Jetzt wird’s systematisch

Wo ein Robo-Advisor Stiftungen neue Türen öffnet

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Jetzt wird’s systematisch
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Für die Fondsanlage gibt es aus Stiftungssicht viele gute Gründe. Die Frage ist, inwiefern Stiftungen den Selbermach-Grad definieren. Denn Anlageentscheidungen zu delegieren, dazu gibt es kaum eine Alternative, zur Auswahl von Fonds und einzelnen Strategien schon. Wir haben uns ein Robo-Advisor-Werkzeug einmal etwas genauer angeschaut, das doch recht viele Punkte und Fragestellungen abdeckt, die aus Stiftungssicht wichtig sind. Wir sind praktisch auf die Suche gegangen nach dem Wollmilchsau-Faktor – und sind fündig geworden.

Ich gebe es zu: Ich bin skeptisch. Ich bin mir nicht sicher, ob Stiftungen wirklich ihre komplette Fondsanlage an einen Robo-Advisor delegieren, ob diese eine Systematik wirklich alle aus Stiftungssicht relevanten Aspekte vollumfänglich abdecken kann. Die Fragen, die sich mir stellen, sind vielfältig. Was ist, wenn die ausgewählten Fonds nicht das liefern, was sie sollen? Was ist, wenn mein Portfolio prozyklisch in einen Crash wie jenen vom März 2020 hinein verkauft wird? Was ist, wenn ich andere Akzente in punkto Nachhaltigkeit setzen möchte? Was ist, wenn ich mehrere Strategien in mein Fondsportfolio packen möchte, weil ich auch diesbezüglich diversifizieren möchte, bin ich dann bei der einen Systematik des Robo-Advisors gut aufgehoben?

WIR SPRACHEN MEHR ALS 90 MINUTEN ZU GEMEINWOHLINVEST

Es sind diese Fragen, die mich aber auch neugierig gemacht haben, und so haben wir mit Carsten Graßhoff von der Bank für Sozialwirtschaft doch recht ausführlich über GemeinwohlInvest gesprochen, er hat sich sogar gut 90 Minuten Zeit für meine Fragen genommen. Zunächst einmal, was ist eigentlich ein Robo-Advisor, was schafft dieser was ein frei zusammengestelltes Fondsportfolio nicht zu leisten imstande ist. Ein Robo-Advisor ist letztlich eine digitale Vermögensverwaltung, die es einer Stiftung ermöglicht, den Prozess entlang der Zusammenstellung eines Fondsportfolios im digitalen Raum durchzuexerzieren. Ein Robo-Advisor fußt in der Regel auf „vorgefertigten“ Strategien, aus denen ich auswählen kann, je nachdem, welche Risiko- und/oder ESG-Neigung ich als Stiftung mitbringe.

STIFTUNGEN MÜSSEN SICH BEIM STIFTUNGSVERMÖGEN ÜBER IHRE ROLLE IM KLAREN SEIN

Diese vorgefertigten Strategien werden dann mit Fonds bestückt, dies können aktive als auch passive Fonds, also ETFs, sein. Letztere haben den Vorteil, dass sie deutlich kostengünstiger sind als aktiv gemanagte Fonds und die umgesetzte Vermögensverwaltungsstrategie entsprechend günstiger sein dürfte als ein Portfolio bestückt mit aktiven Fonds – wenngleich der Anbieter des Robo-Advisors natürlich auch noch ein Stückchen vom Kuchen abbekommen möchte. Aus Stiftungssicht kann dieser Weg ein stimmiger sein, vielleicht auch nur zur Kontrolle was rauskommt, wenn sie diesen Weg bestreitet im Vergleich zum bisherigen Fondsportfolio. Allerdings ist es bei vielen Robo-Advisor-Werkzeugen so, dass eine Stiftung dann auch mit diesem Portfolio allein gelassen wird, sie also das zusammengestellte Portfolio dann selber weiter entwickeln muss. Und hier wird wieder eine Grenze überschritten, die in meinen Augen nicht überschritten werden sollte, nämlich weg vom passiven Portfoliokontrolleur hin zum aktiven Portfolio-Manager.

EIN TOOL, HINTER DEM NPODNA STECKT

Mit GemeinwohlInvest soll genau an diesem Punkt angesetzt werden, Stiftungen werden mit dem einmal selektierten Portfolio nicht allein gelassen, sondern an die Hand genommen. Das zum einen. Dazu werden Stiftungen dort abgeholt, wo sie mit ihren Anlagerichtlinien für sich Leitplanken gezogen haben, sie können also recht granular den Grad etwa der Aktienquote oder den Grad der ESG-Ausprägung bestimmen. Glaubwürdig wird GemeinwohlInvest, weil hier eine Bank mit einer Non- Profit-DNA ein solches Werkzeug aufsetzt, hier ist viel Kenntnis über die Bedürfnisse von Stiftungen vorhanden, das Ganze wirkt nicht weit hergeholt, sondern aus praktischen Fragestellungen heraus entwickelt. Stiftungen, die GemeinwohlInvest nutzen, können sich also aussuchen, wie viel Risiko sie tragen möchten, etwa in Form der Aktienquote (wobei die Anleihequote, je höher der Anteil mit AAA-Anleihen künftig auch in dieser Risikobetrachtung berücksichtigt werden müsste), und wie „scharf“ der Filter hinsichtlich der nachhaltigen Umsetzung geschaltet werden soll.

NUR ETFS? HIER MÜSSEN STIFTUNGEN NACHDENKEN.

Umgesetzt wird das Ganze mit ETFs, und an diesem Punkt tue ich mich offen gestanden schwer, zu sagen, dass das der Weisheit letzter Schluss aus Stiftungssicht ist. Ich verstehe, dass ETFs eine kostengünstige Umsetzung ermöglichen, und dass das Universum etwa an nachhaltigen Aktien- und Rentenindizes eine ausreichend große Grundgesamtheit von auf diesen Indizes basierenden ETFs hergibt, aber Stiftungen komplett in die ETF-Welt zu ziehen, das ist ein Punkt, den müssen Stiftungen für sich ganz individuell eruieren. Wollen sie das? Ist der ETF das Vehikel, das ich für mich auswählen möchte? Weiß ich um die Natur eines Index, weiß ich um dessen Schwankungen und kann absehen, dass meine Robo-Lösung hier ein entsprechendes Management mitbringt?

ES BRAUCHT EINE VIELFALT DER LÖSUNGEN FÜR STIFTUNGEN

Angesprochen darauf war sich Carsten Graßhoff von der Bank für Sozialwirtschaft aber sicher, dass es auch solche Strategien und Werkzeuge im Stiftungskontext braucht, denn so heterogen bzw. individuell Stiftungen aufgestellt sind, so muss auch das Bewirtschaften des Stiftungsvermögens in allen Facetten zumindest von der Angebotsseite her diskutiert werden dürfen. Der Punkt ging an ihn. Denn dort wo eine Stiftung ihre Haltung etwa zu Nachhaltigkeit und Stiftungsvermögen 2030 in der Anlagerichtlinie formuliert hat, dort geht es dann um den Umsetzungsweg, und einer dieser Wege kann im Zuge auch der buchhalterischen Sparsamkeit der eines digitalen Robo-Advisors sein. Stiftungen müssen diesen Weg künftig einfach auch auf dem Schirm haben. Was GemeinwohlInvest bisher allerdings nicht liefern kann, ist eine lange Historie.



„Die digitale Vermögensverwaltung GemeinwohlInvest berücksichtigt die speziellen Anforderungen gemeinnütziger Organisationen und Stiftungen. Das hat es so bisher nicht gegeben.“

(Carsten Grashoff, Stiftungsexperte bei der Bank für Sozialwirtschaft)

BISHER NOCH KEIN LACKMUSTEST

Vor allem fehlt ein Beleg dafür, wie das System einen Lackmustest wie den Corona-Crash im März 2020 bestanden hätte. Denn bei allem Risikomanagement, bei aller Konzentration auf Risikoparameter, die meisten Fonds haben im März 2020 ihren Meister im Markt gefunden, die Abschläge gingen so rasch und markant vor sich, dass kaum ein Risikomanagementsystem dies so abpuffern konnte, dass eine Stiftung nicht zumindest in einer Notfallgremiensitzung über mögliche Abschreibungsbedarfe hätte diskutieren müssen. Solche Phasen eignen sich aber damit perfekt, um die Resilienz eines Portfolios zu prüfen, und da kam GemeinwohlInvest einfach für den Corona-Crash ein Jahr zu spät, vielleicht aber andererseits auch gerade noch rechtzeitig, um das Tool ausprobieren zu können, es mit anderen Portfoliotools vergleichen zu können.

NACHHALTIGER INVESTMENTANSATZ IM STIFTUNGSVERMÖGEN

Denn eines kann ich sagen: GemeinwohlInvest ist ein schlüssiger Weg für Stiftungen, sich auf digitalem Wege ein aus ETFs bestehendes Fondsportfolio zusammenzustellen, gemäß den eigenen Vorgaben und Zielen, das auch mal in Konkurrenz zu einem Portfolio aus aktiv bewirtschafteten Fonds „laufen“ kann, einfach um Erfahrungen mit einem solchen Tool zu sammeln. Was GemeinwohlInvest nicht macht, und das ist ein dickes Plus, ist, sich mit fremden Federn zu schmücken. Es gibt es andere Online-Tools, die die Fondsanlage für Stiftungen auf digitalem Wege durchexerzieren, die sich bspw. so etwas auf die Fahnen schreiben wie vollständig ESG-konform zu sein. Das könnte aus Stiftungssicht als irreführend empfunden werden, weil es schlicht nicht stimmt, derlei gibt es nicht, und genau das vermeidet GemeinwohlInvest wohltuenderweise sehr stringent. Stattdessen wird ein nachhaltiger Investmentansatz verfolgt, das lässt Raum, der auch befüllt werden kann.

ZUSAMMENGEFASST

Es liegt an jeder Stiftung selbst, ob sie bereit dafür ist, die Aufgabe der Verwaltung des Stiftungsvermögens an eine im Digitalen beheimatete Maschine zu delegieren, an einen Robo-Advisor. Ein Konzept wie jenes von GemeinwohlInvest kann viele Vorgaben von Stiftungen aufnehmen, es kann durchaus als Komplett-Lösung gesehen werden, mit drei kleinen Anmerkungen. 1) Ich investiere mein Stiftungsvermögen weitestgehend in ETFs, die auf bestimmten Indizes basieren, und diese Indizes muss ich mir zumindest mal anschauen. 2) Ich investiere über GemeinwohlInvest nicht bei der Hausbank, sondern muss (vorerst) noch eine neue Depotverbindung eingehen. 3) Es gibt bislang keinen Lackmustest für GemeinwohlInvest. Die Lösung wurde im Mai 2021 aufgelegt, seit dieser Zeit performen die Börsen, kaum ein Index verzeichnete in dieser Zeit einen Drawdown von mehr als 3%. Das zusammen genommen ist mit GemeinwohlInvest ein Anfang gemacht, auch für Stiftungsvermögen die digitale Spielwiese zu öffnen. Und Anfangen hat auch viel mit Probieren zu tun, und genau das sollten Stiftungen tun. Denn dem Niedrigzins wird man mit einem ‚Weiter so‘ kein Schnippchen schlagen.