Schnell mal ein Online-Stiftungsevent is‘ nich

Eine kleine Webiquette für Stiftungen

11615
Stiftungsevent Webiquette
Lesezeit: 4 Minuten

Am 24.6.2020 haben wir unseren ersten Virtuellen Tag für das Stiftungsvermögen (www.vtfds2020.de) veranstaltet. Mit seinen mehr als 1.150 Zusehern am Tag selbst und weiteren mehr als 2.500 Videoschauern im Nachgang zum eigentlichen Event war der #vtfds2020 schon ein schöner Erfolg – was wir so im Vorfeld aber nicht erwarten konnten. Wir wussten 10 Wochen davor noch gar nicht, was auf uns zukommt, das komplette Event war eine so genannte ‚black box‘. Was wir aber in diesen 10 Wochen und in den Wochen danach über Online-Events gelernt haben, packen wir für Stiftungen einfach mal in eine kleine Webiquette.

Los geht ein Online-Event in der Regel per Knopfdruck, voraus sollten dem jedoch zahlreiche Überlegungen gehen. Als wir unseren #vtfds2020 anfingen zu denken, war es November 2019. Wir hatten einfach mal ein Konzept für eine Online-Stiftungsveranstaltung geschrieben, und dieses mit ein paar wenigen Menschen geteilt. Das Urteil lautete unisono: Schöne Idee, braucht aber kein Mensch, denn im Juni ist ja Stiftungstag. Kaum vier Monate später das gleiche Spiel war die Welt eine andere, und plötzlich fiel das Urteil ganz anders aus, obwohl sich das Konzept mittlerweile schon weiterentwickelt hatte. Hieraus leitet sich direkt Lehre Nummer eins ab: Ein Webevent ist selten im ersten Wurf konzeptionell rund.

WELCHES FORMAT HÄTTEN’S DENN GERN?

Veranstaltet eine Stiftung also eine Online-Veranstaltung, sollte sich das Konzept durchaus einmal zur Diskussion stellen, und sich nicht dogmatisch an das Ursprungskonzept klammern. Genau hier scheiden sich heute in der Regel auch die Geister. Soll es ein abgefilmtes Webinar sein, das gesendet wird, soll es ein Online-Raum sein, in dem Webinare live stattfinden, sollen es Diskussionen oder Vorträge sein, soll es aussehen wie ein Computer-Format, oder doch eher wie TV. Eine Veranstaltung kann hierbei durchaus auch ein abgefilmtes Webinar sein, ein Event ist derlei weniger, ein Event schaut eher wie TV aus. Will eine Stiftung hier beim Publikum punkten, sollte sich diese Nuancen durchdenken, bevor sie sich an das Ziel des Events bzw. der Veranstaltung macht.

AUCH EIN STIFTUNGSEVENT BRAUCHT EIN ZIEL

Wir kannten für den #vtfds2020 das Ziel relativ schnell: Wir wollten Stiftungen rund um das leidige Thema Stiftungsvermögen inspirieren und präparieren, wir wollten übergeordnet die wichtigsten Themen aus Stiftungssicht aufgreifen und ganz konkrete Handreichungen diskutieren. Je mehr Nutzwert desto besser, entsprechend wussten wir sofort was unser #vtfds2020 nicht sein durfte: eine Produktshow. Wir kannten also unsere Zielgruppe, und wir wussten, mit welchen Informationen wir diese Zielgruppe versorgen wollten. Entsprechend entspannen sich schnell die Ideen, um das Programm zu füllen. Eine Stiftung sollte also ihr Ziel und ihre Zielgruppe genau kennen, will sie ein erfolgreiches Online-Event-Format aus der Taufe heben.

PROJEKT-ELEVATOR-PITCH? WARUM NICHT!

Für eine Stiftung kann das beispielsweise heißen: Ich möchte meine aktiven Spender ansprechen, aber auch potentielle Spender. Wobei das nicht einfach ist, denn wer der potentielle Spender sein kann, darüber muss sich dann eine Stiftung auch noch klar werden. Einen Spender interessieren zudem vielleicht andere Themen als den bestehenden Spender, worauf eine Stiftung in ihrem Online-Event reagieren muss. Bestehende Spender interessiert vielleicht eher der Aspekt der Wirkung, eine kleiner Projekt-Elevator-Pitch zeigt neue Projektideen auf, eine Projektreise mit bestehenden Spendern zeigt potentiellen Spendern wiederum, wo die Stiftung wie aktiv ist. Potentielle Spender wollen die Stiftung aber vermutlich erst noch „weiter vorne“ kennenlernen, etwas über Personen und Prozesse erfahren.

‚ONLINE KOSTET NIX‘ IST EIN TRUGSCHLUSS

So wird dann das Programm zusammengepuzzelt. Parallel dazu laufen dann aber Überlegungen zur Technik an. Es heißt immer so schön, „das machste Online, dann kostet das fast nix“, aber kaum ein Satz ist so falsch wie dieser. Als wir für den #vtfds2020 das Programm rund hatten, ging es an die Umsetzung dessen in ein Online-Format. Die Fragen, die wir fortan diskutierten, drehten sich um Ton, Bild, Live, Re-Live, Stream & Co. Dinge, über die wir uns bei einem Live-Event kaum Gedanken gemacht hätten, aber in der Online-Welt liegen zwischen diesen einzelnen Fragen teilweise Welten. Und nichts ist schlimmer als eine schlechte Bildqualität oder ein Ton, bei dem der Diskutant klingt als würde er unter Wasser sprechen. Das gilt es auszusortieren.

QUALITÄT KOSTET, AUCH ONLINE

Aber sobald eine Stiftung hier in Richtung Qualität denkt, wird es auch im Online-Raum teuer, bzw. reduziert sich der Kostenvorteil eines Online-Events, der vor allem durch gesparte Raum-, Catering- und Logistikkosten entsteht. Für unseren #vtfds2020 war uns wichtig, dass wir bei Ton und Bild hohe Qualität liefern, entsprechend haben wir im Regal nach oben gegriffen, was die Infrastruktur dahinter anbelangt. Ton und Bild, das sind die wichtigsten Bestandteile eines hochwertigen Events, an der Kulisse kann ich sparen, am Licht auch, aber nicht bei Bild und Ton. Plant eine Stiftung also ein Online-Event, sollte sie diese beiden Komponenten auf hohem Niveau lösen, oder sich auf hohem Niveau lösen lassen.

LESETIPP: Weil Vorab- und Drumrum-Kommunikation zu einem Stiftungsevent so wichtig sind, sollten sie wissen, wie sie beispielsweise Plattformen wie Instagram für sich nutzen. Eine kleine Checkliste hilft dabei. https://stiftungsmarktplatz.eu/blog/good-morning-instagram/

DRUMRUM MUSS AUCH WAS PASSIEREN

Was wir für unseren #vtfds2020 direkt von der ersten Minute an wussten war, dass wir um das Event herum kommunizieren müssen. Hier tun sich Stiftungen erfahrungsgemäß recht schwer. Kommunikation vorab, Kommunikation währenddessen und Kommunikation danach ist aber bei einem Online-Event umso wichtiger, weil die Schwelle niedriger ist, wegzuklicken. Demgemäß muss ich als Stiftung versuchen, dem Nutzer sehr viel mehr Anker hinzuwerfen zum Event, in Form von kommunikativen Happen. Eine Veranstaltung auf die ich gehe, zu der ich vielleicht sogar angereist bin, verlasse ich nicht nach 40 Minuten wieder und gehe vier Stunden Kaffee trinken, dafür ist der Aufwand zu hoch. Beim Online-Event ist das Verlassen nur einen Klick entfernt, und eigentlich nicht einmal das. Ich kann einfach vom Schreibtisch aufstehen, sieht ja keiner.

ZUSAMMENGEFASST

Die Liste der Überlegungen zu einem Stiftungsevent ließe sich noch fortsetzen, recht umfänglich sogar. Stiftungen sollten für ihr Stiftungsevent erst an das Format rangehen, dann an die Inhalte, dann an die Technik, dann an die Umsetzung, dann an das Drumrum. Vor allem aber sollten sie sich überlegen, ob sie solch ein Stiftungsevent wirklich allein wuppen sollten. Es gibt Beispiele, wo sich Stiftungen zusammentun und dann ein Event der ersten Kategorie aus der Taufe heben. Fragen Sie doch mal bei den Machern hinter dem Digital Social Summit nach, dort wusste jeder, dass es Zeit für dieses Event ist, aber keiner wollte und konnte es allein. Das war bei unserem #vtfds2020 im übrigens ganz ähnlich.