Immobil meets ewig

Wie Stiftungen einen Zugang zu Immobilieninvestments finden

13446
Immobil meets ewig
Lesezeit: 6 Minuten

Wie sehen eigentlich die Überlebensstrategien von älteren Stiftungen aus und was kann ich heute davon lernen. Diese Frage treibt viele Stiftungen heute um, mit zwei interessanten Erkenntnissen: Diejenigen Stiftungen, die schon lange leben, sind so alt geworden, weil sie vor allem Immobiles gemischt mit Aktien gehalten haben. Und Anleihen waren ob der Zäsuren selten ein Vehikel für die Ewigkeit. Das gibt zu denken.

Immobilien gehören in ein Stiftungsportfolio, genauso wie dort Anleihen und Aktien hineingehören. Geht es bei einer Anlageklasse mal schief, wie während und nach den beiden Weltkriegen bei Anleihen, der hat immer noch zwei Standbeine. Derjenige jedoch, der sich vollends der Anleihe verschrieben hatte, wurde eines Besseren belehrt. Auch heute kann es ein Fehler sein, sich ausschließlich mit Staatsanleihen zu befassen. Einmal sind die Renditen dort mittlerweile im Negativen angelangt, zum andere weiß keiner, wohin das noch gehen kann. Denn wir alle wissen, dass solche Systeme extrem zäh sein können, und höhere Zinsen können wir uns schlichtweg nicht leisten. Dann platzen Staatshaushalte wie Luftballons und wir haben auf Jahre hinaus eine Rezession, weil alle dem süßen Gift der niedrigen Zinsen nicht entsagen können. Für Stiftungen besteht das Problem darin, dass ihr Durchschnittszins sukzessive weiter sinkt und sie sich nach Alternativen umschauen müssen. Diese jedoch passen so gar nicht in das bisherige Anforderungsprofil.

TIPP: In unserer #stiftungenstärken-Video-Kolumne haben wir uns mit dem Fonds-Portfolio einer Stiftung beschäftigt und was dort alles drin sein sollte. Film ab!

PODCAST
„Immobil meets ewig“

HOMOGENE ANLEGERSCHAFT WICHTIG FÜR STIFTUNGEN

Sei’s drum, es muss etwas passieren, weshalb Immobilieninvestments schnell wieder auf den Radar kommen könnten. Zwar gab es viele Probleme mit Immobilienfonds, offenen wie geschlossenen, aber man muss der Branche einfach attestieren, dass sie gelernt hat, die Zeiten der Agio-Partys sind auf jeden Fall vorbei. Und unendlich viele Lösungen, die es durch eine kritische Stiftungsprüfung schaffen, gibt es andererseits auch nicht mehr. Stiftungen sollten bei einem Immobilienfonds sehr stark darauf achten, dass die Immobilien im Fonds auch tatsächlich jene Renditen liefern können, aus denen dann die Ausschüttungen fließen, und sie sollten nach der Homogenität der Anlegerschaft fragen. In der Regel gehen Fondsanbieter heute sehr transparent mit den Liegenschaften um, legen diese dar, zeigen, was für Mietverträge existieren und was passiert, wenn diese einmal auslaufen. Auch zur Immobilie selbst, in welchem Zustand diese ist bzw. ob sie vielleicht sogar neusten Energiestandards entspricht und wie sich die Mieterstruktur en detail zusammensetzt, ist der Fondsanbieter häufig recht lieferfähig. Bei der Anlegerschaft ist es schon schwieriger, Transparenz zu bekommen, aber das ist für Stiftungen wichtig.

KENNZEICHEN EINES STIFTUNGSGEEIGNETEN IMMOBILIENFONDS

Wenn ein Fonds nur deshalb mehrere hundert Millionen Euro groß ist, weil er zwei institutionelle Anleger oder gar Dachfonds gewinnen konnte, ist es für Stiftungen die Zeit, die Ohren zu spitzen. Denn ziehen diese Anleger ihr Geld ab, weil sie es woanders allokieren, wird es schnell eng für die verbleibenden Anleger. Anteilsrücknahmen müssen dann durchaus auch mal mit Immobilienverkäufen finanziert werden. Wo das hinführen kann, haben Anleger, auch Stiftungen, schmerzhaft ab 2007 erfahren, denn immobil und liquide gehen dann schnell getrennte Wege. Ein stiftungsgeeigneter Immobilienfonds sollte also ein nachvollziehbares Anlageuniversum bespielen, bei den Immobilien aus nachhaltigen Überlegungen heraus einen Mix an eher modernen Immobilien setzen, Stiftungen als Anlegergruppe adressieren und das Immobilienportfolio mit Bedacht und Sorgfältigkeit, vor allem aber mit viel unterlegtem Eigenkapital zusammenstellen. Ein mindestens quartalsweises Reporting sowie eine den Stiftungsverantwortlichen einmal im Jahr zur Verfügung gestellte Immobilienübersicht samt Nennung der Leistungsdaten der Liegenschaft sollten zudem obligatorisch sein. Immerhin wollen Stiftungen nicht nur wissen, in was sie investieren, sie müssen es sogar.

STIFTUNG UND REITS? EIN MSYTERIUM!

Drei Immobilienfonds bzw. immobilien-nahe Fonds, die diesem Gerüst nahekommen und die wir für die FondsFibel für Stiftungen & NPOs auf ihre Stiftungseignung hin untersucht haben, sind der Greater Munich Real Estate Fund, der KCD Nachhaltig Immobilien Deutschland sowie der Savills IM REIT Income Fund. Bei letzterem kommt die Immobilie zwar nicht im Namen vor, dafür ist der Fonds praktisch der Bestandshalter von eben Immobilienbestandshaltern, den so genannten REITs. Im Fonds wird also eine langfristige Anlageperspektive verfolgt, Spekulation mithin vermieden. Für Stiftung ist dies wichtig, denn ihnen obliegt das Spekulationsverbot, entsprechend müssen auf Portfolio- und auf Fondsebene spekulative Aspekte vermieden werden. REITs wiederum halten Immobilien breit gestreut und schütten ihre Erträge zu weiten Teilen an ihre Anleger aus, eine Steuerregelung macht dies möglich.

In solchen REITs werden häufig sehr moderne Immobilien oder Quartierseinheiten gehalten, die modernsten Kriterien nachhaltigen Immobilienbaus entsprechen. Die ESG-Scores sind hier in der Regel recht gut. Zwar erwerben Stiftungen hier einen Aktienbaustein, aber eben einen, der für ein hohes und stabiles Ausschüttungsniveau steht und für eine mit dem Aktienmarkt teilweise recht unkorrelierte Wertentwicklung. Warum hiesige Stiftungen so wenig auf REITs setzen, bleibt ein Mysterium, eine schlüssige Erklärung gibt es unter langfristigen Gesichtspunkten eigentlich nicht. In Großbritannien, den Niederlanden oder Schweden gehören REITs zu den Basics bei der Kapitalanlage von Stiftungen. Wichtig zum Fonds zu wissen ist auch, dass Fondsmanager Thomas Körfgen einer der profundesten deutschen Kenner der internationalen Immobilienlandschaft ist und mit bodenständiger Sorgfalt das Portfolio managt.

IMMOBILIEN IM UMLAND MÜNCHEN

Beim Greater Munich Real Estate Fund handelt es sich um einen klassischen offenen Immobilienfonds, und ein wenig handelt es sich um die Fortschreibung oder Teil 2 einer absoluten Erfolgsgeschichte bei den Immobilienfonds. Mit dem Catella Max wurde ein Immobilienfonds nur für München aufgelegt, die Prosperität und das Profil als Schwarmstadt machten die Stadt München zu einem Hot Spot für Immobilieninvestoren – mit positiven Folgen für Investoren im Catella Max. Der Greater Munich Real Estate Fund widmet sich nun dem Speckgürtel der Stadt, es werden also Immobilien um München herum für den Fonds selektiert.

Die Idee dahinter leuchtet ein: Dort wo Potentiale in der Stadt schon recht gut ausgeschöpft sind, kann die Dynamik auf das Umland Münchens überschwappen. Die Preise werden ob dieses säkulären Trends anziehen, und da auch die Nachfrage nach Wohn- und Geschäftsraum anziehen wird, sind auch steigende Mieten machbar. München boomt, und das weiß und versteht jeder. Da diese Immobilien sehr gut zu greifen sind, ist das Investments bei Stiftungsorganen gut vermittelbar. Dazu wird eine Ausschüttung von 4% angestrebt und sind die Kosten als fair zu bezeichnen. Es macht für Stiftungen in einem ersten Schritt viel mehr Sinn, einen Fonds mit einem engen regionalen Fokus zu erwerben als ein weltweites Portfolio, zumal der Fonds an sich ja über die einzelnen Immobilien auch schon breit streut.

DEUTSCHES BETONGOLD, MIT NACHHALTIGKEITS-ANALYSE

Beim KCD Catella Nachhaltigkeit Immobilien Deutschland wiederum ist der Name ebenfalls Programm, als Anleger werden explizit auch Stiftungen adressiert. Zu den vom Fonds erworbenen Immobilien baut man als Anleger vermutlich ebenfalls rasch einen Bezug auf, da diese in Deutschland domiziliert sind. Drei Kriterien sind bei der Immobilienauswahl entscheidend: die Geografie, der Nutzen und die Nachhaltigkeit. Beim ersten Kriterium geht es darum zu prüfen, dass die Immobilie einen Standort hat, dessen Kaufkraftprojektion für die Zukunft demografisch getrieben positiv ist. Sprich, es müssen Städte sein, in denen künftig Prosperität absehbar ist. Entsprechend schlüssig ist es, dass die ersten sechs Immobilien beispielsweise in Frankfurt, Köln und München gekauft wurden. Beim Kriterium Nutzen steht im Vordergrund, dass ein Mix an Immobilien erworben wird, also Wohn- etwa mit Pflege- und Büroimmobilien gemischt werden – die auch mit einem relativ hohen Eigenkapitalanteil erworben werden. Aktuell liegt die Fremdfinanzierungsquote bei knapp 29%.

Schließlich wird die Nachhaltigkeit der Objekte zum Auswahlkriterium gemacht. Spannend ist hier, dass auch Nachprüfungen zur Nachhaltigkeit angestellt werden, also Verbesserungen bei nachhaltigen Kriterien erfasst werden. Für ein Frankfurter Objekt wurden jüngst beispielsweise die Umstellung auf Ökostrom sowie CO²-neutrales Gas, die geringere Fluktuation und Abbau des Leerstandes sowie die Implementierung von Green Lease Mietverträgen festgestellt, was das Nachhaltigkeitsrating erhöht hat. Solch ein Prozess bzw. auch das Sichtbarmachen dessen ist nicht selbstverständlich. Stiftungen können diesen Baustein als Teil ihrer Nachhaltigkeitsstrategie betrachten, oder als Immobilienbaustein, auf jeden Fall macht es sie handlungsfähig den Immobilienteil ihres Stiftungsvermögens betreffend.

Checkliste – Darauf sollten Stiftungen bei Immobilienfonds schauen

  1. Was ist das Ausschüttungsziel und wie ist die Ausschüttungspolitik angelegt. Ausschüttungsziele von 3 oder 4% sind heute immer noch machbar, alles darüber ist mit Unsicherheiten behaftet, die sich Stiftungen nicht „einkaufen“ sollten.
  2. Werden Stiftungen von Anfang an als Zielgruppe adressiert. Schon bei der Auflage des Fonds sollten Stiftungen klar adressiert werden, bzw. deren Bedürfnisse. Dazu gehört ebenjener Fokus auf Ausschüttungen und ein tiefes Reporting.
  3. Kaufen Sie den Fonds ohne Agio. Immobilienfonds, egal ob REIT-Fonds, Spezial AIF oder normaler offener Immobilienfonds sollten ohne Ausgabeaufschlag oder Agio erwerbbar sein durch eine Stiftung, ggf. durch Vorlage der NV-Bescheinigung.
  4. Bei REIT-Fonds sollten Stiftungen schauen, ob die Ausschüttungen tatsächlich konsistent erfolgten, der Fonds als wirklich 4 oder gar 5% p.a. auszuschütten in der Lage war. Ebenfalls sollte ein breiter Mix an REITs im Fonds enthalten sein, so dass keine Abhängigkeit von nur einer Nutzungsart besteht. Gleiches gilt für offene Immobilienfonds oder Spezialfonds, hier sollten mehrere Liegenschaften zur Ausschüttung beitragen. Stiftungen sollten das Diversifikationsgebot auch in ihren Fondsanlagen zu obersten Prämisse erheben.
  5. Die Sache mit der gewerblichen Infizierung bei geschlossenen Fonds. Stiftungen sollten Fonds meiden, die Erträge produzieren die gewerblich infiziert sind. Diese werden als Gewerbeerträge ausgewiesen und eben nicht als Erträge aus Vermögensverwaltung bzw. Vermietung und Verpachtung. Häufig sind hier auch nur eine oder wenige Immobilien enthalten, was dem Diversifikationsgebot auf Produktebene ggf. entgegen steht.

ZUSAMMENGEFASST

Die Gemengelage in der Kapitalanlage einer Stiftung ist speziell. Anleihen liefern nicht mehr das was Stiftungen brauchen, gegenüber Aktien bestehen typisch deutsche, gewachsene Ressentiments, und bei Immobilien zieht man sich immer darauf zurück, solch ein Investment nicht so recht greifen zu können – obwohl Gemauertes hier die besten Anknüpfungspunkte liefert. Stiftungsgeeignete Immobilienfonds vereinen ein paar Eigenschaften auf sich, gepaart mit der Fähigkeit, erklecklich auszuschütten. Natürlich gilt es, genau zu prüfen, aber sich solchen Fonds zu verwehren, dürfte von vielen Überlebensstrategien noch die schlechteste sein.

Vorheriger ArtikelZöpfe ab!
Nächster ArtikelDer Spender gibt die Richtung vor
Tobias Karow
ist Gründer und Geschäftsführer von stiftungsmarktplatz.eu und im Stiftungswesen in Deutschland, Österreich, der Schweiz und Liechtenstein seit 10 Jahren aktiv. Er ist Herausgeber der FondsFibel für Stiftungen & NPOs, dem führenden Nachschlagewerk für Stiftungsfonds und stiftungsgeeignete Fonds (www.fondsfibel.de), Vorträge hält er vor allem zum Thema ‚Stiftungen und ihr Weg in die digitale Welt‘. Für beide Themen betreibt er den Blog #stiftungenstärken.