Echte Fondshandwerker sind Virtuosen mit den Kapitalmarktwerkzeugen. Wir durften drei von diesen Fondshandwerkern kennen, in Hamburg, Düsseldorf, München. In diesen drei Städten machten die UI-IPE-Frühstücksseminare Station. Wir blicken zurück auf jeweils drei Vorträge, aus denen wir in jeder der drei Städte etwas anderes mitnahmen. Es mögen jeweils Nuancen gewesen sein, aus Stiftungssicht sind es entscheidende Faktoren in der Auswahl von stiftungsgeeigneten Fonds.
Es sind manchmal wenige Begriffe oder Worte, die direkt hängenbleiben bei einem Vortrag. Das soll ja auch genau so sein. Experten raten ja dazu, keine Nebelkerzen in einen Vortrag zu packen, sondern den einen oder anderen Leuchtturm. Das Wort Sustainamentals war so eines, das nach den UI-IPE-Frühstücksseminaren hängengeblieben ist. Es ist eine Mischung aus Sustainable und Fundamentals. Mitgebracht hatte den Begriff Paul Althans von Chom Capital. Er fußte seine Erläuterung des Ansatzes des Fonds Chom Capital Pure Small Caps Europe und brachte damit auf den Punkt, was den Fonds ausmacht. Er ist ein Small Cap-Fonds, dessen Einzelwerte einer eingehenden fundamentalen aber eben auch nachhaltigen Analyse unterzogen werden. Nachhaltig heißt im Falle von Chom Capital aber genau nicht, sich einfach nur irgendwelche Ratings irgendwoher kommen zu lassen. Die Nachhaltigkeitsanalyse ist hier echtes Handwerk.
VortragsTipp:
Unseren Vortrag im Rahmen der UI-IPE-Frühstücksseminar-Tour 2022 zur Frage, was die Börsen in den kommenden Monaten und Jahren bewegen dürfte und welche Rolle Resilienz im Stiftungsvermögen künftig spielen wird, finden Sie hier hinterlegt.
Holistische Analyse von Unternehmen
In dieser Analyse wird das Geschäftsmodell holistisch erfasst. Die Chom-DNA sieht vor, neben fundamentalen Fakten auch nachhaltige Aspekte von vorn herein bei einem Unternehmen zu analysieren. Die Nachhaltigkeitsanalyse kommt also nicht obendrauf oder wird drangeflanscht, sie ist essentieller Bestandteil in der Beschau eines Unternehmens und seines Tuns. Dass Small Capps dabei häufig kein ESG-Rating aufweisen, ist in den Augen von Paul Althans kein Problem. Denn Rating spiegeln selten die Realität wider, stattdessen müsse eine Unternehmensanalyse „Vergangenheit und Zukunft zusammenbringen“. Das können Rating gar nicht leisten. Noch dazu sind viele kleinere Firmen gar nicht in der Lage, ausreichend Material für ESG-Ratings liefern zu können. Dadurch fallen sie heute aus dem Blickwinkel vieler Investoren, obwohl sie nicht selten nachhaltigere Geschäftsmodelle aufweisen als die großen Konzerne. Wir lernen: Nachhaltigkeit kommt auf die Spur, wer handwerklich tief in Unternehmen einsteigt. Ein Ansatz den Chom Capital außerordentlich authentisch beherzigt.
Montreal calling
Authentisch, das ist auch das Wort, mit dem wir die Ausführungen von Jean-David Meloche bezeichnen würden. Er vertrat Montrusco Bolton, einen kanadischen Asset Manager, der auf das „kanadische“ auch aus guten Gründen stolz ist. Kanada sei ein wenig ab vom Schuss, dies täte aber der Ideengenese gut, wusste Meloche zu berichten. Ihm würden wir auch einen Gebrauchtwagen abkaufen, denn er könnten völlig unaufgeregt erläutern, was der Wagen hat, und was nicht. Der Portfoliomanager brachte aber auch eine klare Konzeptidee für das Management eines globalen Aktienfonds mit. Montrusco Bolton hat einen klaren Quality-Growth-Bias, möchte zudem verstehen, warum ein Unternehmen auf dieser oder jener Bewertung handelt und wie dessen Wertschöpfung aussieht.
TV-Tipp:
Mit der Abwägung zwischen Aktien und Rentenquoten im Stiftungsvermögen befassten wir uns auch beim 3. Virtuellen Tag für das Stiftungsvermögen. Die komplette Mediathek mit allen Videos thematisch sortiert finden Sie hier.
Qualitätswachstumsaktien mit dem gewissen Etwas
Wird Aufwärtspotential für die Bewertung erkannt, wird gekauft, gerne auch in Marktabschwüngen. Dabei sind es Titel, die pro Tag eine Mindestliquidität von 30 Mio. US-Dollar an handelbarem Börsenvolumen aufweisen. Man möchte reagieren können, wenn man reagieren muss. Spannend war auch zu hören, wie die Fondsmanager aus Montreal ihre Ideen intern „challengen“. Einfach nur eine Aktie zu kaufen, weil das Geschäft gerade brummt, das kommt nicht in Frage. Denn in den Managerrunden wird einer den Finger und ein Haar in der Suppe finden. Die in der Regel guten Aktienideen für den Fonds müssen also durch das interne Fegefeuer der Aktienprofis. Wir lernen: Einen reflektierteren Prozess bei der Auswahl von Einzelaktien haben wir noch kaum vorher so gesehen. Entsprechend gab es mit 2016 in den vergangenen 15 Jahren auch nur ein Jahr, in dem diese Selektion nicht funktionierte.
Emerging Markets müssen ein investierbares Bild zeichnen
Die dritte vorgestellte Fondsidee bei der diesjährigen UI-IPE-Frühstücksseminar-Tour war eine für die Emerging Markets. Genauer gesagt stellten die Fondsprofis des finnischen Asset Managers Aktia das Segment der Emerging Market-Anleihen im Detail vor. Spannend war hier zu sehen, wie die Aktia-Experten auf ihre Anlageideen in den Emerging Markets kommen. Wie sie Witterung aufnehmen bei interessanten Anleihen aus den verschiedenen Ländern. Aktia hat ein eigenes Country Selection Framework entwickelt. Hierin werden Daten aus den einzelnen Ländern zusammengetragen und dann interpretiert. Datenquellen sind solche von Analyseagenturen, aber auch eigenes Research sucht nach relevanten Datenpunkten. Für jeden Emerging Market entsteht daraus ein Bild, das entweder investierbar ist oder eben nicht.
Leitzins in den Emerging Markets schon weit vorgelaufen
Auf was schauen die Aktia-Fondsmanager vor allem? Sie analysieren „politische, wirtschaftliche und soziale Trends, sammeln hierzu Daten.“ Auch soll nachvollzogen werden, ob sich ein Land auf den Weg gemacht hat, die SDGs, also die Entwicklungsziele der Vereinten Nationen zu erreichen. Sieht das Fondsmanagement diesbezüglich Reformen, ist das ein gutes Signal. Stehen Wahlen an, die Dinge im Land in Richtung des Erreichens der SDGs auf den Weg bringen, wird dies goutiert. Auch wird eruiert, in welchem Zyklus vor allem der wirtschaftlichen Entwicklung sich ein Land befindet. Sehr aufschlussreich war ein Chart, den Aktia-Profi Kay Paulamäki mitbrachte. Der durchschnittliche Leitzins in den Emerging Markets nähert sich demnach der Markt von 7% und liegt damit weit höher als in den 2010er Jahren.
#FreitagsPodcast-Tipp:
Im Vorfeld der 2022er UI-IPE-Frühstpcksseminar-Tour sprachen wir im #FreitagsPodcast AHOI, NPO! mit Oliver Fischer von Universal Investment über das gute Fondshandwerk und warum es für Stiftungen so wichtig sein wird, auf dieses künftig zurückzugreifen.
Ideen für die nächsten 10, 15 Jahre
Abgeleitet daraus schlussfolgerte Paulamäki, dass der „größte Schluck aus der Zinspulle“ in den Emerging Markets bereits genommen sei. Zinspolitische Impulse sind auf Basis dessen im Gegensatz zu vielen Industrieländern bereits wieder möglich. Wir lernen: Der Blick über den Tellerrand lohnt sich, aus Stiftungssicht allemal. Denn dass die Welt eine Welt ohne Zins ist, ist eine Mär. Es gibt nach wie vor Zinsen, und das nicht zu knapp, nur eben nicht mehr unbedingt unmittelbar vor der Haustür. Da Emerging Markets zudem eher Hort künftiger Prosperität sein dürften, gibt es an ihnen in einer breit gestreuten, diversifizierten Portfolioallokation eigentlich kein Vorbeikommen. Insbesondere dann nicht, wenn der Anlagehorizont stimmt. Da die letzten 10, 12 Jahre für Emerging Market eher mau waren, könnte ein Blick für die nächsten 10, 15 Jahre durchaus lohnenswert sein.
Zusammengefasst
Wir haben bei der UI-IPE-Frühstücksseminar-Tour 2022 wieder Einiges an frischen Ideen für das Stiftungsvermögen mitgenommen. Vor allem aber jene, dass es in Zeiten wie diesen, in denen nichts mehr sicher und verlässlich zu sein scheint, der Wert des Handwerks unverhältnismäßig höher einzuschätzen ist als bisher. Gute Anlageergebnisse werden in den kommenden Jahren mehr denn je Ergebnis soliden Handwerks sein. Außerdem dürfte gutes Fondshandwerk die Selbermacher in den Schatten stellen. Drei dieser soliden Fondshandwerker durften wir kennenlernen. Wir lernen: Gutes (Fonds)handwerk hat im aktuellen Kontext Hochkonjunktur.