Wie sind die alten Stiftungen eigentlich so alt geworden? Vor allem, indem sie ihr Stiftungsvermögen in Sachwerte angelegt hatten, und die Immobilie spielte hierbei eine herausragende Rolle. Denn die großen Zäsuren wie etwa die Zwangsenteignungen von Stiftungen im Zuge der beiden Weltkriege konnte durch Anlagen in Immobilien, Weinbergen oder Sozialimmobilien begegnet werden. In Folge Nummer 1 von PUNKTGENAU, dem neuen Knowhow-Format von Stifter-TV, drehte sich alles um genau die Immobilie und ihre Rolle im Stiftungsvermögen. Wir blicken zurück.
PUNKTGENAU startete mit Folge 1 um Punkt 9Uhr30 am 10ten Februar, und direkt ging Moderatorin Melanie Bergner in medias res, wie es so schön heißt. Für Stiftungen ist es schon eine Gewissheit, dass die Immobilie ins Stiftungsvermögen, aber die Frage fängt ja schon bei der Immobilie selbst an, gefolgt von jener na dem Vehikel und der Gewichtung von Immobilieninvestments in der Asset Allocation. Bei angelsächsischen Stiftungen steigt der Immobilienanteil, je größer eine Stiftung ist, so zeigen es jedenfalls Studien, in der Spitze liegt dieser bei 20 bis 25%. Deutsche Stiftungen investieren durchaus auch mal gänzlich in Immobilien, wie etwa die Körber Stiftung, oder aber sie packen Immobilien selbstverständlich ins Depot. Bei der großen Masse der deutschen Stiftungen ist das Bild jedoch ein anderes.
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DIE IMMOBILIE UND DAS DIVERSIFIKATIONSGEBOT
Entsprechend muss hier vorne angesetzt werden, bei der Frage, welche Immobilie es denn sein darf – immer davon ausgehend, dass eine Stiftung eine Immobilienquote aufbauen möchte. Genau daran arbeitete sich das Programm von PUNKTGENAU ab. Zuerst brachte Philipp Bunnenberg vom Bundesverband Alternative Investments etwas Licht ins Dunkel der Arten von Immobilieninvestments, für Stiftungen ist es ja gerade entscheidend, nicht nur auf ein Pferd zu setzen, um auch für die Immobilienquote an sich dem Diversifikationsgebot zu folgen. Und das relativiert dann auch durchaus mal das bewährte Lage, Lage, Lage als die drei Kern-Kriterien zur Auswahl einer Immobilie.
WIE DIE ZEIT-STIFTUNG IN IMMOBILIEN ANLEGT
Was aus Stiftungssicht ein passender Weg sein kann, das beschrieb bei PUNJTGENAU auch Michael Berndt, der Finanzchef der ZEIT-Stiftung. Für ihn ist die Immobilie fester Bestandteil der Asset Allocation, der Zugang geschieht direkt und indirekt. Direkt heißt, die ZEIT-Stiftung hält selbst Immobilien, indirekt bedeutet, es werden Fonds für bestimmte Segmente genutzt. Das Entscheidende ist für Berndt, in der kurzen Frist so sachgerecht wie möglich ein Immobilieninvestment zu prüfen, damit die Stiftung in der langen Frist investiert bleiben kann. Der indirekte Weg der ZEIT-Stiftung sind übrigens Fonds, genauer: Spezialfonds.
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EINE DISKUSSION RUND UM DIE ROLLE DER IMMOBILIE IM STIFTUNGSVERMÖGEN
Womit Michael Berndt die Brücke baute für eine Diskussion um die Immobilie und ihre Rolle im Stiftungsvermögen. Die Diskutanten des Panels waren Vertreter von Fondsanbietern, die Immobilieninvestment in Form von Fonds anbieten, wobei die drei Ansätze sich gänzlich unterschieden. Degroof Petercam Asset Management brachte das Thema REITs mit in das PUNKTGENAU-Panel, womit die Bestandshalter der Bestandshalter gemeint sind. Die Stiftungseignung speist sich hier aus den hohen Dividenden, die an die REIT-Aktionäre ausgezahlt werden, erläuterte Thomas Meyer. REITs haben auch den Vorteil, dass sie ein diversifiziertes Immobilieninvestment ermöglichen, das zudem relativ einfach auch in einen ESG-Kontext gesetzt werden kann.
REITS BRINGEN VIEL STIFTUNGSEIGNUNG MIT
Ein kleines Aber kam in der Diskussion auch auf den Tisch: Ein REIT ist eine Aktie, Aktien schwanken und das muss eine Stiftung abkönnen. Langfristig jedoch würden die Vorzüge der Immobilie bei einem REIT-Investment überwiegen, weshalb nicht umsonst viele Stiftungen außerhalb Deutschlands wie selbstverständlich in REITs bzw. börsennotierte Immobilienaktien investieren. Hierzulande sind REITs noch nicht richtig angekommen, aber beim Blick auf die ordentlichen Erträge könnte sich dies künftig rasch ändern. Franklin Templeton wiederum bracht einen Fonds für soziale Infrastruktur mit in die Gesprächsrunde. Soziale Infrastruktur, führte Gaston Brandes aus, das sind Krankenhäuser, Gesundheitszentren oder auch Jobcenter, und aus Stiftungssicht sind solche Liegenschaften fast schon logische Investments.
VIDEOTIPP:
Die komplette Abschlussdiskussion in Folge 1 von PUNKTGENAU haben wir hier für Sie hinterlegt.
01:20: Warum gehört die Immobilie ins Stiftungsvermögen
05:10: Soziale Infrastruktur bzw. soziale Immobilie als stiftungsgeeignetes Investment
10:15: REITs, was Stiftungen hier wissen müssen
17:25: Wie finde ich einen guten Immobilienmanager, die Besten der Besten finden
20:55: Wie viel ordentlicher Ertrag liefern Sozialimmobilien, REITs und die Besten der Besten
31:20: Die stärksten Argumente, als Stiftung Immobilieninvestments über Fonds zu machen
40:01: Welche Informationen bekomme ich als Stiftung von den Anbietern
49:20: Der Themenkomplex ESG, wie wird Stiftungen dies transparent gemacht
WAS STIFTUNGEN AN SOZIALIMMOBILIEN SCHÄTZEN DÜRFTEN
Wichtig ist bei Sozialimmobilien, dass der langfristige Anlagehorizont im Fokus steht, aber genau einen solchen bringen Stiftungen mit. Sozialimmobilien könnten sich auch als resilienter in Krisen zeigen als andere Immobilienarten erweisen, was ein weiteres gewichtiges Argument pro Sozialimmobilie im Stiftungsvermögen ist. In der Diskussion kam zudem auch heraus, dass sich die Ausschüttung in den kommenden Jahren weiter auf 3 bis 4% pro Jahr aufbauen wird, vielleicht sogar einen Schnaps mehr, und dass damit der wichtigste Parameter für eine Anlage aus Stiftungssicht gegeben ist. Das kann für Stiftungen ein wichtiger Punkt sein, denn dort wo andere Fonds (Stiftungsfonds) an Ausschüttungsgüte einbüßen, braucht es Fondsbausteine, die genau das Gegenteil davon tun.
INVESTIEREN IN DIE BESTEN DER BESTEN
Einen letzten Aspekt brachte Jens-Dirk Meyer von Helaba Invest in die Runde ein. Nämlich jenen, dass es sinnvoll sein kann, die besten der besten Immobilienmanager in einen Korb zu packen und in diesen dann als Stiftung zu investieren. Es kann ja in den Stiftungsgremien das Problem auftreten, dass man selber nicht in der Lage ist, vier fünf Immobilienmanager zu selektieren bzw. deren Leistung einschätzen zu können. Dann kann die Stunde eines Dachfonds schlagen, der den Vorteil mit sich bringt, eben in die besten Immobilienmanager zu investieren und die Prüfung deren Expertise wiederum dem Dachfondselektor zu überlassen. Solch ein Ansatz hat den Charme, sich sehr viel Immobilien-Knowhow in einer Lösung „einkaufen“ zu können. Aus Gründen der buchhalterischen Sparsamkeit kann hier für Stiftungen ein Match entstehen.
ZUSAMMENGEFASST
Folge 1 von PUNKTGENAU, dem neuen Knowhow-Format von Stifter-TV, nahm sich den Anlagedruck vieler Stiftungen zum Anlass, um direkt mal den Blick über den Tellerrand schweifen zu lassen. Thema war die Immobilie und ihre Rolle im Stiftungsvermögen, die eine vielfältige sein kann. Lernen konnten Stiftungen, dass ein Immobilienmix über Fonds relativ gut ins Stiftungsvermögen integriert werden kann, vor allem aber gibt es Immobilienfonds bzw. Fonds für verschiedene Immobilieninvestments, denen eine Stiftungseignung – abgeleitet aus den Anforderungen von Stiftungen an ein Immobilienfonds-Investment – attestiert werden kann. Womit Immobilien perfekt zu einer Stiftung passen, ist die Notwendigkeit, einen langfristigen Anlagehorizont mitzubringen. Aber genau von diesem langen Atem haben Stiftungen in der Regel und ihrer DNA nach sehr viel.
Ein Hinweis sei uns noch erlaubt: PUNKTGENAU, das neue Knowhow-Format von Stifter-TV, wird fortgesetzt. Die nächsten geplanten Themen sind u.a. die Stiftungsrechtsnovelle, digitales Fundraising, Storytelling von Stiftungen und Nachhaltigkeit im Stiftungsvermögen.