#vtfds2021 – die Nachlese: Nachhaltigkeit in der Anlage von Stiftungsvermögen wird künftig nichts mehr sein, was Stiftungen „mitmachen“ oder auch machen, sondern sie wird die zentrale rote Linie für das Vermögensmanagement einer Stiftung sein. Entsprechend muss Nachhaltigkeit in der Anlagerichtlinie verankert und mit der Anlagepolitik verschränkt werden. Am FlipChart haben wir mit Hans-Dieter Meisberger von der DZ Privatbank den „In-drei-Schritten-zur-nachhaltigen-Anlagepolitik“-Versuch gemacht.
„Klären Sie innerhalb Ihrer Gremien die Ausgangssituation.“. Mit diesem Tipp für die Stiftungspraxis eröffnet Hans-Dieter Meisberger am FlipChart seine Ausführungen dazu, wie Stiftungen in drei Schritten in eine nachhaltige Anlagepolitik finden. Das Problem mit dem Einstieg in eine nachhaltige Anlagepolitik für viele Stiftungen ist in der Regel, aus dem ganzen Sammelsurium von Informationen das für jeweilige Stiftung relevante herauszufiltern, bzw. aus der Fülle von Informationen eine Herangehensweise herauszudestillieren. Es ist ja doch so, dass viele Stiftungen natürlich nachhaltig anlegen möchten, dass aber bereits die drei Buchstaben E, S und G bereits gewisse Hürden aufbauen, die es zu überwinden gilt.
SCHRITT NUMMER 1: ANALYSIEREN SIE DIE AUSGANGSSITUATION
Für Hans-Dieter Meisberger muss das nicht sein, aber es muss im ersten Schritt mit der Analyse der Ausgangssituation beginnen. „Wo möchte ich stehen, wofür stehe ich mit meiner Stiftung, welche Motive treiben mich an für die nachhaltige Kapitalanlage und was möchte ich hier verfolgen. Diese Fragen stehen hier dann zuvorderst auf der Agenda.“ Der Stiftungsexperte der DZ Privatbank ergänzte dies noch um den Hinweis, dass „die Zwecke der Stiftung geben hier eine Orientierung, übrigens auch dafür welche Partner ich mit an Bord nehme.“ Auch die Wahl der Partner gehört in die Analyse der Ausgangssituation mit hinein, denn mit einem Partner, der Motive einer Stiftung nicht in eine Nachhaltigkeits- bzw. Anlagestrategie übersetzen kann, ist ein Stiftungsvermögen ggf. nicht in die gewünschte Richtung zu entwickeln.
VIDEOTIPP: Den kompletten Stream des zweiten Virtuellen Tags für das Stiftungsvermögen im RE-LIVE sowie die Mediathek zum #vtfds2021 finden Sie auf www.vtfds.de.
SCHRITT NUMMER 2: ENTWERFEN SIE EINE NACHALTIGKEITSSTRATEGIE
In einem zweiten Schritt sollten Stiftungen eine Nachhaltigkeitsstrategie entwerfen, die auf den Stifterwillen referenziert. Hans-Dieter Meisberger weiß, was damit gemeint ist: „Die Frage ist ja die Folgende: Hat der Stifter bestimmte Hinweise über die Satzung gegeben, welche Rahmenbedingung ich als handelnde Person berücksichtigen muss.“ Der Stifterwille also, der Blick in die Satzung, ist also ein erster aber auch extrem elementarer, aber eben auch einer, der einer Stiftung direkt Ideen an die Hand gibt, mit welchen Anlageprodukten ich derlei ggf. umsetzen kann – und auch ob eine Stiftung das Selbermachen oder das Delegieren präferieren sollte.
Für die Praxis bedeutet das Entwickeln der Nachhaltigkeitsstrategie aber auch, hier bereits die Anlagerichtlinie parat zu haben und in dieser eine Präambel aufzunehmen. Hans-Dieter Meisberger dazu: „Schön wäre es, in der Satzung eine Präambel zu haben, diese zeigt ja die Wertekultur der Stiftung auf, und daraus leite ich ab wofür die Stiftung steht. Eine Stiftung soll ja auch für Werte stehen, nicht nur für die Zwecke.“ Dies war ein ganz wichtiger Hinweis, denn direkt mit den Anlageprodukten anzufangen, ist ein häufig gemachter Fehler, die Vorabreflektion kommt meist zu kurz, wenn sie denn überhaupt stattfindet.
DER DRITTE SCHRITT: DAS ENTWICKELN DER ANLAGESTRATEGIE
Die Anlagestrategie, die auch Ausdruck findet in der Anlagerichtlinie, ist der dritte Schritt, den Hans-Dieter Meisberger Stiftungsverantwortlichen ans Herz legte. „Und wenn Ihre Stiftung noch keine Anlagerichtlinie hat, dann wird es höchste Zeit, eine zu erstellen.“, warf er an dieser Stelle noch ein. Die Anlagestrategie hat dann aber viel zu tun, was Stiftungen in der Regel immer schon gemacht haben, umfasst diese doch das Festlegen von Anlageklassen, das Gewichten von Anlagestilen und das Auswählen von Anlageprodukten oder -verwaltern. Hier aber liegt für Stiftungen künftig eine weitere Herausforderung begründet: das Schützen der Reputation.
REPUTATION DER STIFTUNG IST EIN HOHES GUT
„Die Reputation der Stiftung ist ein hohes Gut. Verstoße ich gegen meine Anlagekriterien, dann habe ich als Stiftung ein Problem. Reputation bedeutet, die Nachhaltigkeitsstrategie ordentlich in der Anlagestrategie umzusetzen, und Reputation bedeutet auch, dies kontrollieren zu können.“, führte Hans-Dieter Meisberger an dieser Stelle aus. Da Nachhaltigkeit und ESG zudem ein recht komplexes Gebilde ist, stellt sich hier erst recht die Frage: Selbst umsetzen oder delegieren? Und auch diese Frage tangiert die Reputation, wobei sich der Stiftungsprofi Meisberger sicher war, dass „es mit Blick auf Stiftungsvermögen 2030 keine Stiftung mehr geben wird, die nicht nachhaltig anlegt. Das können sich Stiftungen aus reputativen Gründen heraus gar nicht leisten.“
ZUSAMMENGEFASST
Nachhaltigkeit ist hat im Stiftungsvermögen nichts mehr mit ‚wollen‘ zu tun, es ist ein Muss. Stiftungsvermögen muss nachhaltig investiert werden, es muss einer Nachhaltigkeitsstrategie folgen, die den Rahmen für eine Anlagestrategie und damit auch die Kriterien für die Auswahl der Anlagemanager vorgibt. Der Weg dorthin lässt sich in drei Schritten bewältigen, wie Hans-Dieter Meisberger beim zweiten Virtuellen Tag für das Stiftungsvermögen am FlipChart erörterte, oder aber sogar noch feingliedriger. Wichtig ist für Stiftungen und deren EntscheiderInnen aber vor allem, diesen Weg zu gehen – mit dem ersten Schritt im Hier und Jetzt.