In Vorbereitung unserer 2021er FondsFibel entbrannte ein Streit. Der Streit drehte sich um die Ausschüttung von Stiftungsfonds bzw. stiftungsgeeigneten Fonds. Für mich ist die Ausschüttung das gewichtigste Kriterium bei der Auswahl eines Stiftungsfonds. Es gibt aber auch andere Meinungen, mit denen ich mich auseinandersetzen musste, nach denen auch thesaurierende Fonds durchaus was für sich hätten, Stiftungen müssten ja einfach nur Fondsanteile veräußern, um einen Ertrag einzuheimsen. Für mich ist die Sache aber genau nicht einfach.
Einen thesaurierenden und tendenziell auf Performance abzielenden Fonds zu kaufen, das kann schon Sinn machen, auch für Stiftungen. Der Charme eines thesaurierenden Fonds aus Stiftungssicht ist ja, dass er ob einer sehr guten Wertentwicklung einen erklecklichen Beitrag zum Kapitalerhalt leistet. Stiftungen haben also neben vielleicht fünf anderen Fonds einen Fonds in ihrem Portfolio, der zwar nicht ausschüttet, der aber via Wertentwicklung auf die Konservierung des Stiftungsstocks einzahlt. Und wenn es denn sein muss, dann können ja ein paar Anteile verkauft werden, die dann der Zweckverwirklichung zugeführt werden. So einfach jedenfalls sieht es auf den ersten Blick auch tatsächlich aus.
THESAURIERENDE FONDS TAUGEN WAS
Strategisch haben thesaurierende Fonds den Vorteil, dass sie Gewinne letztlich gut laufen lassen, und so das Konzept, beispielsweise eine Aktienfonds für wachstumsstarke europäische Aktien funktioniert und reüssiert, entsteht hierüber ein nicht zu unterschätzender Berg an Reserven. Das Problem bei thesaurierenden Fonds ist aber das Folgende: Verkauft eine Stiftung einen Anteil an solch einem Fonds, dann muss der so genannte Umschichtungsgewinn eigentlich direkt die Stiftungskapital zugeordnet werden – womit der Umschichtungsgewinn als Baustein der Mittelverwendung glatt wegfällt. Dieser Logik folgend fallen thesaurierende Fonds als Stiftungsinvestment eigentlich aus.
VIDEOTIPP: Was in der Beurteilung von Stiftungsfonds 2021 wichtig wird und welche Weichen Stiftungsverantwortliche stellen sollten, dazu finden Sie in der FndsFibel-Videokolumne einige Anregungen: https://www.youtube.com/watch?v=N46QiKG_xx0
ORDENTLICHER ERTRÄGE VON STIFTUNGSFONDS SCHMELZEN DERZEIT
Ausschüttende Fonds dagegen produzieren von Haus aus ordentliche Erträge, die zur Verwirklichung des Stiftungszwecks verwendet werden können. Deshalb werden sie von Stiftungen in erster Linie berücksichtigt als Investment, und deshalb müssen sie auch von Stiftungen berücksichtigt werden. Die Frage nach thesaurierenden Fonds taucht allerdings auch deshalb derzeit immer wieder auf, weil gerade Stiftungsfonds ein Problem auf der Ausschüttungsseite haben, was sich ihrer Konzeption entsprechend ganz einfach herleiten lässt. Die Konzepte sind konservativ ausgelegt, also mit hohem Rentenanteil. Rentieren aber die Assets, die hoch gewichtet sind, mit null Prozent Kupon, dann kommt der Fonds in Schräglage. Er kann schlicht nicht mehr oder nur mehr sehr wenig ausschütten. Die Dividenden können das in vielen Stiftungsfonds dann auch nicht mehr rausreißen.
DER STIFTERWILLE WILL DEN ZWECK VERWIRKLICHT SEHEN
Thesaurierende Fonds werden dann zur Alternative, wenn in der Stiftungssatzung eine entsprechende Regelung enthalten ist, dass Umschichtungsgewinnen nicht dem Stiftungsstock zugeschlagen werden müssen sondern der Zweckverwirklichung zugeschlagen werden können. So eine solche Regelung in der Stiftungssatzung nicht enthalten ist, kann noch der Weg beschritten werden, sich auf die jeweiligen Landesstiftungsgesetze zu beziehen und den Stifterwillen ins Zentrum der Argumentation zu rücken. Es dürfte Wille des Stifters gewesen sein, dass die Stiftung ihre Zwecke stets verwirklicht. Entsprechend kann eine zeitnahe Verwendung von Umschichtungserlösen schicklich sein, so alle anderen Möglichkeiten der Zweckverwirklichung (bzw. der Zuführung von Mittel für die Verwirklichung des Stiftungszwecks) bereits ausgeschöpft sind.
GLEICH IN DIE TRICKKISTE GREIFEN?
Sprich: Kann eine Stiftung belegen, dass ihre sonstigen Fonds kaum mehr Ertrag abwerfen und aus ihrem Investment in einen thesaurierenden Fonds ein Umschichtungsgewinn zur Zweckverwirklichung beitragen könnte, dann wäre dies konform mit dem Stifterwillen, der neben dem Kapitalerhalt (auf den ein Umschichtungsgewinn in erster Linie einzahlen soll) die Verwirklichung ebenjenes Stiftungszwecks priorisiert. Das Aber schiebe ich aber direkt noch nach: Es sind eben diese argumentativen Schleifen, die es zu drehen gilt, und die sonstigen Mittel müssen ausgeschöpft sein. Für mich ist es damit naheliegender, dass sich Stiftungen zuerst mit dem ordentlichen Ertrag (und der Auswahl von Stiftungsfonds und stiftungsgeeigneten Fonds, die diesen immer noch zu liefern imstande sind) beschäftigen, bevor sie in die Trickkiste greifen.
ZUSAMMENGEFASST
Thesaurierende Fonds sind nicht per se nicht stiftungsgeeignet, aber sie bringen einfach nicht das zentralste Kriterium mit, das die Stiftungseignung eines Fonds unterfüttern würde: die Ausschüttung. Es gibt einige Möglichkeiten, als Stiftung Umschichtungsgewinne bei thesaurierenden Fonds für die Zweckverwirklichung zu nutzen, aber dafür muss dann argumentativ schon a bissel geschliffen werden. Die erste Wahl für Stiftungen bleiben für mich daher der ausschüttende Fonds, deren ordentliche Erträge direkt für die Zweckverwirklichung eingesetzt werden können. Ob es unbedingt Stiftungsfonds sein müssen, die ihren Platz im Stiftungsportfolio finden, oder ob nicht beispielsweise auch Income-Fonds oder ausschüttungsstarke Aktienfonds hier einen Platz finden sollten das wäre noch so ein Streit, den es zu führen gälte. Meine Meinung dazu kennen Sie aber bereits.