Ist die Stiftungsrechtsreform Reform oder Reförmchen?

#vtfds2021 – die Nachlese: Dr. Christoph Mecking ordnet die Stiftungsrechtsnovelle ein

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Stiftungsrecht-Reform
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#vtfds2021 – die Nachlese: Stiftungsrechtsreformen gab es schon jede Menge. Jedes Mal waren die Erwartungen an das überarbeitete Regelwerk hoch, und die Enttäuschung ebenso, weil viele der neuen Regelungen der Stiftungspraxis schlicht vorbeigingen. Mit Dr. Christoph Mecking sortierten wir beim zweiten Virtuellen Tag für das Stiftungsvermögen den aktuellen Stand der neusten Novelle, und arbeiteten am Flipchart die für Stiftungen vermutlich relevantesten Neuerungen heraus.

Zunächst einmal wurde unter anderem durch eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe zahlreiche Vorschläge für Änderungen der bestehenden stiftungsrechtlichen Regeln erarbeitet worden, die durchaus auch zum Ziel haben, das Stiftungsrecht insgesamt zu vereinfachen und auch die eine oder andere stiftungsrechtliche Regelung auf Länderebene obsolet zu machen. Diese Vorschläge wurden nun auf einen Regierungsentwurf eingedampft, die als umfängliche Neuregelung des Stiftungsrechts angedacht ist, so jedenfalls erörterte es Dr. Christoph Mecking. Er verband dies aber mit einem Hinweis: „Der Nutzen dieser Stiftungsrechtsnovelle wird ganz unterschiedlich gesehen, es gibt durchaus harsche Kritik.“



VIDEOTIPP: Den kompletten Stream des zweiten Virtuellen Tags für das Stiftungsvermögen im RE-LIVE sowie die Mediathek zum #vtfds2021 finden Sie auf www.vtfds.de.

EHER SCHWIERIGKEITEN DENN ERLEICHTERUNGEN

Womit wir bei den Details wären, bei den Punkten, die Stiftungen von der Stiftungsrechtsnovelle werden erwarten können. Kritik kommt vor allem von der Seite, dass ein statisches Stiftungsbild festgehalten wird und Gestaltungsspielräume eben nicht bzw. eher weniger genutzt werden können, führte es Dr. Mecking aus, hinweisend auf einen entscheidenden Malus der neuen Regelungen: „Änderungen der Stiftungssatzung müssen in der Entstehungssatzung geregelt sein, wodurch spätere Satzungsänderungen eher erschwert werden. Das sind Punkte die dafürsprechen, dass wir eher zu Schwierigkeiten als zu Erleichterungen kommen.“

SORGFALTSMASSSTAB SOLL ANGEPASST WERDEN

Eine wichtige Regelung in der Stiftungsrechtsnovelle dürfte jene zum Sorgfaltsmaßstab sein, dieser soll angepasst werden, in Form der Business Judgement Rule. Dr. Christoph Mecking bringt hier Licht ins Dunkel: „Eine Pflichtverletzung liegt nur dann vor, wenn das Organmitglied nicht vernünftigerweise zum Wohle der Stiftung gehandelt hat.“ Natürlich lässt sich einwenden, derlei sei gesunder Menschenverstand und dieser würde dafür Sorge tragen, dass stets zum Wohle der Stiftung entschieden wird, aber bei Stiftungen geht es eben noch mehr, wusste Dr. Mecking zu ergänzen: „Es geht aus Stiftungssicht ja darum, bei Entscheidungen die Interessen der Stiftung im Auge zu haben, und nicht die Interessen der Amtswalter.“

STIFTUNGSVERMÖGEN HAT EINE DIENENDE FUNKTION

Bezogen auf das Stiftungsvermögen, und darum ging es ja beim #vtfds2021, bedeutet die Business Judgement Rule, dass diese mit den Begriffen Diversifizieren, Delegieren und Dokumentieren mit Leben gefüllt werden kann. Wobei es dafür auch das entsprechend Verständnis braucht, wie Dr. Christoph Mecking ausführte: „Das Stiftungsvermögen hat eine dienende Funktion. Es dient dazu, dass der Stiftungszweck aus den Nutzungen dieses Vermögens bedient werden kann. Das hat der Stifter so gewollt.“ Demgemäß heißt das, dass die Fragen das Vermögens betreffend dahingehend interpretiert werden müssen. „Die Frage der Stiftung als Leistungsorganisation wird häufig der des Bestandserhalt nachgeordnet.“

WIE IST STIFTUNGSVERMÖGEN ZU ERHALTEN, DAS IST DIE FRAGE

Einen Punkt findet Dr. Christoph Mecking in der Stiftungsrechtsreform ebenfalls zu wenig angesprochen: die Frage, wie Stiftungsvermögen zu erhalten ist. Auch hier muss für ihn der Stiftungszweck stets mitgedacht werden. Die Frage des WIE ist natürlich eine, die in irgendeiner Weise mitgedacht werden muss, und hier schließt sich der Kreis wieder zur Business Judgement Rule. Denn diese gäbe hierfür ja einen Rahmen vor, nämlich den des guten Kaufmanns, der eine sachgerechte Entscheidung auf Basis aller verfügbaren Informationen trifft und diese Entscheidung damit dann auch zu dokumentieren in der Lage ist. Derlei wäre zum Wohle der Stiftung, und noch mehr wäre es zum Wohle der Stiftung, wenn hier der Aspekt der Delegation der Kapitalanlage eine gewichtigere Rolle spielen würde.

ZUSAMMENGEFASST

Die Stiftungsrechtsreform, so sie denn kommt, ist weniger ein großer Wurf als vielmehr ein großer Versuch, wieder einmal eine Neuregelung des Stiftungsrechts auf die Beine zu stellen. So jedenfalls kann man die Quintessenz des Gesprächs mit dem Rechtsexperten Dr. Christoph Mecking interpretieren.

Die drei Learnings aus der ersten FlipChart-Session könnten sein:

  1. Stiftungen sollten ihr Stiftungsvermögen als dienendes Vermögen begreifen.
  2. Auf die Business Judgement Rule zu warten kann eine Warten-auf-Godot-Situation sein, lieber wenden Stiftungsverantwortliche die Business Judgement Rule schon so ein, wie sie vernünftigerweise angewandt werden sollte. Und nicht zuletzt sollte
  3. der Begriff der Leistungsorganisation Einzug in den Stiftungsalltag halten, Stiftungen würden dann vermutlich eher mit der Zeit gehen. So wie es das Stiftungsrecht auch sollte.