Das Thema Marke ist eines, dass seit geraumer Zeit stärker in die Stiftungslandschaft hineingetragen wird. Wer eine starke Marke hat, der wird eher wahrgenommen, und wer eher wahrgenommen wird tut sich beispielsweise im Fundraising leichter. Daran gemessen müssten jedoch die 50 größten Stiftungen in Deutschland den Spendenerfolg unter sich aufteilen, was sie nicht tun. Vor allem aber klingt das Ganze ein Stückchen zu einfach, denn selbst die Großstiftungen tun sich mit Brand Building und Brand Management schwer. Zeit für einen Zwischenruf.
Wer kennt sie nicht, die beiden geschwungenen Linien, die für Coca Cola stehen, die Bildchen auf der Startseite von google, die stellvertretend für das Logo stehen, aber jeder weiß wer gemeint ist. Oder nehmen Sie adidas, den Sportartikelhersteller aus Herzogenaurach, hier sind es deren drei Streifen, anhand der man sofort weiß, dass es sich um adidas-Schuhe handelt, ohne den Namen explizit lesen zu müssen. In Seminaren wird nun hier und da der Wert einer Marke auch für eine Stiftung betont, es wird die Idee entwickelt, eine Stiftung zu erkennen, ohne den Namen lesen zu müssen. Aber, und das gilt es zu konstatieren, das ist die ganz hohe Schule.
STARKE MARKEN ZIEHEN
Eine Marke aufzubauen, diese dann kontinuierlich zu managen und auch zu entwickeln, das dürften nur die wenigsten Stiftungen als Kerndisziplin ihrer täglichen Praxis begreifen – und bei vielen Stiftungen ist es vielleicht auch ein bisschen viel des Guten. Eine Marke, oder wie es neudeutsch gerne heißt: Brand bzw. Brand Management, das ist sicherlich eine extrem wichtige Aufgabe, wenn es darum geht, ein Unternehmen oder eine Organisation zu positionieren. Nicht umsonst sprechen wir von starken Marken im Zusammenhang mit Handicap International, der Kindernothilfe, der Stiftung Welthungerhilfe, dem Deutschen Roten Kreuz oder den SOS Kinderdörfern.
AUCH EINE STIFTUNGSMARKE BAUT SICH NICHT ÜBER NACHT AUF
Aber wie viel Aufwand haben diese Organisationen, ihres Zeichens übrigens alle Global Player, in ihre heute starken Marken gesteckt? Wie viel Aufwand war es, heute im Spendenmarkt eine solch exponierte Stellung inne zu haben? Enorm viel, fragen Sie die Verantwortlichen doch einmal, ob sie ihre Marke nebenbei aufgebaut haben oder ob sie hier enorm viel Energie hineingesteckt haben. Letzteres dürfte der Fall sein, was auch der Beleg sein dürfte, dass es vielen Stiftungen schlichtweg kaum möglich sein dürfte, eine solch strahlende Marke wie etwa die genannten Hilfsorganisationen aufzubauen. Denn Markenaufbau geschieht nicht über Nacht.
VIDEOTIPP: So ‚newslettern‘ richtig. Wenn Stiftungen einen Newsletter aufsetzen, dann aus gutem Grund. Einiges gibt es beim Stiftungsnewsletter aber doch zu beachten, wozu wir uns ein paar Gedanken gemacht haben. https://www.youtube.com/watch?v=SxUv0WJdJHw&t=151s
EIN LOGO ALLEIN IST KEINE MARKE
Denken Sie beispielsweise an die großen Sportartikelhersteller, dann wird schnell klar, was aus Stiftungssicht damit gemeint ist. Eine Marke muss aufgebaut werden, sie muss gemanagt werden, und sie muss entwickelt werden. All das braucht Zeit, Ressourcen, ein Gefühl für die Modernität und die Lust am ‚sich neu erfinden‘. Beschäftigen sich Stiftungen nun mit der Stiftungsmarke, dann braucht es diese Bestandteile eins zu eins. Ein Logo allein bedeutet also noch lange nicht, dass eine Stiftung eine starke Marke ist und auf eine hohe Wiedererkennung setzen kann. Eine Marke ist weitaus mehr, eine Marke ist ein strategisch-emotionaler Hort, der alles beinhaltet, was eine Stiftung ausmacht.
MARKE BRAUCHT EINEN LANGEM ATEM
Wenn Stiftungen nun suggeriert wird, sie könnten mit wenig oder sagen wir: überschaubarem Aufwand eine starke Marke aufbauen und in der Spendenakquise damit dann auch reüssieren, dann wird Stiftungen hier ein X für ein U vorgemacht. Für mich funktioniert das so einfach nicht, aus drei Gründen heraus. Erstens dürfte den meisten Stiftungen tatsächlich der Ressourcenpool fehlen, um solch eine Aufgabe zu stemmen. Zweitens lebt eine Marke von den Geschichten, die sie erzählt und auch von den Missverständnissen, die sich um sie ranken, und hiervon dürften eher die größeren Stiftungen ausreichend liefern können – was nicht heißt, dass kleinere und mittelgroße Stiftungen nicht auch spannende Geschichten zu liefern in der Lage sind.
MUSS EINE STIFTUNG UNBEDINGT EINE MARKE SEIN?
Der dritte Grund ist dazu noch der, dass eine Stiftung keine starke Marke sein muss. So sie ihr Stiftungsvermögen hat, dieses arbeiten lässt und über die Erträge dann ein wenig im Verborgenen ihre Zwecke verwirklicht, dann ist dies das gute Recht einer jeden Stiftung, keine Stiftung muss gezwungen werden, ihr Tun an die Öffentlichkeit zu tragen. Die Welthungerhilfen, SOS Kinderdörfer und Kindernothilfen dieser Welt braucht genau das, sie brauchen eine mediale Schlagkraft, um ihre Ziele vor allem auf der Spendenseite zu erreichen, viele Stiftungen brauchen genau das nicht, weshalb sie auch in Aufbau, Management und Entwicklung einer Marke nicht viel Energie stecken müssen.
ZUSAMMENGEFASST
Eine Stiftung braucht eine Marke bzw. muss eine Marke sein, mit diesem Satz kann ich mich einfach nicht anfreunden. Ich verstehe das Ansinnen hinter diesem Satz, und es stimmt auch, allerdings nur für eine gewisse Kaste innerhalb der gemeinnützigen Organisationen, zu denen dann auch ein paar Hand voll Stiftungen gehören. Für alle anderen ist Marke etwas Abstraktes, das nur im Verbund mit viel Arbeit und noch mehr Zeit Früchte trägt, etwa bei der Spendenakquise. Eine Stiftung sollte sich fragen, ob sie eher 3 Streifen braucht, damit sie als diese oder jene Stiftung erkannt wird, oder ob sie – etwas flapsig formuliert – eher 3 Prozent braucht, um ihre Stiftungsziele verwirklichen zu können. Für eine Vielzahl von Stiftungen dürfte letztere Überlegung die stimmigere sein.