Ob sich in der täglichen Stiftungspraxis was zusammenbraut, ist keine einfache Frage. Sie soll auch nicht suggestiv sein im Sinne „klar braut sich da was zusammen“. Es ist eher so, dass wir verschiedene Dinge hören, dass wir verschiedene Dinge herangetragen bekommen, und diese mit den Gästen der diesjährigen StiftungsApéro WinterTour zu teilen, das macht in jedem Fall Sinn. Denn es kann schon sein, dass 2025 einmal in die Geschichte als das Jahr grundlegender Weichenstellungen auch im Stiftungssektor eingehen wird.
Sie wissen es inzwischen: Wir gehen zweimal im Jahr mit unserem StiftungsApéro auf Tour. Wir gehen mit dem StiftungsApéro dorthin, wo Stiftungen sind, wo sie ihre Herausforderungen schultern. Daher probieren wir immer auch neue Städte aus mit dem StiftungsApéro, denn Netzwerk vor Ort bzw. in der Region im Sinne von „Wie machst du das bei Dir eigentlich?“, davon kann es nicht genug geben und davon muss es mehr geben. Ganz nebenbei erfährt man von Stiftungsverantwortlichen, wo der Schuh aktuell drückt, und welche Themen es sind, die die Stiftungspraxis derzeit prägen. Genau für diese Gespräche packen Kathrin Succow und ich zweimal im Jahr die Schecke, brechen auf um quer durch die Republik mit Stiftungsmenschen zu sprechen. In diesem Jahr sind es deren 7 Gedanken, die wir mit den Stiftungen vor Ort im Rahmen der StiftungsApéro WinterTour teilen möchten.
Was heißt für Euch zum Wohle der Stiftung?
Wir haben es auf den ersten beiden Terminen in Fulda und Erfurt bereits gehört, dass die drei Worte „Wohle der Stiftung“ durchaus unterschiedlich interpretiert werden. Heißt Wohle der Stiftung für Euch, dass es der Stiftung maximal gut geht, dass sie maximal möglich fördern bzw. ihre Zwecke verwirklichen kann? Oder ist Wohle der Stiftung einfach eine Wortkombi, die für sich noch gar nicht sooo viel bedeutet und erst noch mit Raum gefüllt wird? Es war spannend zu hören, dass einige Stiftungen es schon so sehen, dass das Wohle der Stiftung die zentrale rote Linie markiert für die tägliche Stiftungspraxis, und dass demgemäß in der täglichen Stiftungspraxis Einiges anders gemacht werden müsste. Denn das Wohl der Stiftung ist n bisschen der Gegenentwurf zu „Weiter so“. Oder nicht?
Drückt bei Euch der Schuh beim Thema Personal?
Sowohl in Fulda als auch in Erfurt war das Thema Personal eines, das alle drückte. Es fehlt an Ehrenamtlichen, es fehlt an Hauptamtlichen, und die Ideen, ein cooler Arbeitsplatz zu sein, sind nicht diffus, aber doch einigermaßen unscharf hier und da. Wir würden gerne wissen, ob Personal auch eines der Schmerzthemen für Sie ist, ob Personal etwas ist, was ihnen Angst macht. Denn ohne Personal ist in vielen Stiftungen alles nichts, und wer für Menschen arbeiten möchte, der muss mit Menschen arbeiten. Es ist eine einfache Formel, die aber durchaus schwierig sein dürfte für Stiftungen, die praktisch unsichtbar sind. Oder doch nicht?
Wie macht ihr Story Telling?
Womit wir schon bei einer Frage sind, die Stiftungen aktuell umtreibt, speziell solche, die Personal suchen oder sich auf den Weg des Fundraisings gemacht haben. Wie erzählen wir unsere Geschichte, wie beziehen wir unsere Vergangenheit ein, ist vielleicht das wofür wir errichtet wurden der Schlüssel, im um Morgen gesehen zu werden? Weiß ich nicht für jede Stiftung, aber doch für viele dürfte es einer der Schlüssel sein. Vor allem aber ist eine Erkenntnis wahrzunehmen, dass Story Telling sein muss, dass Story Telling fest verankert werden muss in der täglichen Stiftungspraxis. Denn an der Sichtbarkeit einer Stiftung hängt womöglich die Lösung vieler Herausforderungen, die Stiftungen künftig haben werden. Finde ich junge Mitstreiter, wenn ich unsichtbar bin? Kann ich Stiftungsexperten motivieren mich zu begleiten, wenn ich nicht wahrnehmbar bin mit dem was ich tue? Kann ich Spender gewinnen, wenn ich meine Geschichte nicht erzählen möchte? Kann sein, dass wir in Essen und Frankfurt diese Woche ähnliche Themenaufrisse präsentiert bekommen…
Habt ihr eine oder einen bei Euch in der Stiftung, der Stiftungskommunikation vorantreibt?
Ganz elementar in der Stiftungskommunikation ist derjenige oder diejenige, der/die den Hut aufhat. Hat niemand den Hut auf, wird kommunikativ nichts passieren, und wenn es passiert, dann nicht strukturiert. Wir hörten in Fulda und Erfurt, dass es wichtig ist, dass eine Person das Thema Stiftungskommunikation vorantreibt, und dass Kommunikation in Stiftung und Verein eben eine Querschnittsaufgabe sein muss. Kommunikation kann keiner einfach nur mitmachen, das wird die Stiftung oder den Verein nicht voranbringen. Aber genau das hängt an einem Menschen, der gerne kommuniziert, der die Organisation auch ein Stück weit mitreißt. Begeistern kommt von innen heraus, Begeistern heißt aber vor allem, dass Menschen andere Menschen begeistern.
Überlegt Ihr, Euch organisatorisch qua Stiftungssoftware neu aufzustellen?
Es war deutlich zu vernehmen, dass sich organisationell etwas tun muss in vielen Stiftungen. Eine Stiftung erzählte, wie sie sich eine neue Stiftungssoftware suchte, und dass sich dabei auf den Rat anderer Stiftungskollegen vertraute. Wurde denn das Softwaretool etwa nicht über ein kleines Markterkundungsverfahren gesucht? Sondern rein auf Empfehlung eingekauft? Nun ja, das kann man so machen, aber es ist dem Ergebnis langfristig vielleicht nicht zuträglich. Denn bei Software ist es wie bei einem Anzug in Größe M. Der passt normalerweise schon, also wird er blind gekauft. Hat ja immer gepasst. Zieht man ihn dann aber zuhause an, zwackt es am Bein, oder an der Schulter, weil M eben nicht gleich M ist. Der Anzug muss nachgearbeitet werden, nur ist ein Anzug etwas vollkommen anderes als eine Stiftungssoftware.
Seid ihr im Stiftungsvermögen in Euren Augen sattelfest aufgestellt?
Auch so eine Frage, die wir hörten, bzw. die aufgeworfen wurde. Was heißt denn sattelfest? Heißt das dass man sich ein Anlageziel gegeben hat, dass man dazu die passende Strategie kreiert hat, dass man dann dazu die passende Anlagestrategie verfasst hat und in die Umsetzung entlang einer Stiftungs-optimierten Infrastruktur gegangen ist? So müsste es sein, aber so ist es in den seltensten Fällen, die Definition einer Anlagestrategie, oder eines sonstigen Vermögens, das ist für viele Stiftungen Neuland und bislang handwerklich kaum zu machen. Oder der ganze Themenkomplex Rücklagenpolitik, wir hörten den Satz, dass viele Stiftungsverantwortliche nicht wissen, was eine Umschichtungsrücklage ist? Da wird es schnell eng mit den auskömmlichen Erträgen, um den Stiftungszweck dauerhaft zu verwirklichen. Hier drückt also der Schuh…
Wie geht es Eurer Anlagerichtlinie?
Etwas flapsig in den Raum gefragt, war die Antwort oft: keine Ahnung. Immer noch (und ich schreibe diesen Satz jetzt schon wieder) haben zu viele Stiftungen keine Anlagerichtlinie, immer noch haben viele Stiftungen damit keinen Rahmen für das Management ihres Stiftungsvermögens gesetzt. Immer noch sind Stiftungen damit vulnerabel, sofern Konstellationen wie 2022 entstehen, als Aktien und Anleihen gleichermaßen unter Druck standen und in nicht wenigen Stiftungen Abschreibungsbedarfe produzierten. Eines muss man dazu sagen: Es war dies nicht die Schuld der Märkte, sondern die Verantwortung der Stiftungsverantwortlichen, ohne Anlagekonzept an komplexer werdenden Märkten unterwegs sein zu wollen, aus der Erfahrung heraus, dass man das doch schon immer so gemacht hat. Die Ignoranz der Notwendigkeiten im Stiftungsvermögen wird Stiftungsverantwortlichen auf die Füße fallen, womit wir wieder beim Wohle der Stiftung wären. Ist es zum Wohle der Stiftung, in der Anlage des Stiftungsvermögens ohne Konzept unterwegs zu sein? Eher nicht, aber dafür brauchen wir auch keinen StiftungsApéro.
Zusammengefasst
Es sind sieben Fragen gewesen, die wir mit den Gästen der StiftungsApéros in Fulda und Erfurt geteilt haben. In der Offenheit der kleinen Runde wurden diese Fragen auch sehr offen und ehrlich gesagt zufriedenstellend beantwortet, denn das Problembewusstsein ist da. Nur wie kommen wir in den Stiftungsgremien noch mehr ins Tun? Ins Zöpfe abschneiden? Ins neue Dinge aufgleisen? Wir werden es wieder als Fragen formulieren und den Gästen der StiftungsApéros in Essen und Frankfurt diese Woche diese Fragen stellen. Denn Stiftungspraxis ist nichts Starres, nein, Stiftungspraxis ist etwas Fluides. Das zeigt die StiftungsApéro WinterTour einmal mehr.