Vor rund 2.500 Jahren formulierte der griechische Philosoph Heraklit die gewagte These: „Die einzige Konstante im Universum ist die Veränderung“. Damals wie heute ist diese Aussage korrekt. Heute wird schon davon gesprochen, dass sich die Welt umwälzt in noch nie gekanntem Ausmaß. Die ganze Welt scheint neu gebaut zu werden. Zeit für Stiftungen, sich mit ihrer Kapitalanlage dahingehend auseinanderzusetzen, ob sie die notwendige Stabilität der ordentlichen Erträge noch liefern kann.
Als Anfang der 90er Jahre die UdSSR zusammenbrach, sprachen Experten von der VUCA-Welt. VUCA steht für Volatility, Uncertainty, Complexity und Ambiguity, also: Volatilität (Unbeständigkeit), Unsicherheit, Komplexität und Mehrdeutigkeit. Hierbei sind Trends, wie z.B. die zunehmende Digitalisierung unterschiedlicher Bereiche, veränderte Kundenansprüche, neue und individualisierte Leistungen, zunehmende Globalisierung, neue Arbeitswelten und der demographische Wandel, relevant. Die VUCA-Welt spiegelt nun die Situation wider, in der sich die meisten Unternehmen heute befinden. Die Frage ist, wie Unternehmen hier solche Entscheidungen treffen, die eine Stabilität gewährlisten – und wie solche Unternehmen gefunden werden können und warum solche Unternehmen prädestiniert für stiftungsgeeignete Fonds sind.
SO LÄSST SICH STABILEN UNTERNEHMEN AUF DEN ZAHN FÜHLEN
Aber fangen wir doch beim ersten Teil der Frage an. Die Messbarkeit der Stabilität von Unternehmen erfolgt anhand unterschiedlicher Indikatoren, die aus dem Geschäftsmodell eins Unternehmens und dem Jahresabschluss erhoben werden können (siehe Abb. 1).
n Ergänzung zu den o.g. Indikatoren können zusätzlich Länder und Branchen mit einer hohen Stabilität ausgewählt werden. Zudem können innerhalb von Branchen Vergleiche angestellt werden, um eine geeignete Auswahl zu gewährleisten. Das mag jetzt etwas abgehoben klingen, ein Beispiel jedoch macht das Ganze sofort anfassbar, denn werden diese Indikatoren miteinander kombiniert, so lassen sich Zusammenhänge erkennen, die einen Rückschluss auf die Stabilität von Unternehmen ermöglichen. Schafft es zum Beispiel ein Unternehmen ein neuartiges Ertragsmodell zu etablieren, wie es z.B. Rolls Royce mit „Power by the Hour“ für Flugzeugtriebwerke vor einigen Jahren eingeführt hat, so können geringere Umsatzschwankungen im Vergleich zu Wettbewerbern erzielt werden. Als Ergebnis liegt hier dann eine höhere Stabilität dieses Unternehmens vor.
EIN PROZESS, ZWEI BEISPIELE
Mittels einer quantitativen Analyse in einem mehrstufigen Modell können somit Unternehmen mit einer besonders hohen Stabilität selektiert werden. Im ersten Schritt wird dabei Rahmen der Vorselektion das europäische Anlageuniversum berücksichtigt, um die Top 250 Unternehmen auszuwählen, die Mindeststandards an Kennzahlen (z.B. Größe, Alter, Dividendenrendite, Nachhaltigkeit) erfüllen. Im zweiten Schritt werden für die Top 250 Unternehmen Vergleichsgrößen (z.B. Eigenkapitalquote, Schwankung Gewinn, Schwankung Umsatz) ermittelt, im dritten Schritt erfolgt anhand der Vergleichsgrößen die Feinselektion aus den Top 250 Unternehmen, um ca. 20 Unternehmen mit einer hohen Stabilität zu ermitteln. Im Rahmen des aktiven Managements erfolgen die Steuerung der Fondanlagen und die Nutzung einer Werterhaltungssystematik (siehe Abb. 2).
Um das noch einmal herunterzubrechen, möchte ich zwei Beispiele für stabile Unternehmen noch einmal beschreiben. Enagás ist ein spanischer Gastransporteur mit dem Schwerpunkt auf die Übertragung, Verteilung, Speicherung und den Transport von Erdgas. Enagás ist somit für die Kontinuität, Sicherheit und Koordination der Grundversorgung mit Erdgas von Spanien verantwortlich. Enagás hat 1.449 Mitarbeiter (2018) betreibt ca. 12.000 km Hochdruckleitungen, drei Untergrundgaslager und vier Anlagen für verflüssigtes Erdgas. Ferner ist das Unternehmen an einer Regasifizierungsanlage und an einer Wiederverdampfungsanlage beteiligt. Neben Aktivitäten in Spanien ist das Unternehmen in Lateinamerika und Europa (Schweden, Italien, Griechenland und Albanien) tätig. Enagás zeichnet sich durch eine Stabilität innerhalb der Eigenkapitalquote, Umsatzrendite und Return on Investment aus.
Ein anderes Unternehmen, das den Kriterien eines stabilen Unternehmens entspricht, ist Axel Springer. Die Aktie von Axel Springer ist seit 1985 an der Börse verfügbar. Mit ca. 15.800 Mitarbeitern, einem Umsatz von 3,56 Mrd. EUR gehört die Axel Springer AG zu den weltweit führenden, milliardenschweren Medienunternehmen. Mit mehr als 230 Zeitschriften und Zeitungen, die in zahlreichen Ländern Europas herausgebracht werden, hat sich das Unternehmen rechtzeitig an Radio- und Fernsehsendern beteiligt und auch eine eigene TV-Produktion gegründet. Zusätzlich hat das Unternehmen die Entwicklungen im Online-Sektor aufgegriffen und ist in über 30 Ländern Betreiber von mehr als 160 Online-Angeboten und Anbieter von in mehr als 120 Apps. Die schnelle Anpassung auf Marktentwicklungen und die permanente Weiterentwicklung des Unternehmens spiegelt sich z.B. in dem stetigen Umsatz- und Dividendenwachstum, sowie der Eigenkapitalquote wider.
WAS EIN STABILES UNTERNEHMEN FÜR DIE KAPITALANLAGE EINER STIFTUNG BEDEUTET
Stabile Unternehmen sind ob ihrer Besonderheiten prädestiniert, um in Stiftungsfonds oder stiftungsgeeigneten Fonds ihren festen Platz zu bekommen. Das Schöne an stabilen Unternehmen ist, dass sie verlässlich Ergebnisse liefern, die auch in der Regel eine stabile Basis für Dividendenzahlungen darstellen. Stiftungen sollten bei der Auswahl eines Fonds auf der Aktienseite durchaus danach schauen, ob der Anteil solch stabiler Unternehmen eher größer oder kleiner ist bzw. ob das Fondsmanagement seinen Fokus auch auf diese Gruppe von Unternehmen legt. Stabile Unternehmen können durchaus auch der Gruppe der Qualitätsunternehmen zugeordnet werden, und zweierlei lässt sich zu Qualität sagen: Einmal setzt sie sich langfristig in der Regel durch, zum anderen hatte und hat Qualität schon immer ihren Preis gehabt. Je höher der Anteil der Aktien dieser stabilen Firmen jedoch in einem Fonds ist, desto eher ist der Fonds lieferfähig hinsichtlich des ordentlichen Ertrags. Genau darum geht aber Stiftungen bei einem Fonds ja vordergründig.
ZUSAMMENGEFASST
Die Stabilität von Unternehmen ist messbar und eine hohe Stabilität kann sich positiv auf den Erfolg und auf den Aktienkurs von börsennotierten Unternehmen auswirken. Unternehmen, die es schaffen, Inputfaktoren, wie z.B. Investitionen in neuartige Ertragsmodelle in planbare Umsätze umzuwandeln, sind somit stabiler als Vergleichsunternehmen. Ferner können geringere Schwankungen von z.B. Gewinn und Kosten dazu führen, ebenfalls eine höhere Stabilität sicherzustellen. Für Stiftungen bedeutet derlei, dass sie von Fonds mit einem höheren Anteil von stabilen Unternehmen durchaus höhere Renditen, geringere Risiken und konsistentere Ausschüttungen erwarten können. Stabilität hat jedoch einen Preis, und dieser Preis ist die langfristige Sicht auf die Aktienanlage. Aber genau diese lange Sicht bringen Stiftungen ja von ihrer Natur aus – eigentlich – mit.