Stiftungsvermögen und das Neuerfinden

#vtfds2021 – die Nachlese: Wenn eine Stiftung einen Spezialfonds auflegt…

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Stiftungsvermoegen und das Neuerfinden
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#vtfds2021 – die Nachlese: Stiftungsvermögen braucht künftig vermutlich auch Inspiration hinsichtlich der Organisationsform bzw. des Vehikels, in dem dann die Anlagepolitik umgesetzt wird. Eine Möglichkeit bieten hier Spezialfonds, und es gibt auch bereits einige Stiftungen, die mit diesem Instrument arbeiten, so auch die Stiftung Standortsicherung. Deren Chefin Dr. Angelika Heil berichtete beim zweiten Virtuellen Tag aus dem täglichen Doing mit einem Spezialfonds, und brachte ins Gespräch „ihren“ Fondsmanager direkt mit.

Mit Dr. Angelika Heil über Stiftungsvermögen zu sprechen, ist erfrischend. Einmal weil sie die aktuelle Gemengelage schlichtweg realistisch einschätzt, zum anderen, weil sie nicht zu den LamentiererInnen oder BesitzstandswahrerInnen gehört, sondern zu den StiftungslenkerInnen, die die Herausforderung angenommen haben. „In den letzten 10 Jahren war schon ganz schön viel los am Kapitalmarkt, und wenn wir noch einmal 10 Jahre zurückgehen, dann war das eine Zeit in der es noch 5,5% Zins bei Bundesanleihen gab. Wenn wir heute Anleihen kaufen, kriegen wir nichts mehr, wir müssen sogar Geld mitbringen.“, erläutert die sie gelassen, wohlwissend dass sich daraus natürlich ein Spannungsfeld par excellence für das Bewirtschaften von Stiftungsvermögen entwickelt hat.

VIDEOTIPP: Den kompletten Stream des zweiten Virtuellen Tags für das Stiftungsvermögen im RE-LIVE sowie die Mediathek zum #vtfds2021 finden Sie auf www.vtfds.de.

STIFTUNGSVERMÖGEN IST KEINE STATISCHE GESCHICHTE

Für Angelika Heil ist Kapitalanlage auch keine statische Geschichte, sondern ein Prozess, der unterschiedlichen Dynamiken unterliegt. „Mit den Dingen von früher kommt man heute nicht mehr klar, als Stiftung muss man sich neu aufstellen.“, weil die Stiftungsmanagerin, um dann sehr schön zu konkretisieren, was das in ihrem Spezialfonds, über den sie ihr Stiftungsvermögen managt, aussah: „Wir haben unseren Stiftungsfonds regelmäßig an die sich ändernden äußeren Umstände angepasst. Da wurden Anlagekategorien hinzugenommen, Gewichtungen angepasst, und das auch immer über die Jahre verteilt. Wir haben nie gesagt, jetzt machen wir Immobilien, jetzt Aktien, und das bleibt dann auf ewig so, denn genau das passt ja nicht mehr in die Zeit.“

ANLAGEKLASSEN IMMER WIEDER AUF GEWICHTUNGEN ABKLOPFEN

Diese sehr reflektierte Art und Weise, Stiftungsvermögen zu verwalten, ist sicher eines der Erfolgsgeheimnisse der Stiftung Standortsicherung, was das Ganze aber handwerklich bedeutet, das führte Jens Gottsmann von Union Investment aus, er managt den Spezialfonds der Stiftung Standortsicherung nämlich: „Das Wichtigste war, ein Risikomanagement zu implementieren und die einzelnen Anlageklassen immer wieder auf die richtige Gewichtung hin abzuklopfen. Das führte dazu, das am Anfang diversifiziert wurde um das Portfolio breiter aufzustellen, heute diversifiziert man um überhaupt noch auf den gewünschten ordentlichen Ertrag zu kommen.“

SEIT MEHR ALS 10 JAHREN IMMOBILIENQUOTE IM SPEZIALFONDS

Zuerst sind laut Jens Gottsmann Aktienquoten im Spezialfonds aufgebaut worden, und diese Gewichtung wurde dynamisch angepasst, so dass aus der Aktiensphäre ein schöner Beitrag zu den ordentlichen Erträgen vereinnahmt werden konnte. „Dann wurde auch die Rentenseite breiter aufgestellt, also neben Staatsanleihen wurden Unternehmensanleihen und auch in kleinen Portionen High-Yield-Anleihen ins Portfolio aufgenommen, um höhere Erträge aus dem Zinsblock erzielen zu können. Last but not least ist seit mehr als zehn Jahren eine Immobilienquote im Spezialfonds der Stiftung Standortsicherung vorhanden.“, gab Jens Gottsmann einen detaillierten Einblick.

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EXTERNE KNOWHOW HILFT

Aus diesen Ausführungen lässt sich natürlich ein Stück weit ableiten, was es heißt, das Stiftungsvermögen neu zu erfinden. Es ist ein Prozess, der an einem Punkt von der Stiftung, etwa mit Etablierung einer neuen Anlagerichtlinie gestartet wird, der dynamisch fortgeschrieben wird und in dem externes Knowhow eine große Rolle spielen kann. Insbesondere die Komplexität und auch Besonderheiten der Kapitalmärkte ist von vielen Stiftungen und deren Verantwortlichen kaum mehr zu greifen, weshalb solch ein Hinzuziehen externer Partner durchaus auch als Baustein des Haftungsmanagements einer Stiftung angesehen werden kann.

DER ORDENTLICHE ERTRAG FLOSS STETS

Solch ein Prozess führt aber auch dazu, mit Ertragszielen arbeiten zu können.  Jens Gottsmann führte dazu aus: „Wir sind ja mit einem 5%-Ertragsziel für eine Zehnjahresperiode ins Rennen gegangen, mussten das dem Zinstrend zwar anpassen, aber der ordentliche Ertrag konnte kontinuierlich erwirtschaftet werden. Das heißt, der Stiftung floss regelmäßig Liquidität zur Verwirklichung der Stiftungszwecke zu.“ Was er nicht sagte war aber damit natürlich auch, dass die Stiftung Standortsicherung stets in der Lage war, ihre Zwecke zu verwirklichen und dass sie nicht wie so manch andere Stiftung zwischenzeitlich Angst haben musste, dass der ordentliche Ertrag ausfällt oder stark nach unten schwankt. Genau darum geht es Stiftungen ja, bzw. genau darum muss es ihnen gehen.

DIE NEUE ROLLE DER STIFTUNGSVERANTWORTLICHEN

Einen wichtigen Aspekt betonte Dr. Angelika Heil am Schluss der Diskussion noch, denn ihre Rolle ist ja genau nicht des aktiven Portfoliomanagers, sondern die des passiven Portfoliokontrolleurs. „Wir haben seit Anbeginn eine Anlageausschuss, der sich einmal im Jahr offiziell trifft. Dazu bekommen wir einmal im Monat ein Reporting zum Fondsportfolio. Im Grunde schaue ich hier stets rein, jeweils mit anderen Schwerpunkten. Und so unterjährig etwas zu machen ist im Spezialfonds oder wir eine Idee haben, dann greifen wir einfach zum Telefonhörer.“, berichtete Angelika Heil aus der Praxis, um noch zu ergänzen: „Was machen Sie, wenn Sie eine Stiftung haben, aber in den Stiftungsgremien keinen Finanzsachverstand. Dann müssen Sie sich den irgendwie reinholen.“

EGAL OB SPARBUCH ODER FESTGELD, DER FONDS IST DA IMMER DIE BESSERE ALTERNATIVE

Zum Fonds als stiftungsgeeignete Anlagevehikel hat sie auch eine klare Meinung: „Egal ob Sparbuch oder Festgeld, ein Fonds ist hier immer die bessere Alternative. Mit einem Fonds kann ich mich auch eingehend befassen, ich kann mir seine Kennzahlen schnell anschauen und sehen, ob das noch zu meinen Bedürfnissen passt.“ Im Zweifel kann dann auch ein Fonds mal gegen einen anderen ausgetauscht werden, auch das macht die Fondsanlage so attraktiv, dass Stiftungen auf äußere Gemengelagen reagieren können. Bleiben Anleihen Alleinunterhalter im Stiftungsdepot, hat eine Stiftung diese Möglichkeiten nicht, auch das kam aus der Diskussion mit Dr. Angelika Heil und Jens Gottsmann heraus.

ZUSAMMENGEFASST

Dass sich Neuerfinden im Stiftungsvermögen lohnen kann, das beweisen Beispiele wie jenes der Stiftung Standortsicherung sehr eindrücklich. Eine gegebene Situation nicht einfach hinzunehmen, sondern proaktiv immer wieder neue Impulse im Stiftungsvermögen zu setzen, das können viele Stiftungen leisten. Die Angst vor dem Neuerfinden im Stiftungsvermögen, die Angst Fehler zu machen, diese ist sicherlich vorhanden, aber neue Wege zu gehen, Anlageideen auszuprobieren – mit aller gebotenen Vor- und Weitsicht – kann auch Positives in sich tragen. Edison hat, als er gefragt wurde, ob der beim Erfinden der Glühlampe oft gescheitert sei, geantwortet: Gescheitert bin ich nicht, ich kenne jetzt nur 1.000 Wege, wie es nicht geht.“ Und von diesen Wegen gibt es auch im Stiftungsvermögen so einige: Festgeld, Girokonto, alles auf eine Karte setzen, keine Aktien, nicht diversifiziert, keine Immobilien, aussitzen, mündelsicher, …