Reichlich Schmierstoff

Was haben Stiftungen ausreichend? Futter für die digitale Welt!

12766
storytelling
Lesezeit: 3 Minuten

Als ich neulich bei einer Stiftungsveranstaltung einen Vortrag halten durfte zum Thema ‚Stiftungen und ihr Weg in die digitale Welt‘ schienen die anwesenden Gäste verblüfft. Sie wollten mir nicht so recht glauben, dass ihre Stiftung jeweils genau das hat, was die digitale Welt, nach dem die digitale Welt geradezu dürstet. Stiftungen haben jede Menge Schmierstoff für die digitale Welt zu bieten: die Geschichten. Aber, diese müssen eben auch erzählt werden.

PODCAST
„Reichlich Schmierstoff“

Früher hieß es vom Tellerwäscher zum Millionär, heute könnte man angesichts von Influencern und Youtube-Stars meinen, es gebe dazwischen noch einen weiteren Schritt: den Storyteller. Es könnte heute also durchaus heißen, vom Tellerwäscher zum Storyteller zum Millionär. Was verrät dieses Phänomen über die digitale Welt? Das Ganze funktioniert nur, wenn ausreichend Schmierstoff vorhanden ist, wenn also immer neue Geschichten produziert werden, die dann auch geteilt bzw. verbreitet werden können. Ein viraler Hit ist immer eine Geschichte, aber nicht immer eine gute Geschichte. Aber genau das können Stiftungen liefern: gute Geschichten. Das Prinzip Geschichte ist tief in der DNA einer jeden Stiftung verankert. Stiftungen verwirklichen ihre Zwecke, indem sie Menschen helfen, Menschen Hoffnung geben, Menschen Zukunft schenken, Menschen Ablenkung verschaffen, Menschen unterstützen. Genau daraus speisen sich die Geschichten, die es wert sind, dass sie zu viralen Hits avancieren.

Vom Tellerwäscher zum Storyteller

Damit das passiert, müssen Stiftungen eigentlich gar nicht so viel tun. Eigentlich. Erst einmal geht es darum, eine passende und eher „draußen-taugliche“ Geschichten zu finden. Will ich vom Kindergarten erzählen, von einem Migrantenprojekt, von Begeisterung für Sprache, von einer neuen Idee gegen die Bildungsarmut hierzulande – es muss etwas Griffiges sein. Und etwas, das vielleicht von anderen Menschen oder Unterstützern weitergetragen werden kann, wo also durchaus ein aktueller Bezug hergestellt werden kann. Bei Themen, die in aller Munde sind, liegt die Schwelle niedriger, sie zu teilen oder anderen einen Tipp zu dieser Geschichte zu geben. Früher hieß das Mund zu Mund, heute heißt es eben teilen. In der Regel sind emotionalere Geschichten jene, die eher berühren oder aufgegriffen werden. Oder solche die polarisieren. Ein Imageberater hat einem Fußballclub einmal geraten, ganz bewusst zu polarisieren, also ganz bewusst ein bestimmtes Image zu pflegen. Daraus resultierte eine klare Kante zwischen den Leuten die den Club mögen und die ihn eher weniger mögen. Die ihn mögen, sind Fans durch und durch, und sind hochgradig aktivierbar für neue Geschichten.

Versuchen Sie sich im Bewegtbild

Auch sollten sich die Macher der Stiftung überlegen, wie sie ihre Geschichte erzählen. Eine Story in Häppchen zu erzählen, ist eine alte Technik. Sie funktioniert immer noch gut, sie baut Cliffhanger ein und benutzt eine gewisse Dramaturgie. Problematisch hieran ist, das Internetnutzer vielleicht eher weniger auf Textserien stehen, wobei hier eine Analyse des Zielpublikums helfen kann. Textserien können enorm auf die Stiftung einzahlen und können über die eigene Website ins Netz gebracht werden. Newsletter und ein paar persönliche Notizen helfen, Leser zu gewinnen. Gute Texte sind eine Basis, aber richtig emotionalisieren können eigentlich eher Bilderstrecken oder Videobausteine. Letztere verbinden auch Stiftungsverantwortliche heute immer noch mit hohen Kosten und mit viel Aufwand. Beim „Wie ich eine Geschichte erzähle“ aber sollten gerade Videos künftig auf der To-Do-Liste ganz oben stehen.

Anfassbar meets Authentizität

Auch wenn es heute noch befremdlich anmuten mag, aber in 5 bis 10 Jahren werden Studien aus den USA zufolge große Teile der Inhalte von Websites aus Videos bestehen. Wenn der Nutzer heute darauf konfektioniert wird, wird er morgen entsprechend konsumieren wollen. Entsprechend frühzeitig sollten auch Stiftungen üben, ihre Geschichten über Video, also das bewegte Bild, zu erzählen. Die Heinz Sielmann Stiftung, die vom Tierfilmer Heinz Sielmann gegründet wurde, entdeckt das Video gerade wieder für sich neu. Für ein Video braucht es heute eigentlich nur vier Dinge: 1) ein Handy, 2) ein Ansteckmikro, 3) eine Geschichte, gepackt in 2 bis 3 Minuten, 4) ein wenig Software, um Bauchbinden einzufügen. So ausgerüstet ist dann noch ein Textskript vonnöten, und schon kann es losgehen. Videos machen eine Geschichte schnell anfassbar, und wenn ein Stiftungsvorstand vom letzten Projektbesuch erzählt, kommt noch etwas Unschätzbares hinzu: Authentizität. So bescheiden viele Stiftungen auftreten, hier können sie mit ihren Pfunden wuchern.

PRAXISTIPP: Wenn Sie so ausgerüstet ihre ersten Videoerfahrungen machen wollen, drehen Sie ihre Videos testweise am Morgen. Das leicht diffuse Licht eines Sonnenaufgangs ist perfekt geeignet, um eine Person perfekt zu beleuchten und auf einem Video gut aussehen zu lassen.

Zusammengefasst

Stiftungen bringen für die digitale Welt an und für sich exakt das mit, was es braucht. Stiftungen können Geschichten erzählen, ganz verschiedene, jede für sich unique und hochgradig emotional. Denn überall steht der Menschen, stehen die Menschen im Mittelpunkt. Wie Stiftungen jedoch diese Geschichten erzählen, das ist für viele Stiftungsverantwortliche die große Frage. Text kann helfen, Bild ebenso, Video wird auf jeden Fall helfen. Hürden sind die Technik und das authentische Erzählen, aber mit etwas Übung lassen sich diese definitiv überspringen.