Wenn Stiftungsvermögen in Fonds angelegt wird, dann ist der klassische Stiftungsfonds heute vielleicht nicht mehr der, der auf jede Fragestellung einer Stiftung die passende Antwort parat hat. Mal muss er zu 70% in AAA-Anleihen investieren, dann darf er nicht in den Emerging Markets investieren, oder das Risikomanagement sagt im Fall der Fälle ‚verkaufen‘, ohne zu sagen, wann wieder gekauft werden kann. Stiftungen könnten künftig vom zunehmenden Spezialistentum profitieren, drei dieser Spezialisten durfte ich beim UI-Frühstücksseminar Ende September kennenlernen.
Wenn Stiftungsfonds Generalisten für das Stiftungsvermögen sind, bzw. das Fondsportfolio einer Stiftung, dann sind die drei Fonds, die sich am 30.09. im Rahmen der Frühstücksseminare von Universal-Investment (UI) präsentierten, wahre Spezialisten. Cape Capital aus der Schweiz präsentierte mit ihrem Cape Credit Fund einen Fonds, der aufgrund seiner enorm risiko-sensitiven Ausrichtung als Cash-Ersatz-Baustein für ein Stiftungsportfolio in Betracht kommen könnte. Zumindest könnte diese Aufgabe an diesen Fonds delegiert werden. Beim Maj Invest Global Value Equities könnte es die Aufgabe sein, die Aktienquote, die in klassischen Stiftungsfonds eher unbestimmt ist, gezielt um eine Value-Komponente zu erweitern, aber eben um eine, die auf der Auswahl von Aktien nach Value-Kriterien im globalen Maßstab basiert.
IDEEN DIE DEN HORIZONT WEITEN
Die dritte Idee ist jene, die Henrik Paldynski vom finnischen Asset Manager Aktia vorstellte. Mit seinem Ansatz für den Aktia EM Local Currency Frontier Bond+ sucht er nach interessanten Ländern aus dem Bereich der Frontier Markets (Frontier-Märkte mit größerem Entwicklungspotenzial, die an der Schwelle zum Entwicklungsland stehen) und investiert dann dort entsprechend in Anleihen. Das Spannende hier ist, dass er sich zuerst das Entwicklungsgebilde des jeweiligen Landes anschaut und erst danach die Parameter einzelner Anleihen analysiert. Als Beispiel brachte er die Dominikanische Republik oder Uganda mit. Das heißt, wenn er sich eine Anleihe eines Landes oder eines Emittenten im jeweiligen Land genauer anschaut, dann weiß er schon, dass das Makrobild des Landes überzeugt.
LEHRE NUMMER 1: DIE ZEIT DER SPEZIALISTEN IST DA
Es ist dieser Blick hinter die Kulissen, den wir spannend fanden beim UI-Frühstücksseminar, und wir haben zwei zentrale Lehren für uns daraus mitgenommen. Lehre Nummer 1 bezieht sich auf das Spezialistentum. Stiftungen sind gut beraten, künftig sehr viel stärker auch auf das Know-how von Spezialisten zurückzugreifen. Wir folgten dem Vortrag von Michael Lienhard von Cape Capital aus der Schweiz sehr genau, und was er über die teils verzwickte Lage des Finanzsystems zu erzählen hatte, das machte einen neutralen Beobachter fast schon etwas ratlos. Denn wer, wenn nicht Spezialisten soll sich in diesem Umfeld an den Rentenmärkten noch zurechtfinden? Und wer, wenn nicht Spezialisten kann überhaupt noch am Rentenmarkt agieren?
LEHRE NUMMER 2: HINTERM TELLERRAND GIBT’S NOCH RENDITE
Die zweite Lehre bezieht auf das Weiten des Anlagehorizontes. Wir sprechen und schreiben häufig über den Nullzins, aber dieser ist nicht in allen Ländern der Welt Realität. Auch ist der Grad der Prosperität in vielen Ländern ein anderer, viele Länder haben ein höheres Potenzialwachstum, können neuen Wohlstand schaffen. Die aus diesen Realitäten resultierenden Anlagemöglichkeiten gilt es auch für Stiftungen zu nutzen, gilt es aus Stiftungssicht mit Spezialisten für diese Anlageklasse oder jenen Anlagestil zu besetzen. In welchen Ländern Aktia beispielsweise investiert, das ist schon etwas Besonderes, und zwar von den Rahmendaten aber auch von den erzielbaren Renditen her. Ob derlei nun stiftungsgeeignet ist, muss sicherlich im Einzelfall eruiert werden, aber den Anlagehorizont zu weiten bzw. sich hier mit Ideen zu präparieren, das sollten nicht nur einzelne Stiftungen in Betracht ziehen.
ZUSAMMENGEFASST
Das UI-Frühstücksseminar am 30.09. in München brachte einige interessante Erkenntnisse zutage. Es ist nicht mehr die Zeit der Generalisten, sondern eher der Spezialisten, und dies gilt vor allem für die Jahre, die als Anleger vor uns liegen. Und zu dieser Gruppe zählen Stiftungen xplizit. Daneben zeigt sich, was Spezialistentum ausmacht, denn plötzlich wird eine Credit-Strategie oder ein Frontier Markets-Ansatz greifbar, es lässt sich nachvollziehen, warum es sehr gute Gründe gibt, solche Bausteine auch für ein Stiftungsvermögen zumindest zu durchdenken. Die finale Erkenntnis ist aber, dass manch klassische Strategie, etwa ein hausgemachtes 70zu30-Portfolio aus Anleihen und Aktien, in den kommenden Jahren womöglich an seine Grenzen stoßen wird. Handwerklich, aber vor allem aus Sicht der erzielbaren Renditen. So gesehen war und ist es gut, rechtzeitig den Köcher mit neuen Ideen zu füllen.