprechend erfassen müssen, vermeiden können. Denn eines ist unumstößlich. Eine Anlage mit einem Verlust von 3, 4 oder gar 5% zu beginnen, also sofort unter Wasser zu liegen, das lässt jedes Investment, egal in welchen Stiftungsfonds oder stiftungsgeeigneten Fonds, in einem anderen Licht erstrahlen.

AUSGABEAUFSCHLÄGE ALS KOSTENBLOCK

Ausgabeaufschläge sind ja neben den Verwaltungs-, Transaktions- und Depotkosten die vierte wesentliche Kostenquelle, die Stiftungsdepots belastet wird, und ist der Ausgabeaufschlag einmal eliminiert, relativieren sich auch die anderen Kostenböcke relativ schnell. Denn Handwerk, auch Fondshandwerk, muss bezahlt werden, gutes noch dazu, das versteht auch jeder. Wer heute einen Fliesenleger bestellt, der weiß, dass dort ein Stundensatz aufgerufen wird, den ich zahlen muss, dafür bekomme ich exakt das Problem gelöst, das ich habe. Ich kann keine Fliesen legen. Bei der Anlage von Stiftungsvermögen muss theoretisch niemand sagen, dass er dies nicht kann, aber er muss sich doch eingestehen, dass zwischen de profanen Kauf einer Aktie und dem Managen eines Portfolios doch ein gewichtiger Unterschied besteht.

BEI STIFTUNGSFONDS ZÄHLT ZUNEHMEND AUCH DIE INFRASTRUKTUR

Daher plädieren wir immer dafür, beim Kauf von Stiftungsfonds und stiftungsgeeigneten Fonds neben den Fondskosten selbst vor allem zunächst auf die Infrastruktur zu schauen. Dort lässt sich erklecklich sparen, allerdings muss dafür eine ganz wesentliche Hürde übersprungen werden: die Bande zur Hausbank. Viele Banken sperren sich einmal dagegen, dass sie mit der Stiftung scheuklappenfrei ein Fondsportfolio, auch mit externen Ideen, diskutieren, zum anderen legen sie immer dar, dass dem Ausgabeaufschlag auch eine Beratungsleistung vorausgeht, die nun mal beglichen werden muss. Stiftungen müssen sich an diesem Punkt fragen, ob sie diese Hürden akzeptieren.



LESE- & VIDEOTIPP: In der FondsFibel für Stiftungen & NPOs finden Stiftungen Anregungen zur Fondsanlage für die tägliche Praxis und auch Hinweise, wie eine optimale Infrastruktur zur Fondsanlage aussehen könnte. Samt der Übersicht zum ‚Club der 25‘ mit allen Analysen, Updates und Podcasts finden Sie dies unter www.fondsfibel.de. Auf unserem youtube-Kanal haben wir zudem Anregungen zum Fondskauf formuliert: https://www.youtube.com/watch?v=dhUpa9Qeaeg, und auch einige Aspekte dazu, was einen Fonds heute zum stiftungsgeeigneten Fonds macht: https://www.youtube.com/watch?v=fYiNU5W7P4o&t=252s

AUSGABEAUFSCHLÄGE AUS GEWOHNHEIT SIND OUT

Einen Ausgabeaufschlag aus Gewohnheit zu erheben, und nicht weil tatsächlich eine Beratung vorgelegen hat, ist aus Bankensicht einfach verdientes Geld, aus Stiftungssicht gilt es, hier ganz ernsthaft das Comittment des Gegenübers zu seiner Stiftung im Speziellen bzw. zum Stiftungswesen im Allgemeinen zu hinterfragen. Stehen nämlich die Infrastrukturkosten der Verwirklichung des Stiftungszwecks entgegen, ist der Bankpartner, so gewachsen diese Beziehung aus sein mag, vielleicht nicht mehr der richtige. Er war einmal der passende Partner, aber auch eine Bankbeziehung muss sich entwickeln, vor allem muss sie mit der Zeit gehen.

BEIM KAUF VON STIFTUNGSFONDS 25.000 EUR SPAREN

Mit der Zeit gehen heißt heute, stärker die Brille der Stiftung aufzusetzen, weniger mit dem Verkauf als vielmehr mit der fachlichen Betreuung von Stiftungen zu verdienen, für Stiftungen ist derlei aber der Punkt, an dem sie das Eis anknacksen können. Das müssen sie auch, denn die Rechnung, wie viel Geld das spart, ist recht einfach. Eine Stiftung mit 200.000 EUR Stiftungsvermögen, die fünf Fonds mit jeweils 5% Ausgabeaufschlag kauft, verliert upfront, also direkt, 10.000 EUR. Bei einer Stiftung mit 500.000 EUR Stiftungsvermögen sind es dergleichen 25.000 EUR. Bei zu erwartenden Erträgen von vielleicht 3% ist sie damit erst im zweiten Jahr in der Lage, aus ihren ordentlichen Erträgen heraus ihre Zwecke zu verwirklichen.

NICHT IM SINNE DER STIFTUNGS-DNA

Das ist weder im Sinne der Stiftungs-DNA noch im Sinne der Destinatäre, sondern es kollidiert auch mit dem für Stiftungen durchaus gewichtigen Verhältnismäßigkeitsgebot von Aufwand und Ertrag. Eine Familienstiftung, die zum Erhalt der Versorgung von Familienmitgliedern errichtet wird, kann solch eine Struktur übergestülpt bekommen, nicht aber eine gemeinnützige Stiftung. Hier steht das Verwirklichen eines Zwecks im Mittelpunkt, und diese Fähigkeit speist sich aus ordentlichen Erträgen, die durch Infrastrukturkosten – und hierzu können Ausgabeaufschläge und Depotauswendungen gezählt werden – nicht oder so gut wie nicht tangiert werden dürfen.

SO BEKOMMEN STIFTUNGEN DEN AUSGABEAUFSCHLAG „WEG“

In Zeiten von 4% Zins auf eine zehnjährige Bundesanleihe war solch eine Praxis machbar, wenngleich vielleicht auch nicht legitim, aber in Zeiten von Nullzinsen muss die Infrastruktur mit der Zeit gehen, also das Institut, das Depotleistungen für Stiftungen anbietet. Wie bekommt eine Stiftung nun die Ausgabeaufschläge „weg“? Ganz klar, am Gespräch mit der Hausbank, wo das Depot derzeit liegt, führt in einem ersten Schritt kein Weg vorbei. Sollte das nicht in die gewünschte Richtung führen, da Ausgabeaufschläge allenfalls als verhandelbar angesehen werden, müssen sich Stiftungen präparieren. Es empfiehlt sich dann, eine komplette Kostenaufstellung zum Depot zu verlangen, für die vergangenen drei Jahre, und das mit den ordentlichen Erträgen ins Verhältnis zu setzen.

WAS DECKT DIE ANLAGERICHTLINIE AB?

Passt dieses Verhältnis nicht, kann die Stiftung argumentieren, dass die Ausgabeaufschläge sie in der Verwirklichung ihres Stiftungszwecks behindern und sie diese nicht mehr zahlen wird. Es ist dann nicht im Sinne des Stifters und kann vom Stifterwillen nicht gedeckt werden, dass Ausgabeaufschläge wie gehabt erhoben werden, die Erträge aber nicht mehr mit diesen Ausgabeaufschlägen korrespondieren. Zugegeben, das wäre das Vorgehen einer Stiftung, die bereits in Fonds anlegt, hier und da aber etwas am Depot verändern muss. Aber auch hier gilt es, die Anlagerichtlinie dahingehend zu prüfen, ob sie den Stifterwillen noch zeitgemäß übersetzt. Denn ertragsreich und sicher bedeutet heute etwas anderes als vor 20 oder 30 Jahren.

DEN STIFTERWILLEN INS HIER UND JETZT ÜBERSETZEN

Stiftungen, die neu anfangen, sollten diese Eckdaten direkt vor Gründung erfragen und ein zeitgemäßes Depot-Setup bei der Bank einfordern. Hierzu gehört dann auch, dass die Stiftung mit einer vorbereiteten Liste an Stiftungsfonds und stiftungsgeeigneten Fonds samt Argumentationsrahmen zu den einzelnen Fonds und einem Passus in der Anlagerichtlinie an die Bank herantritt. Sie muss zeigen, dass sie eben nicht mehr als zwei Fonds eines Anbieters erwerben darf, da sie über Anlageklassen, Anlagestile, Anlagestrategien und Produktanbieter hinweg streuen muss. Die Bank dürfte dann fragen, wie sich das aus dem Stifterwillen ableiten lässt, woraufhin die Stiftung immer argumentieren kann, den Stifterwillen gilt es zeitgemäß zu übersetzen, und so die Satzung ertragreich und sicher für das Stiftungsvermögen als Parameter definiert hat, wird das ins Hier und Jetzt mit Diversifikation und Delegation übersetzt.

ZUSAMMENGEFASST

Der Ausgabeaufschlag ist ein Relikt aus vergangener Zeit, sie sind yesterday. Stiftungen, die beim Kauf von Stiftungsfonds oder stiftungsgeeigneten Fonds noch Ausgabeaufschläge zahlen, müssen erkennen, dass sie das nicht mehr müssen. Diese Erkenntnis ist vermutlich keine neue, aber sie hilft nichts, wenn es darum geht, den Ausgabeaufschlag beim Fondskauf zu eliminieren. Hier helfen dann das zeitgemäße Übersetzen des Stifterwillens in die Anlagerichtlinie bzw. eine zeitgemäße Anlagepolitik. Und in dieser stimmen auch die Verhältnismäßigkeiten zwischen Aufwand und Ertrag – so wie das Verhältnis zwischen einer Leistung und der Gebühr auch zu stimmen haben.