Stiftungskommunikation heißt auch „Hosen runter, was lief schief?“

Offen gesprochen – die stärksten Sätze aus den #sokoms25 ExpertenTalks

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sokoms25 - Offen gesprochen
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Stiftungskommunikation und der Hosen-runter-Moment – auch das war Thema bei #sokoms25. Im ExpertenTalk „Offen gesprochen“ war es Florian Hinze von phineo, der Stiftungen und deren Kommunikationsverantwortliche auch ein Stück weit ins Gebet nahm. Macht Euch mal ehrlich, legt auf den Tisch was nicht funktioniert hat und macht dann umso besser in der Stiftungskommunikation weiter. Das war offen gesprochen, aber es gab noch andere starke Sätze, die an Tag 1 von #sokoms25 fielen.Eine Nachlese in gesprochenen Worten.

Los ging’s mit Felix Oldenburg, der im „Offen gesprochen“ Eröffnungstalk darauf insistierte, dass das Konzept des Gebens in Deutschland und auch darüber hinaus neu gedacht werden müsse. Es ginge darum, zu vererbendes Kapital der best- und schnellstmöglichen Wirkung für unser aller Wohl zuzuführen, Schranken im System müssten hierfür entsprechend abgebaut, das Thema intergenerationeller Vermögensübergang völlig neu reflektiert werden. Den Stiftungssektor tangiert dies stark. Denn Stiftungen werden derzeit konzeptionell hinterfragt, ob sie noch das Gefäß für diese neue Form des Gebens seien. An diesem Punkt kommt die Intransparenz des Sektors und damit auch die Kommunikation ins Spiel, wie Felix Oldenburg sehr griffig herausarbeitete. Ein Sektor, der intransparent ist, der sein Gelingen nicht zeigt, ist womöglich einer, der im Wettbewerb des neuen Gebens benachteiligt ist. Umso mehr braucht es einen Transparenz-Bias im Stiftungssektor, praktisch Stiftungskommunikation mit Hingabe und Haltung.

„Haltung ist der zentrale Kern der Stiftungskommunikation“

Haltung war auch eines der Worte, das Florian Hinze im „Offen gesprochen“-Talk mit Steff Neukam von der Stiftung Meistro oft gebrauchte. Haltung heißt ja, dass ich als Stiftung für etwas stehe und es aushalte das jemand anderer Meinung ist. Ganz genau, und Haltung heißt auch, dass sich Stiftungskommunikation hier drumherum gruppieren muss.

Dabei ist Stiftungskommunikation eher Marathon als Sprint, also in Haltungsmarathon wenn man so möchte. Steff Neukam ergänzte dies noch, dass sich Stiftungen häufig schwer tun, zu erkennen wer ihre Zielgruppen sind. „Wer ist meine Zielgruppe, das ist Frage 1. Und welche Medien erreichen diese Zielgruppe, das ist Frage 2.“ Ein einfaches aber stimmiges Gerüst, mit dem der Kommunikationsprofi seit Jahren erfolgreich agiert. Hier beiße es sich aber oft mit der täglichen Stiftungspraxis, ergänzte Florian Hinze. Vielen Stiftungen falle es genau schwer, Botschaften (die verfangen) zu formulieren und eben dann die gewünschten Zielgruppen zu erreichen. Stiftungskommunikation aber direkt mit neuen Projekten von vorne mitzudenken, sei schon mal ein Schritt in die absolut richtige Richtung.


MediatheksTipp:
Die einzelnen Talks des live ausgestrahlten #sokoms25 Frühstücksfernsehens finden Sie in der #sokoms Mediathek, dort sind übrigens auch Bildergalerien von beiden Tagen, Shorts mit einigen Protagonisten und die Inhalte auf #sokoms24 zu finden.

„S‘ muss menscheln“

Katja Ludt von der Bürgerstiftung Braunschweig sagte in ihrem „Offen gesprochen“-Talk mit Axel Braun von der Stiftung Polytechnische Gesellschaft einen Satz, der so alt wie gültig ist: „Es muss menscheln.“. Stiftungskommunikation, die das schaffe, könne gar nicht verkehrt, war sich Katja Ludt sicher. Sie berichtete vom anfänglichen BürgerBrunch, der so viele Geschichten lieferte, dass es leicht war, diese dann auch kommunikativ zu teilen – und lieferte die zentrale Frage rund um die kommunikative DNA einer jeden Stiftung gleich mit: „Wie begeistere ich als Stiftung?“, um diese Frage sollte sich Stiftungskommunikation zuvorderst drehen. Axel Braun teilte indessen die Erfahrungen aus dem Stadtfest zum 20jährigen Jubiläum „seiner“ Stiftung Polytechnische Gesellschaft. Um dieses Fest aufzusetzen, schälte sich rasch eine Frage heraus: Welche Kraft steckt in der Frankfurter Stadtgesellschaft? Die Antwort lautete dann, dass die Stiftung diese Kräfte kitzelt und sichtbar macht mit einem Jubiläumsfest inmitten der Stadt.

„Mindestens einmal stellen wir alles in Frage“

Spannend war zudem, wie Axel Braun den Reflektionsprozess zur Kommunikation in der Stiftung Polytechnische Gesellschaft beschrieb. Mindestens einmal stellen wir regelmäßig alles in Frage. Im Zuge des Jubiläums stellte sich so beispielsweise heraus, dass für das Fest weitaus mehr Menschen digital erreicht würden, und das gute alte Magazin eingestellt werden könnte (auch im Sinne von einsparen). Stiftungen müssen aber eine Herausforderung trotzdem meistern: „Es ist eine Herausforderung, sich zu fokussieren.“ Alles machen, das kann eine Stiftung durchaus überfordern, durchhalten ist eine wichtige Disziplin auch in der Stiftungskommunikation, aber alles durchhalten, das kann ein Irrweg sein. Im „Offen gesprochen“-Talk mit Birgit Hubner von Gallafilz und Joachim Sina von Gruen alpha ging es hier noch einmal in die Tiefe. Birgit Hubner wies zudem auf einen wichtigen Unterschied hin: „Stiftungen müssen zwischen Kampagne und Einzelmaßnahme unterscheiden“.

„Es ist nicht einfach, einen Fundraiser zu finden.“

Es ist die Frage, was eine Stiftung leisten kann, hier muss sie sich ehrlich machen. Kann sie eine kommunikative Einzelmaßnahme noch gut und solide umsetzen, heißt das nicht, dass sie auch eine ganze Kampagne fahren kann. Joachim Sina von Gruen alpha stieß ins gleiche Horn und verdeutlichte, dass es schwierig sein wird, einen passenden Fundraiser zu finden. Oder anders: Der Fundraiser muss ein guter sein, er muss zur Stiftung passen, und er muss verfügbar sein in dem Moment, wenn die Stiftung den Bedarf hat. Drei Kriterien, bei deren Umsetzungen aus Stiftungssicht auch Kampagnenprofis und KI-Agenten ins Spiel kommen. Für Birgit Hubner und Joachim Sina ist die Technologie hier Fluch und Segen zugleich. Natürlich hilft die Technik, aber KI-Agenten sind eben auch keine eierlegende Wollmilchsau. Manches in der Stiftungskommunikation lasse sich durchaus automatisieren, aber eben nicht alles, und vermutlich von den essentiellen Dingen, die gute Stiftungskommunikation nun einmal ausmachen.

„Ist es nicht eine Idee, Wissensmanagement in den ChatBot zu verlagern?“

Im finalen „Offen gesprochen“-Talk mit Katrin Kowark von der Stiftung Erinnerung Verantwortung Zukunft (EVZ) brachte Axel Braun noch einmal neue Aspekte des Ausprobierens ins Spiel. Wir testen gerade die Arbeit mit Mikroinfluencern, schauen, was sich hier für Reichweiten und Nutzwerte ergeben.

Katrin Kowark, ihrerseits extra aus Berlin zu #sokoms25 angereist, verwies ebenfalls auf die neuen Medien und die damit verbundenen Möglichkeiten. „Erinnerung lebendig halten“, das sei ihr Anliegen, und dazu bieten die digitalen Räume sehr viele Möglichkeiten, insbesondere auch, wenn man diese mit den physischen Erinnerungspunkten verbinde.

Aus Katrin Kowark sprach der Profi, sie berichtete ebenfalls vom 25jährigen Jubiläum der Stiftung EVZ, davon, dass Erinnerung ein Zukunftsthema sei und das moderne Stiftungskommunikation hierbei die zentrale Rolle spiele. Angesprochen auf die intensive Bildsprache ihrer Stiftung wies sie darauf, dass Bilder auch gebündelte Emotionen seien, und je stärker die Bilder seien, desto stärker sei auch die daraus transportierte Emotion. Das leuchtete ein – es war ein TopVoiceTalk der Kategorie „Inspirativer Klartext“.

Stiftungsexperten Handbuch 2025

Zusammengefasst

Die „Offen gesprochen“-Talks waren echte #sokoms25 Highlights. Unsere Talkgäste nahmen kein Blatt vor den Mund, brachten Insights aus ihrer täglichen Stiftungspraxis mit. Müssten wir die Talk mit einem Satz zusammenfassen, es wäre der folgende: „Stiftungskommunikation verbindet Haltung und Handwerk, ist Pflicht und Kür zugleich, muss DNA jeder Stiftung sein.“ Unser take away ist, dass die Stiftungslandschaft vielerorts auf dem kommunikativen Weg ist, aber noch nicht allerorts. Dazu ist das „Transparenz ist Ehrensache“ noch nicht überall angekommen. Aber, wie ist es mit dem Marathon: Jeder beginnt mit dem ersten Kilometer.

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Tobias Karow
ist Gründer und Geschäftsführer von stiftungsmarktplatz.eu und im Stiftungswesen in Deutschland, Österreich, der Schweiz und Liechtenstein seit 10 Jahren aktiv. Er ist Herausgeber der FondsFibel für Stiftungen & NPOs, dem führenden Nachschlagewerk für Stiftungsfonds und stiftungsgeeignete Fonds (www.fondsfibel.de), Vorträge hält er vor allem zum Thema ‚Stiftungen und ihr Weg in die digitale Welt‘. Für beide Themen betreibt er den Blog #stiftungenstärken.