Stiftungsvermögen braucht Disziplin…

#vtfds Spezial: 6 Fragen an Frank Wieser, Haus des Stiftens

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Interview Frank Wieser
Lesezeit: 3 Minuten

Dass Stiftungsvermögen Disziplin braucht, darüber kann es eigentlich keine zwei Meinungen geben. Gibt es aber eben doch, weiß Frank Wieser zu berichten. Im 3-Fragen-Interview im Vorfeld des 5ten Virtuellen Tags für das Stiftungsvermögen, bei dem zum Thema Anlagekonzept an Bord ist, legt er den Fokus aber vor allem darauf, was Stiftungsverantwortliche und Stiftungsgremien eher weniger bis gar nicht machen sollten.

stiftungenstärken: Machen sich Stiftungen zu wenig Gedanken über ein Anlagekonzept und zu viel bspw. über die volkswirtschaftliche Gemengelage?

Frank Wieser: Also was ich schon wahrnehme ich, dass sich viele Stiftungen zu viel Gedanken beispielsweise über Nachhaltigkeit machen, aber über dieses Thema lässt sich auf Stiftungsgremiensitzungen natürlich auch wunderbar diskutieren. Jeder bringt eine Meinung ein, jeder hat zu diesem Thema etwas zu sagen. Was hinten runterfällt ist aber der Diskurs etwa über die Frage, wie hoch meine Ausschüttungen sein müssen, welche Drawdowns ich vertragen kann und wer mein Asset Manager eigentlich ist. Vieles auf den Sitzungen finde ich doch recht ineffizient. Für mich gehört zum Anlagekonzept das, was ich brauche, es gehört dazu, die Risikotragfähigkeit zu eruieren. Halte ich es aus, wenn mein Portfolio minus drei Prozent performt, in Euro, darum müssen sich die Gespräche drehen. Zum Anlagekonzept gehört auch, ob ein Fondsmanager oder Vermögensverwalter in eine Gremiensitzung mal dazukommt, das festzulegen, vielleicht auch nur für den Fall eines Kapitalmarktevents.

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stiftungenstärken: Wenn Sie den Asset Manager schon ansprechen, wie wichtig wären Ihnen die Ausschüttungs- oder Drawdown-Historien?

Frank Wieser: Ziemlich wichtig, und einen Punkt würde ich noch ergänzen an der Stelle. Für uns ist der direkte Zugang zum Fondsmanager extrem wichtig. Stiftungen sollten wissen, wie der tickt, ob er ein Verständnis von der Stiftungsbranche hat, wie oft der Manager eines Fonds gewechselt hat. Auf Stiftungsseite ist es ja das Gleiche. Ich verpasse meinem Stiftungsvermögen eine Strategie, halte diese aber nicht, wechsle die Pferde wieder nach zwei oder drei Jahren. Am Ende des Tages konterkariert genau das die Ziele der Stiftung.

stiftungenstärken: Welche Rolle spielt hierbei die Anlagerichtlinie?

Frank Wieser: Wie nehmen wahr, dass viele Anlagerichtlinien etwas zu alt sind. Manche sind nach der Finanzkrise 2008/2009 verfasst worden, und passen damit so gar nicht mehr ins Hier und Jetzt. Anlagegrundsätze müssen zum Umfeld passen. Nehmen Sie Alternatives, die waren 2008 gar nicht gesucht, heute umso mehr, und zwar aus guten Gründen. Was wir zudem wahrnehmen ist, dass Stiftungsgremien sich oftmals zu sehr mit Kapitalmärkten befassen, weniger mit dem Konzept bzw. eben den Anlagegrundsätzen. Was marktseitig sinnvoll sein kann, kann von den eigenen Grundsätzen für das Stiftungsvermögen abweichen, und dann wird es spannend.

stiftungenstärken: Wie weit voraus muss ich denn meine Planung für meine Ausgaben aufsetzen?

Frank Wieser: Mir würde es schon reichen, wenn eine Stiftung ihre Ausgaben in diesem, im nächsten und im übernächsten Jahr kennt. Das fasse ich dann als Anlageziel und diskutiere, wie ich dieses erreiche. So was ist ein iterativer Prozess, müsste aber genau so stattfinden. Auf der Ausgabenseite kennt eine Stiftung in der Regel recht genau, was da auf sie zukommt, nur wie sie das dann erwirtschaften soll, da wird es unscharf. Es gibt ja unterschiedliche Formen von Erträgen, heute umso mehr, genau dazu müssen sich Stiftungsgremien eben austauschen. Ganz wichtig für mich ist Disziplin, denn Disziplin führt zu Anlageerfolg.

#vtfds-TIPP:
Mit Frank Wieser werden wir beim 5ten Virtuellen Tag für das Stiftungsvermögen zu den Eckpfeilern des Anlagekonzept einer Stiftung sprechen, am 12.6.2024 im Slot ab 10:30 Uhr.


stiftungenstärken: Das Thema Stressphasen und der Umgang damit, das muss auf die Agenda?

Frank Wieser: Auf jeden Fall. Ich frage Stiftungen immer, ob ihre Gremien eine whatsapp-Gruppe haben. Die schauen dann kurz recht sparsam, aber verschriftlicht werden sollte was in den Gremien passiert, wenn ein Kapitalmarktereignis eintritt. Dass sich die Stiftungsgremien bei bestimmten Ereignissen sich unmittelbar abstimmt und auch die Mittel dafür festlegt, das muss man regeln. Sich nicht abzustimmen, wenn draußen etwas passiert, das genau darf in der Stiftung nicht passieren.

stiftungenstärken: Manchmal muss man sich Dinge vorstellen, die man sich eben nicht vorstellen kann.

Frank Wieser: Haben wir ja dieses Jahr in den USA wieder. Dass Stiftungsgremien mit einem Verwalter diskutieren, was eine Wahl des Einen oder des Anderen für das eigene Portfolio bedeuten könnte, das mal durchzuspielen, das halte ich für extrem wichtig. Und derlei gehört für mich zu einem Anlagekonzept auf der Höhe der Zeit einfach dazu.

stiftungenstärken: Frank Wieser, wir danken Ihnen für diese Draufsicht auf die Dinge und freuen uns, Sie wieder beim Virtuellen Tag für das Stiftungsvermögen mit an Bord zu haben.

Das Interview führte Tobias Karow.