Tue Gutes und rede darüber. Diesen Satz kennen wir alle, also zumindest jene im Dritten Sektor kennen ihn aus dem Effeff. Aber genau an diesem „drüber reden“ scheiden sich wie so oft die Geister. Soll ich als Stiftung Stiftungskommunikation machen und einen Leiter Kommunikation in meiner Stiftung benennen? Es sind Fragen wie diese, die Stiftungslenker und -denker umtreiben. Zu Recht, wie ich meine.
In der digitalen Welt gibt es einige Grundgesetze, und diese können auch Stiftungen nicht außer Kraft setzen. Der Schmierstoff der digitalen Welt sind Geschichten. Geschichten als Video, Geschichte als Bilderstrecke, Geschichten als Podcast, Geschichten als Text. Im Kern sind es Geschichten, diese gilt es zu erzählen und zu verbreiten. Wenn man es ernst nimmt damit, dann dürften Stiftungen rasch erkennen, dass Tue Gutes und rede darüber ganz nahe an dieser Königsvorgabe für Erfolg im Internet ist. Denn diese „rede darüber“ ist ja genau die Kommunikation, die notwendig ist, um eine Geschichte so richtig ins Rollen zu bringen. Auf einer Veranstaltung neulich meinte einer der Referenten, Stiftungen würde die Chancen hier völlig unterschätzen, in der Regel keine Kompetenz benennen und sich damit ein Stück weit selbst von der digitalen Welt abkoppeln. Der Referent meinte, Stiftungen würden dem Thema Kommunikation im Sinne von Tue Gutes und rede darüber in den allermeisten Fällen völlig vernachlässigen.
EINE NEUE KERNKOMPETENZ FÜR STIFTUNGEN?
Natürlich, hier könnte ich einstimmen in den Kanon der Warner und Besserwisser, aber das möchte ich nicht. Mir ist wichtiger zu ergründen, warum Kommunikation eine Disziplin ist, die verschlafen wird, die einfach nicht als Teil der Kernkompetenzen einer Stiftung gesehen wird. Einmal hat es sicherlich etwas mit dem vermutlichen Aufwand zu tun, vor dem sich viele Stiftungen scheuen. Inhalte müssen produziert werden, mit eigenen Anstrengungen oder mit externen, teuer eingekauften Experten. Dann müssten die Inhalte hübsch aufbereitet und eben noch viral verbreitet werden. Die hiermit verbundenen Aufwände sind vielen Stiftungen zu viel, sie sind einfach abwartend und nehmen das Heft des Handelns nicht in die Hand. Sicherlich, der Aufwand für Kommunikation ist nicht unerheblich, aber ist es eine gute Geschichte nicht wert, dass sie verbreitet wird? Letztlich geht es auch darum, intern die Weichen zu stellen, etwa einen Werkstudenten zu finden, der das Thema für die Stiftung aufsetzt, und der ob seines Knowhows, das er als Student der Kommunikationswissenschaft mitbringt, in der Lage ist, dieses an die anderen Stiftungsmitarbeiter weiterzugeben.
STIFTUNGSKOMMUNIKATION KENNT EIGENTLICH KEINE HÜRDEN
Der Aufwand jedoch lässt sich durch sorgfältige Planung relativieren, und manchmal kann es auch eine Sitzung weniger und eine Kreativrunde mehr sein, um schnell ein paar Ideen für die nächste Geschichte zu entwickeln. Der Aufwand braucht zudem immer einen Startpunkt, in vom Gefühl her finden viele Stiftungen genau diesen nicht. Einen Einstieg in gute Stiftungskommunikation zu finden, das ist für viele dem Vernehmen nach die eigentliche Hürde. Weil der Sinn nicht gesehen wird. Im Kuratorium sitzt immer jemand, der sagt, wir brauchen keine Kommunikation, weil unsere Story so unique ist, dass früher oder später schon mal so ein Schreiberling was drüber macht. Was sollen wir zudem diesen Schmierfinken unser Innerstes öffnen, mal ein Pressegespräch anberaumen oder diesen oder jenen Journalisten mal zum Essen einladen? Was soll das Ganze, wenn die ohnehin nur das schreiben, was sie wollen. Und letztlich wollen sie alle nur Skandale in ihren Blättchen sehen, für unsere wirkliche Arbeit haben die gar keinen Nerv.
NICHT KOMMUNIZIEREN IST KEINE LÖSUNG
So oder so ähnlich fallen viele Analysen aus, und damit wird dem Erzählen von Geschichten, von denen Stiftungen jede Menge haben, von vorn herein der Garaus gemacht. Nur, die Welt, in der diese Allgemeinplätze ihre Gültigkeit hatten, existiert nicht mehr. Die Welt ist heute eine anderen, sie ist eine der Geschichten, sie eine in der Kommunikation ein hohes Gut und viel Können verlangt. Vor allem aber: Wer nicht kommuniziert, wird ignoriert. Klinken sich Stiftungen also aus, koppeln sie sich ab und wirken eigentlich ihrer DNA entgegen. Sie sind ja dem Gemeinwohl verpflichtet, sie lösen soziale Probleme, und damit die Wirkung dessen sich potenziert, sollte auch darüber gesprochen werden. Genau dieser Zusammenhang aber wird im Stiftungssektor nicht gesehen, oder sagen wir: es wird noch zu selten gesehen. In manchen Fällen ist es auch die Angst vor dem Reputationsschaden, und auch das kann ich nachvollziehen. Jedoch ist diese Angst in 99,9% der Stiftungen unbegründet. Stiftungen tun Gutes, sie sind keine Spielzeuge sondern Wirkungsmaschinen. Viele Stiftungen sind inzwischen anstelle des Staates Grundpfeiler für Kultur oder den Diskurs über die Weiterentwicklung des Gemeinwesens, hier braucht niemand Angst zu haben, dass dies negativ ausgelegt werden würde.
AUCH WENN’S SCHIEFGEHT – DRÜBER REDEN
Und passieren doch einmal Fehler, so what, dann redet einfach drüber, schreibt eine Geschichte darüber, warum das Projekt gescheitert ist. Stiftungen können es an dieser Stelle machen wie Thomas Edison. Der hatte einmal gesagt, dass er nicht tausendmal gescheitert ist beim Erfinden der Glühlampe, sondern dass er jetzt 1000 Wege kenne, wie man eine Glühlampe nicht bauen könne. Oder hätte das Mondfahrtprojekt ohne die von Kennedy geprägte „bring a man on the moon and return him safely to the earth“-Geschichte jemals so an Fahrt aufgenommen und sich in die Gehirne der Menschen eingebrannt als eines der Jahrhundertereignisse? Klar, der damalige Präsident ging forsch voran, aber die Geschichte begeisterte Menschen weit über die erste Mondlandung hinaus. Weil sie veranschaulichte, was möglich ist, wenn man nur seine Ziele klar genug formuliert und Kräfte bündelt.
ZUSAMMENGEFASST
Kommunikation, noch dazu in der digitalen Welt, sollte im Stiftungssektor zu einer der Basisdisziplinen gehören. Dieser Meinung sind viele Experten, und ich schließe mich dieser Meinung an. Angst vor der Geschichte braucht keine Stiftung zu haben, und auch nicht vor dem Aufwand, sie zu erzählen. Es gibt hierfür gute Sparringspartner, und den gesunden Menschenverstand gibt es ja auch noch. Also dann, lift off.