Wer die beiden Worte Compliance und Stiftung miteinander in einen Satz packt, der spaltet die Empfänger dieser Information. Die einen ignorieren, erwidern „das brauchen wir nicht“ oder haben eben noch nie davon gehört. Die andere Seite beschwört sofort, dass Compliance in Stiftungen ein super-wichtiges Thema sei, über das viel zu wenig diskutiert wird im Stiftungssektor. Wir konnten uns beim Österreichischen Stiftungsfrühling (ÖSF) davon überzeugen, dass Compliance System braucht, auch in Stiftungen, und brachten Anregungen mit, wie das gehen kann. Aber auch sonst setzte die 2024er Ausgabe des ÖSF auch praxisnahe Hinweise für Stiftungsverantwortliche. Aus Zürich wiederum brachten wir ein Update rund um Forstinvestments mit – und durften selbst etwas zum Stifterland Deutschland berichten. Unser Field Trip nach Österreich und in die Schweiz in Bildern.
Compliance in Stiftungen muss auf die Agenda
Wo liegen eigentlich die Risiken in Ihrer Stiftung? Können Sie diese Frage zweifelsfrei beantworten? Verena Stagl vom Taylor Wessing (in der Bildmitte, links zu sehen Manfred Wieland, der Kopf hinter dem ÖSF) brachte diese Frage zum Österreichischen Stiftungsfrühling 2024 mit, und beantwortete sie auch gleich sehr dezidiert. Eine Risikomatrix aufzustellen, kann ein erster Schritt in Richtung Compliance System sein. Dabei gilt es, den Blick auf die Tätigkeitsbereiche der Stiftung zu werfen und abzuleiten, wo hier welche Risiken mit den entsprechenden Eintrittswahrscheinlichkeiten vorhanden sind. Sorgfalt ist hier eines der Schlüsselwörter, diese Sorgfaltspflicht wird sogar bereits verletzt, sobald die Stiftungsverantwortlichen ein Fehlverhalten der Mitarbeiter erleichtern. Denn zum Wohle der Stiftung ist genau das nicht, die Business Judgement Rule ist hier die Maßgabe. Was gehört nun zum Compliance Management System einer Stiftung? Verena Stagl brachte die notwendigen Maßnahmen auf den Punkt: 1) Compliance Officer bestellen, 2) Berichts- und Kontrollwesen aufsetzen, 3) Interne Revision etablieren, 4) ggf. Compliance-Zertifizierung anstoßen. Sie nannte es die Compliance-Kette, wir lernen: Compliance in Stiftungen wird uns künftig noch mehr beschäftigen.
Stiftungsvermögen braucht Verständnis und Konzept
Manfred Wieland wiederum, der Organisator des Österreichischen Stiftungsfrühlings, fußte seinen Vortrag auf die Frage, was eigentlich Erfolg in der Geldanlage. Wir übersetzen das einmal in das Stiftungssprech: Woran hängt eigentlich der Erfolg in der Kapitalanlage einer Stiftung. Die Antwort besteht für Manfred Wieland aus drei Worten: Strategie. Strategie. Strategie. Wie Recht er damit hat. Für den Stiftungsxperten beginnt Strategie bei Verständnis, für die Ziele der eigenen Vermögensanlage und den Parametern, die den Kapitalmarkt bestimmen. Weiß ich als Stiftung, wohin ich in der Kapitalanlage möchte (wir übersetzen mal: wie hoch sind die ordentlichen Erträge, die ich brauche, welche Rücksetzer bin ich bereit zu akzeptieren, bin ich bereit auf der Höhe der Zeit zu diversifizieren), dann kann ich das entsprechende Konzept dazu verfassen. Zwei Gedanken gab uns Manfred Wieland noch mit auf den Weg: Einmal kann jede noch so gute Strategie zu teuer sein (=bedeutet kontinuierliches Monitoring im Stiftungsvermögen die Kosten betreffend). Zum anderen müssen Stiftungen ihr Konzept nicht nur langfristig aufsetzen, sondern auch durchhalten. Nichts sei schlimmer als mitten im Derby das Pferd zu wechseln, die Wahrscheinlichkeit dass man (sofern man nicht James Bond heißt) vom Pferd fliegt, liegt nahe einhundert Prozent. Wir lernen: Jetzt konzeptlos zu agieren, kann auf Sicht ertragslose Anlage bedeuten, und das kann sich keine einzige Stiftung leisten.
Jugend braucht Perspektive
Mit Reinhard Heiserer von Jugend eine Welt sprachen wir in einer Folge AHOI, NPO! über die Verfasstheit der Welt, über eine Welt ohne Perspektiven für junge Menschen und was daraus für uns alle folgen kann. Dass Perspektivlosigkeit auch ein Problem in unserer überkonumierenden und übergesättigten Welt ist, darüber waren wir uns einig. Gleichzeitig schwang aber in den Worten Reinhard Heiserers auch Optimismus mit. Denn es gibt in vielen Teilen der Erde Problemlösungen, die geradewegs phantastisch funktionieren, die Impact befördern und eben genau jene Perspektive kreieren, die Menschen nun einmal für ein zufriedenes Dasein brauchen. Wir lernen: Jungen Menschen eine Zukunft geben, an dieser mitzubauen, das ist vermutlich ein der wichtigsten Aufgaben, die Stiftungen und NGOs künftig an vorderster Front mit bewältigen werden. Und mit Reinhard Heiserer drüber zu sprechen, ist eine wahre Freude.
Forstinvestments vor möglicher Neubewertung?
Nach dem Österreichischen Stiftungsfrühling ging es für mich weiter nach Zürich. Des Nächtens brach ich in die schweizerische Finanzmetropole auf, um dort am 17.4. in einer kleinen Runde mit Pensionskassen-, Versorgungswerk- und Bankenvertretern etwas über die Stiftungslandschaft Deutschland zu erzählen. Warum tat ich das? Weil wir im Kontext einer Präsentation von United Bankers (im Bild zu sehen die United Bankers Forstprofis Dick Ehrnroth, 2ter von links, und Jyri Hietala) über die Zukunft der Asset Allocation von Stiftungen diskutierten. Da deutsche Stiftungen beim Thema Diversifikation in vielen Fällen Nachholbedarf haben, sagte ich zu, dies in der Schweiz kurz vorzutragen. United Bankers wiederum brachte seine Expertise im Bereich Forstinvestments ein, die wiederum aus Stiftungssicht vielerlei Vorzüge mit sich bringen. Die Korrelationsgeschichte ist die eine, eine weit gewichtigere ist jedoch die Rolle des Waldes bei der Decarbonisierung. Diese Agenda hier braucht mehr Wald, sie braucht funktionierenden Wald, und sie braucht mehr Profis, die dies auch bewerkstelligen können. Wie eben jene von United Bankers. Interessant waren die Fragen der Gäste, etwa nach den Besonderheiten finnischer und baltischr Waldflächen, nach der geostrategischen Bedeutung von Waldinvestments und den Anforderungen an eine Vertiefung der Wertschöpfung rund um den Wald herum. Wussten Sie zum Beispiel, dass gerade Planungen für komplett aus Holz gebaute Bürogebäude wie Pilze aus dem Boden schießen? Wir lernen: Forstinvestments gedeihen derzeit noch eher im Schatten, aber ihnen wird in Bälde eine größere Bühne gehören.
Zusammengefasst
Ein Field Trip in unsere Nachbarländer, der es wieder in sich hatte. Der Österreichische Stiftungsfrühling in Seewalchen am Attersee adressierte jene Themen, die ich mir auch auf deutschen Stiftungstagen häufiger wünschen würde. Auf dem United Bankers-Event in Zürich wiederum stellten Pensionskassen- und Bankprofis die richtigen Fragen rund um Forstinvestments, stellten diese auch in den richtigen Kontext: einen Portfolioontext. Mein Impuls zum Stifterland Deutschland zeigte mir abermals, dass hierzulande manche Themen etwas zu stiefmütterlich behandelt werden, dass manches doch noch nicht so richtig in die Silos hineingetragen wurde. Aber die Dinge sind im Fluss, und dass die Welt sich ändert bzw. wandelt und das dies am Stiftungssektor nicht vorbeischrammt, darüber konnte ich mich in Österreich und in der Schweiz vergewissern. Wie das eben so ist mit Field Trips, sie weiten den Horizont. Und zwar den eigenen.