From Stiftungswebsite to Storywebsite

Wie Stiftungen sich aus der Storytelling-Falle befreien

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From Storytelling to Stiftungswebsite
Lesezeit: 3 Minuten

Es gibt sie, die Geschichten. So viel steht mal fest. Wenn Stiftungen eines haben, dann sind es gute Geschichten, und davon haben sie mehr als genug. Jedem, dem ich erzähle, dass es unzählige Museen in München ohne das Tun von Stiftungen nicht mehr geben würde, wird nachdenklich, wie das denn in seiner Stadt so vonstattengeht. Aber warum ist derlei so eine Überraschung? Sie kennen die Antwort, es ist die Sache vom Guten tun und dem drüber reden. Genau das machen Stiftungen zu wenig und zu selten. Aber es gibt Auswege.

Waren Sie schon mal auf der Stiftungswebsite der Stiftung Futur Zwei? Nein? Dann haben Sie was verpasst. Dort finden Sie eine auf den ersten Blick vielleicht etwas verspielte Anordnung von Einstiegen in Inhalte, eine megacoole Anmeldung zum Newsletter Flaschenpost – und Unmengen Geschichten des Gelingens. Geschichten des Gelingens, das ist des Pudels Kern, denn sind nicht alle Geschichten aus der Stiftungspraxis irgendwo Geschichten des Gelingens? Es kümmert sich eine Stiftung mit ihren in der Regel ehrenamtlichen Mitarbeitern darum, ein ausgemachtes Problem mit ganz unterschiedlichen Maßnahmen zu lösen. Da dies in der Regel auch gelingt, ist das Allermeiste in Stiftungen eine Geschichte des Gelingens.

STIFTUNGSWEBSITE ALS HUB FÜR GUTE GESCHICHTEN

Dummerweise finden zu wenige dieser Geschichten des Gelingens den Weg auf die Stiftungswebsite, und damit nach draußen an die frische Luft. Zu viele der Geschichten des Gelingens werden fast schon versteckt, werden schlecht bebildert, und noch schlechter erzählt. Stiftungen und ihre MitarbeiterInnen tun sich oftmals schwer damit, vielleicht auch weil die Themen, die sie bearbeiten, schwere Kost sind, oder aber weil sich vielerorts einfach kein optimistisches Bild einfangen lässt, das dann „draußen“ eine positive Assoziation oder eine positive Emotion weckt. Das ist sicher problematisch für viele Stiftungen, aber auch hier gilt es, mehr Mut zu haben. Gerade das Sichtbarmachen eines Problems lässt dessen Lösung umso heller strahlen.

ES BRAUCHT MEHR STORYTELLING-LEUCHTTÜRME

Solche Leuchttürme bräuchte es viel mehr, solche wie jene etwa von Handicap International, die mit ihren internationalen Minenräumungsprojekten ein sehr ernstes Thema besetzen und dazu aufklären, die aber gleichzeitig auch immer wieder über Erfolge und Fortschritte berichten können. Denn diese gibt es und machen das Leben der Menschen in Minen“versuchten“ Gebieten und Landstrichen sukzessive lebenswerter. Nicht zuletzt wird für das Problem immer wieder sensibilisiert, was wichtig ist, um die Awareness hochzuhalten. Wie schafft Handicap International das? Durch intensive Bild-, Sprach- und Öffentlichkeitsarbeit, hochfrequent und hochprofessionell. Exakt hiervon können Stiftungen etwas lernen.

EINE STORY OHNE BILDER IST KAUM EINE STORY

Es sind die Geschichten, die stark bebildert werden, die sich in den Köpfen der Menschen verankern. Eine Stiftungswebsite ist folglich mit starken Bildern zu versehen, sonst verfängt das Storytelling gar nicht. Eine Story ohne Bilder ist keine Story. Storytelling ist aber eben nicht nur das Bebildern, das Schaffen von Momenten die sich einprägen, es ist auch das kontinuierliche Frequentieren mit einer Botschaft. Die amerikanische Wahlforschung sagt, dass man einen Menschen eine Botschaft 17mal gesagt haben muss, also ihm persönlich, damit er erstmal davon genervt ist – es sie in diesem Moment aber auch das erste Mal wahrgenommen hat. Vor diesem Hintergrund relativieren sich der eine Post zur Neuigkeit oder die eine Pressemitteilung zum Projekt.

IM STORYTELLING GERNE MUTIGER WERDEN

Stiftungen können im Storytelling mutiger werden, sie können ihre Geschichten häufiger erzählen, und sie dürfen durchaus auch proaktiv auf Pressevertreter mit Inhalten, Bildbeispielen und Zitaten zugehen. Journalisten beißen nicht, haben in der Regel für Stiftungen ein offenes Ohr. Aber der Multiplikator muss die Story sicherlich auch ein paar Mal hören, zumindest die der Stiftung, auch hier zählt also eine gewisse Frequenz in der Ansprache. Eine Pressemitteilung aller vier Jahre, da bleibt beim Presseprofi nix haften, bei einer Notiz im Quartal schon eher. Das Storytelling ist eben, und das wird unterschätzt, keine „Geschichte“ die sich mal schnell mitmacht, sondern es ist eine Kernaufgabe einer Stiftung, so sie draußen gesehen, gehört, wahrgenommen werden möchte.

NICHT ZU WICHTIG NEHMEN, FREQUENT SENDEN

Dabei müssen Stiftungen genau zwei Sachen überwinden. Stiftungen nehmen sich oft etwas zu wichtig, denken, dass ihre Geschichte die einzig wahre ist, dass ein kleiner Hinweis auf die Stiftungswebsite reicht, um Interesse zu wecken. Dem ist aber nicht so, in dieser Annahme irren manche Stiftungsverantwortliche. Außerdem müssen sich Stiftungen zum Zweiten von der Scham lösen, sie würden zu oft etwas an die Community geben. Speziell im Internet versendet sich Vieles, genauer gesagt das Meiste, und umso weniger Angst muss ich davor haben, dass ich mit meiner Projektgeschichte das Storytelling übertreibe. Die Vorsicht ist sogar verständlich, aber sie ist in der digitalen Welt schlichtweg fehl am Platz.

ZUSAMMENGEFASST

Stiftung können ihre Geschichten erzählen, ja, in meinen Augen müssen sie das. Oder wie kommt eine Geschichte des Gelingens sonst dahin, wo sie hin soll und weitere Aktionen auslöst und neue Bindungen entstehen lässt? Dass sie dabei die eigene Scham vor zu viel Frequenz überwinden müssen, das gehört zur digitalen Welt und ihren Medien mit dazu. Dass sie dazu ihre Stiftungswebsite zu einem Hort dieser Geschichten machen muss, in dem sich Nutzerin und Nutzer „verlieren“ ob der Vielfalt des stifterischen Doings, das ist eine notwendige zusätzliche Nebenbedingung. Dass sie aber andererseits mehr als ausreichend positive Geschichten des Gelingens zu erzählen haben, ist die dritte Wahrheit – und diese macht die Bedenken von eben praktisch direkt obsolet.