Stiftungen, seid überzeugte Aktienanleger!

Warum das Konzept der Aktienquote überholt ist und welche Rolle Stiftungsfonds dabei spielen

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Aktienquote
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Es heißt ja immer noch ganz oft, die Aktie gehört ins Stiftungsvermögen, und eine Aktienquote von 20 oder 30% sei schon sinnvoll auch im Stiftungsvermögen. Stiftungsfonds nehmen das in der Regel auf, zumindest traditionell gestrickte, sehen auch die 30% Aktienquote als notwendig an, um die Stiftungsziele zu erreichen. Aber ist notwendig eigentlich das richtige Wort? Notwendig, Aktienquote, dieses Wording ist aus der Zeit gefallen, wenn Sie mich fragen, Stiftungen sollten überzeugte Aktienanleger sein.

Eine Quote hat ja immer etwas von einer Vorgabe, sie dient dazu, ein Ziel vorzugeben, das zu erreichen ist. Bei der Aktienanlage im Stiftungsvermögen wird das Wort Aktienquote immer wieder und zuletzt immer häufiger in den Mund genommen, und ich bin froh, dass die Aktienquote Eingang in den Wortschatz von immer mehr Stiftungslenkerinnen und -lenkern gefunden hat. Zeugt das doch davon, dass die Aktie ein Stück weit salonfähig geworden ist als Anlageinstrument im Stiftungsvermögen. Aber Quote suggeriert eben auch, dass es die eine richtige Aktienquote gäbe, dass beispielsweise die 30%-Aktienquote die perfekte Aktienquote ist. Dem ist aber nicht so.

WAS IST IHRE HALTUNG ZUR AKTIENANLAGE?

Beschäftigt sich eine Stiftung mit der Aktienquote, dann braucht sie zunächst eine Meinung zur Aktienanlage. Die wiederum hängt an den Stiftungsgremien. Sitzen dort Aktienverweigerer bzw. Vertreter der Denke, dass Aktienanleger nur das Geld anlegen sollten, das sie nicht brauchen, dann wird es schwer, der Aktie den Weg ins Stiftungsvermögen zu bereiten. Aber auch hier kann geholfen werden. Denn der Blick in die lange Historie der Aktienanlage, 50, 100 oder gar 150 Jahre zurück, zeigt ganz deutlich, dass die Aktie eine Anlageklasse ist, die zwar schwankt, dass aber jeder noch so scharfe Einschnitt vorübergehend war. Vorübergehend ist hier das entscheidende Wort, denn selbst ein Crash wie 1929 oder die Dotcom-Krise nach dem Jahr 2000 waren vorübergehende Phasen.

JEDER RÜCKGANG AN DEN BÖRSEN WAR VORÜBERGEHEND

Natürlich litten Aktienengagements in diesen Phasen, natürlich bekamen in diesen Phasen all jene kurzfristig Recht, die Aktien den Jetons im Casino gleichstellen. Aber in der langen Frist sind diese Rückgänge vorübergehender Natur gewesen, was für Stiftungen dergestalt wichtig ist, dass sie die hier entstandenen nicht automatisch auch einen Abschreibungsbedarf bedeutet hätten – weil der Wertverzehr eben ein dauerhafter gewesen war. Schaue ich also als Stiftungsverantwortlicher in die Vergangenheit, kann ich dort eine Skizze finden für die Zukunft der Aktienanlage, und mir daraus eine Meinung bilden, zur Höhe eines möglichen bzw. vertretbaren Aktienengagements der jeweiligen Stiftung.



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AKTIEN SIND AUS STIFTUNGSSICHT EINE INDIVIDUELLE GESCHICHTE

Komme ich als Stiftung zu dem Schluss, dass ich einen Crash wie jenen 2008 oder 2000 bis 2003 oder 2020 nicht durchgestanden hätte, wenn die Hälfte meines Stiftungsvermögens im Feuer gestanden hätte, dann sind 50% Aktienquote vermutlich zu viel des Guten, dann sind vielleicht besagte 30% sogar die richtige Idee. Hätte ich selbst zwischen 2000 und 2003 an meinen Aktien festgehalten, eher noch was bei niedrigeren Kursen hinzugekauft und die Hype-Aktien auf dem TNT-Sektor vermieden, dann kann es sogar sein, dass 50% Aktienquote zu wenig sind. Und hätte ich im März 2020 schon beim ersten DAX-Zucken alles verkauft, aus Angst die Welt wird cum Corona eine, in der die wirtschaftliche Aktivität weltweit dauerhaft einbricht, dann sind vielleicht 10% Aktien ein Maßstab. Auf jeden Fall aber sind Aktien eine ganz individuelle Geschichte.

WIE GROSS DARF DIE AKTIENPORTION SEIN?

Jede Stiftung sollte sich ganz für sich auf den Weg machen und die für sie richtige Aktienportion suchen, vielleicht so wie Indiana Jones, der einst den Heiligen Gral fand und dafür Abenteuer um Abenteuer bestehen musste. Aber pauschal zu sagen, dass 30% die passende Aktienquote ist, das greift zu kurz. Weshalb es auch sein kann, dass 30% Aktienquote in einem Stiftungsfonds gar nicht zur Stiftung passen. Hat eine Stiftung eine konstruktive Meinung zu Aktien, dann sind diese 30% zu wenig. Hat sie eine vorsichtige Haltung zu Aktien, dann sind es zu viele. Natürlich eignet sich ein Stiftungsfonds mit 30% Aktienanteil zum Aufbau einer impliziten Aktienquote, also dem indirekten Aufbau einer Aktienposition.

AKTIENQUOTE ÜBER STIFTUNGSFONDS? DA HAKT ES…

Aber, und das ist die Krux dabei, dann müssen die Aktien im Stiftungsfonds nicht unbedingt die richtigen Aktien für die jeweilige Stiftung sein. Daher dürfte es aus Stiftungssicht richtig sein, sich die Aktienpositionen vieler Stiftungsfonds einmal durchzuschauen, und schon dabei ein Gefühl dafür aufzubauen, welche Unternehmen etwas machen, das „mir“ zusagt, was ich für künftig wenig problembelastet und im Vergleich für verantwortungsbewusster erachte. Denn Aktie ist eben nicht gleich Aktie. Wir haben nicht umsonst in unserer FondsFibel für Stiftungen & NPOs einige klar fokussierte Aktienkonzepte analysiert, weil wir diese für den Aufbau einer Aktienpositionierung im Stiftungsvermögen für geeignet halten.

QUALITÄTSAKTIEN BERGEN STIFTUNGSEIGNUNG IN SICH

Für Stiftungen dürfte der Aspekt der Qualität stets ein gewichtiger sein, daher scheinen dann schnell Konzepte wie jenes des Comgest Growth Europe oder des Morgan Stanley Global Brands Equity Income auf dem Schirm auf. Beide Konzepte schauen vor allem auf die Qualität der Unternehmen, nur die besten der besten schaffen es in den Fonds – und genau dieser Qualitätsansatz kann auch einer für Stiftungen sein. Denn in einem übergeordnet positiven Umfeld für Aktien setzt übergeordnet Qualität so gut immer durch. Damit lassen sich diese Aktien bzw. Aktienfonds halten – das berühmte Kaufen und schlafen legen von André Kostolany lässt grüßen – und sind darüber erst recht stiftungsgeeignet.

QUALITÄT ZÄHLT, ESG NICHT MINDER

Qualität heißt aber auch, dass diese Unternehmen alles tun werden, um Spitzenreiter in Sachen Qualität zu bleiben, entsprechend unternehmen diese Unternehmen von Haus aus sehr viel, um verantwortungsbewusster oder ressourcenfairer zu agieren. Gemeint ist hier der Themenkomplex ESG. Den beiden genannten Fonds, Comgest Growth Europe und Morgan Stanley Global Brands Equity Income, ist gemein, dass sie sehr gute ESG-Kennzahlen aufweisen, ohne dass explizit ESG vorne auf dem Cover stehen muss. ESG bzw. Nachhaltigkeit steht dafür etwa beim EB Öko-Aktienfonds oder dem GLS Aktienfonds ganz oben auf der Agenda, die Aktienselektion folgt hier zuerst einer strengen und langjährig immer weiter entwickelten ESG-Auswahl-Systematik.

ESG IST HIER DER NUKLEUS

Diese beiden Aktienbausteine haben aus Stiftungssicht den Vorzug, dass hier ESG nicht irgendwie mitgemacht wird, wie dies in manchen Stiftungsfonds geschieht, sondern dass ESG hier Nukleus der DNA der Fonds ist. Das bedeutet, haben Stiftungen recht konservativ, sprich: anleihelastige Stiftungsfonds oder Mischfonds in ihrem Portfolio, bekommen sie hier zwar einen „pure play“ an die Hand, aber einen, der Stiftungen auch bereits direkt die Frage beantwortet, wie sie ihre Fondsanlage auch noch um den Aspekt Nachhaltigkeit erweitern. Mehr bzw. ein schärferes ESG-Profil als bei EB Öko-Aktienfonds oder GLS Aktienfonds geht kaum. Und die Ausschüttung gibt es noch obendrauf.

ZUSAMMENGEFASST

Die Aktienquote als ein festes Konstrukt aufzufassen, das dürfte wohl ein Missverständnis sein, will Stiftungsvermögen zukunftsfest aufgestellt werden. Indem sich Stiftungen an eine feste Aktienquote hängen, geben sie einen guten Teil dessen auf, was Stiftungsvermögen auch ausmacht, nämlich das freie Agieren entlang der säkulären Gemengelage an den Kapitalmärkten. So wie die Märkte atmen, weil die ganze Welt atmet, sollte das auch Aktiengewichtungen möglich sein.

Als Stiftung eine Aktienpositionierung aufzubauen, den Schieberegler also nach oben zu bewegen, darf entsprechend erst einmal keine Frage der Aktienquote in einem Stiftungsfonds sein, sondern sollte frei diskutiert und dann auch umgesetzt werden. Dass hierbei die beiden Parameter Qualität und ESG die Auswahl von Aktien aus Stiftungssicht bestimmten werden, darüber dürfte es keinen Zweifel geben. Im Optimalfall bedingen sich beide Aspekte gegenseitig, dann sind Stiftungen schon nahe dran an den Aktien, die sie nicht nur haben sollten – sondern langfristig haben müssen.


P.S.: Das Thema Aktienquote war natürlich auch Thema beim zweiten Virtuellen Tag für das Stiftungsvermögen, dessen Stream im RE-LIVE bzw. Mediathek Sie auf www.vtfds.de finden.