Stiftungen suchen Anlagen frei von Kontroversen

Wir blicken zurück auf den Runden Tisch von Facing Finance am 4.5.2022 in Berlin

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Rückblick Runder Tisch Facing-Finance
Lesezeit: 4 Minuten

Stiftungen suchen für ihr Stiftungsvermögen Anlagen frei von Kontroversen. Sie suchen aber auch Anlagen, die gemäß ihrer stiftungsspezifischen Vorgaben funktionieren. Beim Runden Tisch von Facing Finance im Haus der Stiftungen am 4.5.2022, durch den ich als Moderator führen durfte, gaben einig Stiftungen recht konkrete Einblicke, wie genau sie die Herausforderungen der Anlage ihres Stiftungsvermögen schultern. Wir erfuhren Interessantes darüber, wie sie diversifizieren, wie sie das Rahmenwerk an das Hier und Jetzt anpassen und wie sie das Thema Nachhaltigkeit für sich übersetzen. Ein Rückblick in Form einer Summary Matrix.

Schon auf der Zugfahrt nach Berlin wusste ich beim Blick ins Programm, dass das eine spannende Veranstaltung wird. Weil wir über Stiftungsvermögen sprechen, weil wir hinter die Kulissen blicken und weil wir Stiftungsvermögen auch ein Stück weit über den Tellerrand hinaus diskutieren.

Die Veranstaltung wurde unter der Bedingung der ‚Chatham House Rule‘ durchgeführt, so dass ich hier keine Namen der Stiftungsrepräsentanten nennen darf. Was ich aber sagen darf ist, dass ich für mich Einiges gelernt habe darüber, wie Stiftungen in der Vermögensanlage Weichen stellen, und wie unterschiedlich die Konzepte dabei ausfallen. In der Schlussrunde bat ich auf Wunsch der Veranstalter einige der Diskutanten, das Gehörte und Gesagte in Form einer Summary Matrix zusammenzufassen. Genau auf eine solche greife ich nun auch für den Runden Tisch zurück.

Diese Offenheit der Stiftungsverantwortlichen war erfrischend

Summary Matrix, was ist das eigentlich genau? Ich gebe zu, ich musste mich vorab informieren, wie wir ein solches Format in das Event einbetten, aber ich glaube wir haben es ganz gut hinbekommen. Bei einer Summary Matrix werden Diskutanten gebeten, in vier Dimensionen ihr Feedback zu einer Veranstaltung zu geben:

  1. Was war neu für mich?
  2. Was werde ich künftig öfters nutzen?
  3. An was werde ich mich erinnern?
  4. Was war interessant für mich?
    Eine spannende Feedback-Technik, die von den Teilnehmern sehr schön genutzt wurde.

Was nun neu für mich war? Sicherlich einmal die Offenheit, mit der Stiftungsverantwortliche im Raum gesprochen haben. Diese Offenheit würde ich mir öffentlich wünschen, sie war regelrecht erfrischend. Denn konkretes Doing in Stiftungen ist wohl die beste Motivation und Blaupause, selbst etwas in der Verwaltung des Stiftungsvermögens zu ändern.

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Triple-AAA-Strategie für das Stiftungsvermögen

Auch war neu für mich, welche Ideen Stiftungen haben, um ihr Stiftungsvermögen zu diversifizieren. Es sind Ideen, die auf die Triple-AAA-Strategie für das Stiftungsvermögen einzahlen, nach der neben Anleihen und Aktien eben auch Alternative Investments ihren festen Platz im Stiftungsvermögen haben.

Welche Beispiele in welcher Granularität hier genannt wurden, da waren für mich neue Aspekte mit dabei. Was ich künftig öfters nutzen werde sind die Informationsquellen, die wir genannt bekommen haben. Etwa für die Analyse von Finanzprodukten, für das Hinzunehmen von Aspekten für Anlagerichtlinien von Stiftungen, für das Generieren eines Überblick etwa zu nachhaltigen Finanzprodukten. Was ich ebenfalls künftig öfters nutzen werde sind die Jahresberichte von Stiftungen.

Mehr Transparenz heißt mehr Reputation

Natürlich schauen wir hier des Öfteren hinein, haben selber schon etliche Jahresberichte auf deren Hinweise zum Stiftungsvermögen hin durchforstet, aber auch der Jahresbericht von Stiftungen ist ein fluides Reporting.

Es verändert sich, es verändert sein Wording, es verändert seine Tiefe. Dass Stiftungen dies auch als Hinwendung zu Transparenz für sich reputativ nutzen, war vielleicht noch eine Neuigkeit, die ich unter Punkt 1 hätte subsummieren können. Was ich zudem nutzen werde sind Fragenkataloge.

Wir haben gelernt, dass wir Asset Manager stiftungsspezifischer analysiere müssen. Ihnen Fragebögen zu schicken mit Fragen, die Stiftungen derzeit umtreiben, das fördert Antworten zutage, die Stiftungen für sich nutzen können – und sie von der „Last“ befreit, diese Fragen selbst stellen zu müssen.

TV-TIPP:
Die Projektverantwortliche bei Facing Finance für den Leitfaden „Fair Anlegen und Stiften“, Emilia Tafel, war auch im ersten Panel zu „Weichenstellen im Stiftungsvermögen für 2030“ des 3. Virtuellen Tags für das Stiftungsvermögen als Diskutantin zu Gast. Das Gespräch finden Sie in der #vtfds-Mediathek unter www.vtfds.de.

Der nachhaltigste Waffenproduzent ist immer noch ein Waffenproduzent

An was ich mich erinnern werde, sind Worte wie „der interpersönliche Austausch“, die mein Sitznachbar nutzte, oder aber Sätze wie „Der nachhaltigste Waffenproduzent ist immer noch ein Waffenproduzent“. Oder aber der Zweiklang, mit dem praktisch jede Stiftung ihre Investments relativ einfach einer Erst-Prüfung hinsichtlich nachhaltiger Authentizität bzw. authentischer Nachhaltigkeitskonzeption unterziehen kann.

Sie kann sich 1) fragen, welche sie vertritt? Um 2) zu fragen, welche Investments diesen Werten zuwiderlaufen.

Schon durch diese einfache Prüfung dürften etliche Investments oder Investment-Produkte schlichtweg durchfallen. Beim Themenkreis Engagement (englisch ausgesprochen für Einflussnahme der Anteilseigner) werde ich mich an die Formulierung „Coffee & Biscuit Engagement“ erinnern.

Wenn Engagement, dann richtig

Coffee & Biscuit Engagement meint Engagement, das als echte Einflussnahme nicht durchgeht. Das müssen Stiftungen erfragen etwa beim Fondsanbieter, wie dies gehandhabt wird, welche Reportings es hierzu gibt. Gibt es nix und Engagement steht trotzdem auf der Fondsbroschüre, dann kann es sein, dass der Wert Engagement, der einer Stiftung wichtig ist, nicht gelebt wird.

Entsprechend wäre dieses Fondsprodukt dann nichts für diejenige Stiftung. Auch die Eskalationsstrategien zum Engagement abzufragen, war ein treffender Hinweis. An die Diskussion hier werde ich mich sehr gerne erinnern, denn hier habe ich mir die meisten Stichpunkte auf meinen Zettel geschrieben. Es war zu merken, dass den Stiftungsverantwortlichen dieses Thema am Herzen lag, und dass sie hier klare Kante von den Fondsanbietern fordern.

Stiftungsvermögen braucht Inspiration

Punkt 4 der Summary Matrix ist die Frage, was interessant für mich war. Interessant beim Runden Tisch von Facing Finance war für mich sicher Vieles, das Interessanteste aber war eine kleine Bemerkung einer Diskutantin ganz am Schluss. Ganz offensichtlich braucht es solche Austauschformate à la „Wie macht ihr das eigentlich“, denn hier wird sich richtig und ohne Visier ausgetauscht. Die Bemerkung lautete „Gerne wieder, im gleichen Format in größerer Runde.“ Offensichtlich braucht es den Austausch, offensichtlich kommt dieser zu kurz, und offensichtlich tangiert das Thema Stiftungsvermögen die Stiftungslenkerinnen und -lenker doch nicht ganz so peripher, wie sie das immer gerne so behaupten. So als würde Stiftungsvermögen einfach wahnsinnig lästig sein und eigentlich auch sinnlos. Gibt ja eh keine Zinsen mehr, und wir sind ja so klein…

Zusammengefasst

Mir war eine echte Freude, den Runden Tisch von Facing Finance im Haus der Stiftungen moderiert haben zu dürfen. Ein dichtes aber vertrauliches Format, in dem echter Austausch und recht große Offenheit herrscht, derlei wünsche ich mir öfter. Dass einige Milliarden Stiftungsvermögen am Tisch saßen, wir trotzdem nicht nur die Ansätze der großen Stiftungen diskutierten, machte die Veranstaltung umso profilierter. Es blieb was hängen, nicht nur das Format der Summary Matrix, sondern eben auch die Einblicke in die Stiftungspraxis, von kleinen, mittelgroßen und großen Stiftungen. Aber genau diese Einblicke braucht es heute auch, um für Morgen die Weichen richtig zu stellen. Daran vorbei kommen Stiftungen nicht, auch das nehme ich für mich mit. Das aber als Gewissheit.