„Der Stiftungsfonds Westfalen hat aus unserer Sicht ausschließlich positive Effekte gebracht“

Warum Stiftungen mit eigenen Fonds mehrere Herausforderungen adressieren können

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Die Anlage des Stiftungsvermögens stellt die Verantwortlichen vor hohe Herausforderungen. Zunehmender Beliebtheit erfreut sich die Strategie, einen eigenen Stiftungsfonds zu initiieren. Denn das eröffnet eine Reihe von Vorteilen (siehe auch Info-Box). Der Stiftungsfonds Westfalen wurde bereits vor mehr als 10 Jahren aufgelegt.

Das Sondervermögen wurde für zwei Stiftungen konzipiert, denn er geht auf das Engagement der Günter + Rita Rudloff und der Dr. Hans-Joachim + Christa Strothmann – Stiftung zurück. Beide erhielten 2007 Vermögen jeweils im unteren zweistelligen Millionenbereich – und zwar so, wie es die Stifter hinterlassen hatten. Angesichts der aufkommenden Finanzkrise entschieden sich die Verantwortlichen, namhafte Teile des Vermögens gewissermaßen in eigener Obhut zu investieren. Gemeinsam mit der Kroos Vermögensverwaltung AG (Münster) wurde der Stiftungsfonds Westfalen (WKN A0RA4R) im November 2008 aufgelegt: Die höhere Ertragskontinuität von Rentenanlagen sollte mit dem Wachstumspotential von Aktien sowie der Sicherheit von Immobilienanlagen kombiniert werden. „Die Konstruktion hat sich außerordentlich gut bewährt, wir würden es jederzeit wieder machen“ befindet Ute Kolbow. Die vereidigte Buchprüferin, Steuerberaterin und Stiftungsmanagerin (ebs) ist in beiden Stiftungen ehrenamtlich im Vorstand aktiv. In den Anfängen 2007 habe man das Vermögen intern gemanagt. „In dieser Zeit wurden die Anlageentscheidungen vom Vorstand selbst getroffen; aber bereits in 2008 wurden wir mit der Finanzkrise konfrontiert, die uns die Schwierigkeit der Materie deutlich vor Augen führte. Das war der Zeitpunkt, Alternativen zu diskutieren.“

Banken haben seinerzeit zu hohe Mindestsummen aufgerufen

Das Stiftungsvermögen – übertragen aus Privatvermögen – zeigte seinerzeit noch keine klassische Charakteristik eines Stiftungsvermögens auf und erforderte großes Augenmerk. „Austausch mit anderen Stiftungen wäre bei vergleichbaren Fragestellungen vermutlich vielversprechend und hilfreich gewesen, unter den vorgenannten Voraussetzungen sahen wir uns jedoch in der Situation, einen eigenen Weg zu suchen und Erfahrungen im Umgang mit den vorliegenden Vermögenswerten zu sammeln. Im Vorfeld zur Entscheidung für die Auflage eines Stiftungsfonds haben wir fachlichen Austausch gesucht, Informationen von verschiedenen Bankinstituten eingeholt und Fachliteratur genutzt“ erinnert sich Kolbow.

Die Kroos Vermögensverwaltung AG stand relativ schnell als Partner fest. Man habe auch verschiedene Banken mit dem Anliegen einer Fondsauflage angefragt, zum damaligen Zeitpunkt seien die Angebote allerdings aus Kostengründen keine vertretbare Alternative gewesen. „Zudem haben die Banken damals sehr hohe Mindestsummen zur Auflegung eines eigenen Fonds aufgerufen.“ Die Stiftungsaufsicht musste nicht angefragt werden, denn in Nordrhein-Westfalen existiert eine Meldepflicht nur bei bestimmten Immobilienkäufen.

Nachdem die Entscheidung getroffen war, in Zusammenarbeit mit Kroos den Fonds auf der unabhängigen Plattform von Universal Investment aufzulegen, mussten Anlagerichtlinien formuliert werden. Diesen Prozess ging man gemeinsam an. Als ein wichtiges Ziel erachteten die Stiftungsverantwortlichen, dem Fondsmanager so viel Freiraum wie möglich einzuräumen, damit er tatsächlich auf Krisen reagieren kann. So war und ist es gestattet, bis zu 100% Liquidität zu halten, um während eines Crashs an der Seitenlinie stehen zu können, um zu gegebener Zeit zu verminderten Preisen einzusteigen. Die Aktienquote wurde damals auf 30% gedeckelt. „Zudem wollten wir den Fonds global aufstellen, weil die Märkte global sind“, so Kolbow.

Schwerpunkt Immobilien: Angepasste Strategie

Ein weiterer Schwerpunkt der Investments sollte im Immobilienbereich liegen. „Bei der Fondskonzeption hatten wir vorgesehen, neben den Anlagesegmenten Anleihen und Aktien diesen Bereich über Immobilienfonds abzudecken. Durch die Erfahrungen der Immobilienfondskrise sind wir zum Umdenken gezwungen worden“ sagt Fondsmanager Bernd Hashemian. Heute gewichtet er das Thema zum Beispiel durch Investments in Aktien großer deutschen Wohnbauunternehmen und durch Anleiheinvestments im Immobiliensektor. Diese Strategie wurde in den vergangenen Wochen ganz aktuell weiterverfolgt. „Aktuell nutzen wir die durch den Berliner Mietpreisdeckel ausgelösten Verunsicherung bei den Immobilienaktien, um antizyklisch unsere Positionen auszubauen“ sagte Bernd Hashemian. „Daneben bauen wir unser Portfolio an Direktimmobilien stetig aus“ ergänzt Kolbow. Die Anlagerichtlinien werden kontinuierlich fortgeschrieben, angesichts der andauernden Niedrigzinsphase wurde im vergangenen Jahr die erlaubte Aktienquote auf 50% erhöht.

Die Stiftungen verfügen über eine ausgefeilte Anlagestrategie, dennoch ging der Aufwand deutlich zurück. „Zu Beginn war eine fast tägliche Überwachung der Kurse der vielen einzelnen Wertpiere erforderlich, begleitet von laufenden Telefonaten mit den verschiedenen Banken, natürlich auch bedingt durch die Besonderheit des Jahres 2008“ erinnert sich Kolbow mit Schrecken zurück. Im ersten Jahr der Fondsauflegung sei der fachliche Austausch mit der Kroos Vermögensverwaltung AG noch in vergleichsweise kurzen Zeitabständen notwendig gewesen, um die Vorstellungen der Stiftungen von der Umsetzung der Anlagerichtlinien zu diskutieren. Heute habe man einen Punkt der Zusammenarbeit erreicht, der es erlaubt, ein eher geringes Zeitkontingent einzuplanen. Bei Bedarf können täglich aktuelle Informationen zu den Fonds abgerufen werden, bis hin zur genauen Zusammensetzung der Einzelpapiere. „Diese Möglichkeit bietet unseres Wissens so kein Fonds anderer Anbieter im Rahmen der üblichen Vermögensverwaltung,“ betont Kolbow. Mittendrin statt nur dabei, könnte man sagen, und das gilt auch für die Auswahl möglicher Investments. Im Anlageausschuss sind Stiftungsvertreter in die Entscheidungsfindung einbezogen, Vertreter weiterer Investoren im Fonds kommen ebenfalls zu Wort.

Eigener Stiftungsfonds entlastet die Ehrenamtlichen

Die Anlage des Wertpapiervermögens in Fonds entlastet den Vorstand einer Stiftung also deutlich. Bei deren Auswahl muss allerdings sehr genau geprüft werden, welche Kosten der Fonds verursacht und welche Anlagerichtlinien zu Grunde liegen, um das Risiko einschätzen zu können. „Wir haben durch unseren eigenen Fonds hier natürlich wesentlichen Einfluss nehmen können.“ Das bedeutet aber nicht, dass die Investition risikoarm wäre, nur weil „Stiftungsfonds“ auf dem Etikett steht, betont Hashemian.

Zusammengefasst

„Für uns war die Entscheidung, die wir vor 10 Jahren getroffen haben, die absolut richtige. Heute würden wir sicher die geschlossenen Immobilienfonds von Anfang an niedriger gewichten, aber sonst hat der Fonds aus unserer Sicht nur positive Effekte gebracht. Unser Zeitaufwand wurde deutlich reduziert, trotzdem behalten wir den Blick in den Fonds hinein auf die Einzelpapiere.“ So sagen es die initiierenden Stiftungen, und sicherlich dürften sie mit dieser Einschätzung absolut den Zeitgeist treffen. Das zeigen auch weitere Beispiele, auch dort wurde die Herausforderung bei den Hörnern gepackt.

Vorteile eines eigenen Stiftungsfonds:

Die Kosten
lassen sich attraktiv verhandeln. Zudem werden die Fondskosten wie Managementgebühr, Verwahrstellenkosten etc. nicht zur Verwaltungskostenquote der Stiftung gerechnet – im Gegensatz zu den offen ausgewiesenen Vermögensverwaltungsgebühren der Depotbanken.

Geringe Verwaltungskosten
wiederum sind bei der Akquise von Spenden oder Zustiftungen ein wichtiges Argument und großer Vorteil: Geber achten sehr darauf, dass ihre Gelder dem versprochenen Zweck möglichst ungeschmälert zukommen.

Homogene Anlegerschaft:
Die aktuelle Gesetzgebung sieht vor, dass Tranchen oder ganze Fonds ausschließlich steuerbefreiten Anlegern vorbehalten sein können. Dabei handelt es sich praktisch immer um langfristig denkende Investoren, die nicht mit zittrigen Händen kurzfristig aussteigen, wenn das Umfeld mal etwas rauher wird.

Information und Mitbestimmung
stellen die vielleicht wichtigsten Pluspunkte dar. Nicht nur bei den Investitionsentscheidungen, sondern auch bei Ausschüttungen und der Implementierung von Nachhaltigkeitskriterien können Stiftungen direkt mitreden und Einfluss nehmen.