Familienstiftung anno 2025

Drei Dinge, die Unternehmer über die Familienstiftung wissen müssen

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Thorsten Klinkner Familienstiftung
Lesezeit: 4 Minuten

Die Familienstiftung bleibt im Fokus – nicht als letztes Mittel zur Nachlassregelung, sondern als aktives Instrument unternehmerischer Steuerung und familiärer Stabilität. Wer frühzeitig plant, klare Ziele verfolgt und Fallstricke kennt, gewinnt nicht nur rechtliche Sicherheit, sondern auch unternehmerische Handlungsfreiheit über Generationen hinweg.

Die Frage der Unternehmens- und Vermögensnachfolge hat sich in den vergangenen Jahren spürbar verändert. Was einst als letzter Schritt in einer Unternehmerbiografie galt, wird heute zunehmend als strategische Entscheidung mit langfristiger Perspektive begriffen. Die Familienstiftung, einst ein Nischenthema für besonders große Vermögen oder komplexe Familienverhältnisse, bleibt auch im Jahr 2025 im Zentrum des Interesses unternehmerisch denkender Familien. Das zeigen die Zahlen. Im Jahr 2023 sind in Deutschland laut Zahlen des Bundesverbandes Deutscher Stiftungen 637 neue Stiftungen gegründet worden. Damit steigt die Zahl der rechtsfähigen Stiftungen bürgerlichen Rechts auf 25.777. Von diesen 637 Neugründungen 2023 sind 286 Familienstiftungen, was einem Verhältnis von 55 zu 45 Prozent entspricht. Mittlerweile liegt die Zahl der rechtsfähigen Stiftungen hierzulande übrigens bei über 27.000.

Es geht um mehr als die Nachfolge

Die Familienstiftung erfüllt nicht nur steuerliche und juristische Funktionen, sondern wird immer öfter als zukunftssicheres Fundament unternehmerischer Verantwortung verstanden. Unternehmer, die über Generationen denken, entdecken in der Stiftung ein Instrument, das mehr kann als nur Besitz zu übertragen. Dabei zeigt sich in der Praxis immer wieder, dass grundlegende Kenntnisse über die tatsächliche Funktionsweise von Familienstiftungen fehlen oder von Missverständnissen geprägt sind. Drei Aspekte sind es, die heute besonders relevant sind, wenn man das Modell wirklich verstehen und erfolgreich nutzen möchte.

Die Familienstiftung als unternehmerisches Steuerungsinstrument

Oft wird die Familienstiftung vor allem mit dem Thema Nachfolge in Verbindung gebracht. Sie gilt als Mittel, das Eigentum zu entpersonalisieren und Vermögenswerte wie Unternehmensanteile aus dem direkten Zugriff der Erbengeneration zu entziehen. Doch dieser Blick greift zu kurz. Tatsächlich kann die Familienstiftung ein aktives Steuerungselement im Gefüge einer Unternehmerfamilie sein. Durch die Konstruktion der Stiftung als Trägerin von Vermögenswerten entsteht eine eigene Rechtspersönlichkeit, die nicht durch die Zufälligkeiten familiärer Entwicklungen beeinträchtigt wird. Entscheidungen über Unternehmensstrategie, Gewinnverwendung oder die Einbindung externer Managementstrukturen werden nicht mehr abhängig von familiären Befindlichkeiten getroffen, sondern folgen einem klar definierten Zweck und einem langfristigen Ordnungsrahmen.

Familienstiftung setzt den Rahmen und definiert die Rollen

Die Stiftung ersetzt natürlich nicht die Familie, sie diszipliniert sie in ihren Rollen und Interessen. Zugleich kann sie helfen, familiäre Konflikte zu entschärfen oder gar nicht erst entstehen zu lassen. Durch festgelegte Entscheidungsprozesse, unabhängige Organe und eine sorgfältig formulierte Satzung wird der emotionale Einfluss auf wirtschaftliche Entscheidungen begrenzt. Das entlastet nicht nur die Familie, sondern sichert auch die Stabilität des Unternehmens. Besonders in Familien mit mehreren Linien, komplexen Beteiligungsverhältnissen oder divergierenden Vorstellungen über die Zukunft der Firma entfaltet die Stiftung ihr ganzes Potenzial.

Steuerlich attraktiv – aber komplex

Ein oft genannter Vorteil der Familienstiftung ist ihre steuerliche Behandlung. Tatsächlich bietet das deutsche Steuerrecht in bestimmten Konstellationen erhebliche Gestaltungsspielräume. Doch der vermeintliche steuerliche „Segen“ ist kein Automatismus. Die steuerliche Begünstigung hängt maßgeblich von der konkreten Ausgestaltung ab und kann durch ungenaue Formulierungen oder unpassende Konstruktionen ins Gegenteil umschlagen. Zwar unterliegt eine Familienstiftung grundsätzlich der Körperschaftsteuer. Die Besteuerung erfolgt jedoch unabhängig von natürlichen Personen, was insbesondere bei der Erbschaft- und Schenkungsteuer erhebliche Vorteile bringen kann. Besonders relevant ist dabei die sogenannte Erbersatzsteuer, die alle dreißig Jahre auf das in der Stiftung gebundene Vermögen erhoben wird. Diese Regelung führt zu einer langfristigen Planbarkeit der Steuerlast – ein Vorteil, der insbesondere bei sehr großen Vermögen ins Gewicht fällt.

Das Prinzip der Familienstiftung

Zumal die Wirtschaftlichkeit der Vermögensverwaltung über eine Familienstiftung sogar noch durch bestimmte Steuervorteile erhöht wird. Auf Erträge innerhalb der Vermögensverwaltung der Stiftung fallen 15% Körperschaftssteuer an, die Zuwendungen an die Begünstigten unterliegen der Kapitalertragssteuer, die mit 25% abgegolten werden – im Gegensatz zur persönlichen Einkommensbesteuerung, die bis zu 45% betragen kann). Die Stiftung ermöglicht durch ihre besondere Rechtsstellung eine steuerschonende Ertrags- und Ausschüttungspraxis, sodass das Vermögen durch das Prinzip der Familienstiftung erheblich gestärkt wird.

Gleichzeitig ist jedoch Vorsicht geboten: Die Abzugsfähigkeit von Aufwendungen, die Behandlung von Zuwendungen an Destinatäre, die Gestaltung des Stiftungszwecks oder die Nutzung von gemeinnützigen Elementen erfordern ein hohes Maß an Fachwissen. Auch im internationalen Kontext, etwa bei Wohnsitzen im Ausland oder bei Unternehmensbeteiligungen jenseits deutscher Grenzen, wird es schnell komplex. Wer hier nicht auf exzellente Beratung setzt, riskiert nicht nur steuerliche Nachteile, sondern auch eine langfristige Fehlsteuerung der Stiftung selbst.

Familienstrategie first: Warum Stiftungszweck und -satzung zum kritischen Erfolgsfaktor werden

Eine Stiftung ist immer nur so gut wie das, was in ihrer Satzung steht. Diese Einsicht gehört zu den wichtigsten Lektionen für Unternehmer, die sich mit dem Thema zum ersten Mal ernsthaft befassen. Die Satzung einer Familienstiftung legt nicht nur die formalen Strukturen fest, sondern ist das zentrale Dokument, das die Philosophie, Ziele und Kontrollmechanismen der Stiftung auf Jahrzehnte hinaus bestimmt. Sie muss widerspruchsfrei formuliert, rechtlich unangreifbar und zugleich flexibel genug sein, um zukünftigen Entwicklungen gerecht zu werden.

Der Stiftungszweck fungiert dabei als Kompass. Er gibt vor, wozu die Stiftung dient – sei es die Förderung der Familie, die Unterstützung gemeinnütziger Anliegen oder der Erhalt eines Unternehmens. In der Praxis zeigt sich immer wieder: Stiftungen mit einem unscharfen, vagen oder zu eng gefassten Zweck geraten schneller in Schwierigkeiten als solche, deren Zweck mit klarem Blick auf Zukunft und Wandel formuliert wurde. Entscheidend ist auch die Definition der Destinatärskreise, also der begünstigten Personen, sowie die Regelungen zur Mittelverwendung.

Satzung als Rückgrat der Stiftung

Ein anschauliches Beispiel: Zwei Unternehmer errichten jeweils eine Familienstiftung mit gleichem Vermögen und vergleichbarem Beteiligungsmodell. Der eine legt in der Satzung einen breiten Stiftungszweck mit integrierter Nachfolgeregelung, unabhängiger Kontrollinstanz und anpassungsfähiger Governance fest. Der andere verzichtet auf solche Vorkehrungen. Nach wenigen Jahren zeigt sich der Unterschied: Während die eine Stiftung stabil wächst, effizient agiert und Konflikte moderieren kann, gerät die andere in interne Auseinandersetzungen, Entscheidungslähmung und steuerliche Unklarheit. Die Satzung ist das Rückgrat der Stiftung und ein Spiegel der unternehmerischen Weitsicht.

Stiftungsexperten Handbuch 2025

Zusammengefasst

Die Familienstiftung ist kein Selbstzweck und kein starres Konstrukt. Sie ist ein Instrument, das dem Denken in Generationen entspricht, dem Schutz vor Zersplitterung dient und unternehmerische Werte bewahren hilft. Sie ersetzt keine familiäre Bindung, aber sie schafft ein verbindliches Regelwerk, in dem Verantwortung, Vermögen und Zukunftssicherung auf neue Weise zusammengedacht werden. Gerade in Zeiten wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Unsicherheit ist sie ein Modell, das Stabilität, Kontinuität und Gestaltungsfreiheit miteinander verbindet. Unternehmer, die bereit sind, rechtzeitig über den Tag hinaus zu denken, finden in der Familienstiftung ein wirkungsvolles Werkzeug mit klarem strategischem Mehrwert.