Im Jahr 1985 war es der Kinohit schlechthin, der Film Zurück in die Zukunft, der Michael J. Fox zum weltweit bekannten Star machte. Der Film vereinte die gute alte Zeit mit Science-Fiction so geschickt, dass er eine Generation von Zuschauern prägte. Mit der Corona-Krise dürfte es ganz ähnlich sein, denn diese Krise ist anders als die Finanzkrise, sie wird die Parameter für die Anlage des Stiftungskapitals auf Jahre hinaus zementieren, die Reaktionen der Stiftungsverantwortlichen prägen – und ihnen hier und da Schweißperlen auf die Stirn drücken. Aber, das muss nicht sein, auch Marty McFly löste seine Aufgabe.
Die Corona-Krise mit dem Corona-Crash an den Kapitalmärkten hat allen Anlegern wieder einmal vor Augen geführt, dass es gefährlich sein kann, in der Vermögensverwaltung satt und bräsig zu sein, und dass häufig zu Beginn eines Jahrzehnts meist irgendwelche Friktionen durchbrechen. Für Stiftungen bringt die Corona-Krise nun ein paar Wahrheiten mit sich, die unangenehm sein werden. Erst einmal wird es kein „Das haben wir immer so gemacht“ mehr geben. Dieser Satz ist geradewegs gefährlich, denn immer noch sklavisch an der Anleihe festzuhalten, dürfte ein teurer bzw. risikoreicher bzw. ertragsschwacher Fehler sein. Auch dürfte das Beschwichtigen seitens der Hausbank nicht mehr verdecken können, das so manches bisher gewählte Instrumentarium für die Veranlagung des Stiftungsvermögens einfach nicht mehr zeitgemäß ist. Nicht zuletzt werden auch Stiftungen erkennen müssen, dass Diversifikationsgebot und Spekulationsverbot, die beiden zentralen Eckpfeiler, die Stiftungen in der Kapitalanlage gemacht werden, nur mit wirklich diversifizierten und gut ausbalancierten Portfolien zu schaffen sein wird.
REFLEKTION FIRST, AKTION SECOND
Das alles zusammen genommen wird nichts anderes bedeuten als eine kritische Reflektion des Status-quo, wie Stiftungen ihr Stiftungsvermögen bisher verwaltet haben. Sicherlich, einige Stiftungen sind professionell genug unterwegs, aber die Mehrzahl der deutschen Stiftungen bzw. Stiftungen im deutschsprachigen Raum muss relativ dringend professioneller in der Disziplin Vermögensverwaltung werden. Dabei die die Verwaltung des Stiftungsvermögens nicht irgendeine Aufgabe, sie ist letztlich die Basis, die vorne verdient was hinten ausgegeben wird, und das Steuerprivileg gab es für gemeinnützige Stiftungen ja auch nur unter der Nebenbedingung, dass ordentliche Erträge erwirtschaftet und zeitnah ausgegeben werden. Aber was heißt nun professioneller an dieser Stelle, wie geht das? Genau mit dieser Frage haben wir uns eingehend beschäftigt und den Virtuellen Tag für das Stiftungsvermögen (#VTFDS2020) konzipiert. Es war uns ein Anliegen, Stiftungen dort abzuholen, wo ihre Fragen und Probleme in der Vermögensverwaltung liegen und wo es konkrete Anregungen für die tägliche Stiftungspraxis braucht.
DAS ANLAGEZIEL ZUM ZIEL
Entsprechend haben wir die Inhalte entlang des Dreiklangs Anlageziel, Anlagerichtlinie und Anlagepolitik entwickelt und zu jedem dieser Themen Experten für den #VTFDS2020 „rekrutiert“. Wenn wir beim Anlageziel beginnen, dann dürfte das für viele Stiftungen und ihre Verantwortlichen eine etwas diffuse Masse sein. Das Anlageziel ist eben genau nicht mit einer einzelnen Renditevorgabe erfüllt, das Anlageziel ist eine granulare Geschichte, die sich aus verschiedenen Kapiteln zusammensetzt. Beim Anlageziel ist natürlich eine Größe für den ordentlichen Ertrag anzunehmen, genauso gilt es aber auch eine Idee zu entwickeln, in welcher Frequenz diese ordentlichen Erträge fließen sollen, wie stark das Stiftungsvermögen schwanken darf, wie hoch es in Aktien, Anleihen und anderen Assetklassen investiert ist und inwiefern von vorn herein mit dem Themenkomplex ESG umgegangen werden soll. Das Anlageziel ist also so etwas wie das Ausgangspuzzle, das eine Stiftung für sich einmal zusammensetzen muss, bevor sie es dann in einen Rahmen presst (Stichwort Anlagerichtlinie) und in Instrumente übersetzt (Anlagepolitik).
#VTFDS2020 DISKUTIERT DIE RESILIENZ DES STIFTUNGSVERMÖGENS
Die Corona-Krise hat nun dazu geführt, dass das Anlageziel vielleicht um eine Komponente Resilienz erweitert werden muss. Denn ein Portfolio wie bisher zu bestücken kann bedeuten, Investment aus einigen Ländern und Branchen zu tätigen, die sich als nicht resilient genug gegenüber einem externen Schock wie dem Corona-Crash gezeigt haben. Resilienz ist aber wiederum etwas, was ich nicht planen kann, sondern was ich handwerklich am besten einfangen kann, etwa indem ich zwar delegiere, aber eben nicht an einen Vermögensprofi, sondern an einige Vermögensprofis und auch an nicht nur einen Stil, sondern eben einige Stile. Denn keiner „da draußen“ hat die eierlegende Wollmilchsau der Anlagepolitik für Stiftungen im Büro stehen, ein Mix aus verschiedenen Ansätzen aber hat auch im Corona-Crash seine Stärken ausgespielt. Resilienz als Faktor für das Stiftungsvermögen anzusehen und diese auch in das Anlageziel mit einzubeziehen, das dürfte vermutlich die übergeordnete Lehre aus der Corona-Krise für Stiftungsentscheiderinnen und -entscheider sein.
DAS ANLAGEZIEL EINER STIFTUNG DÜRFTE GRANULARER WERDEN
Das Anlageziel gilt es also zu finden, zu definieren, und in der Regel ist diesen Finden und Definieren ein Prozess, gerade vor dem Hintergrund der aktuellen und künftigen Gemengelage an den Kapitalmärkten dürfte es mit einer Gremiensitzung nicht getan sein. Steht aber das Anlageziel, ist der zweite Eckpfeiler, die Anlagerichtlinie, eigentlich recht schnell aufgesetzt. Denn es gilt ja jetzt nur noch, den Rahmen zu setzen auf Basis des definierten Anlageziels bzw. der definierten Anlageziele, der dann in eine konkrete Anlagepolitik übersetzt werden kann. Die Anlagerichtlinie ist aber immer noch etwas, das Stiftungen in der Regel schon gerne hätten, bei dem aber etwa die Hälfte der hiesigen Stiftungen immer noch nicht Nägel mit Köpfen gemacht hat. Sicherlich, das „Das haben wir immer schon so gemacht“ konterkariert das Ausarbeiten einer Anlagerichtlinie, andererseits kann „Das haben wir immer so gemacht“ auch ein Indiz dafür sein, in welchem Anlageberitt sich die Stiftung bzw. ihre Verantwortlichen auf jeden Fall schon einmal wohlfühlen. Hier kann dies dann in einem zweiten Schritt ergänzt werden, aber diese grundsätzliche Haltung muss nicht gänzlich aufgegeben werden – es muss nur zu ihr reflektiert werden.
‚DAS HABEN WIR IMMER SO GEMACHT‘ GEHÖRT ZUR REFLEKTION DAZU
In die Anlagerichtlinie gehört dieses „Das haben wir immer so gemacht“ vielleicht sogar in die Präambel hinein, denn dort sollte die ganz grundsätzliche Haltung zur Anlage und zum Drumherum niedergeschrieben werden. So die Haltung heute eine andere ist also vor fünf Jahren, wäre das keine Überraschung, dass die Haltung post-Corona auf jeden Fall einen Passus zur andauernden Niedrigzinsphase enthalten sollte, ist jedoch obligatorisch. Ebenfalls sind atmende Quoten für Investments und Kriterien, nach denen diese ausgesucht werden, in den Anlagerichtlinien ein Muss. Auch sollte die Verantwortlichkeit festgelegt werden, wer ggf. in einem Crash wie dem jüngsten Corona-Crash das Sagen im Stiftungsdepot hat und wer entscheiden darf, ob bspw. nachgekauft wird in die fallenden Notierungen hinein. Nichts ist schlimmer als in Crashzeiten nicht handlungsfähig zu sein, das ist in etwa so als ob Ausverkauf im Kaufhaus ist und Sie am Wühltisch nur zusehen können, wie die besten Schnäppchen einfach direkt weggekauft werden. Dafür braucht jede Stiftung eine Regelung, denn Zäsuren wie einen Corona-Crash könnte es künftig häufiger geben, in kürzeren Abständen, das ist dem Umfeld aus Nullzinsen und aufgeblasenen Vermögenspreisen geschuldet. Und hier und da muss die Luft aus dem Kessel weichen, und genau für diese Phase braucht es dann Regeln, damit eine Stiftung handlungsfähig ist.
Nicht zuletzt könnte dies auch bedeuten, eine Sicherer-Hafen-Strategie in die Anlagerichtlinien mit aufzunehmen. Wenn also das Umfeld keine validen Informationen mehr hergibt, was im Stiftungsvermögen enthalten sein soll, dann kann es sinnvoll sein, erst einmal eine sichere Position einzunehmen, in Form von weniger bis gar nicht risikobehafteten Assetklassen. Das können kurz laufende Anleihen sein, das kann Gold sein, das kann ein Portfolio aus extrem defensiven Aktien sein, das kann ein Geldmarktfonds sein, eben alles, was kurzfristig das Depot sturmfest macht. Dieser sichere Hafen muss nicht bei jedem Börsengewitter angesteuert werden, aber solch einen Hafen zu kennen, sobald ein Hurrikan aufzieht, das dürfte eine weitere Lehre aus dem Corona-Crash und den künftigen Anlageparametern sein.
WIE SOLL DIE ANLAGEPOLITIK AUSSEHEN
Auf Anlageziel und Anlagerichtlinie folgt die Übersetzung in eine konkrete Anlagepolitik, und in diesem Punkt kennen Sie meine Meinung. Ich halte es für äußerst zeitgemäß für die meisten Stiftungen, ihre Anlagepolitik auf die Schultern mehrerer Fondsanbieter zu verteilen, oder aber mehrerer Vermögensverwalter. Auf diese Weise mischen Stiftungen verschiedene Investmentstile, Anlageklassen und Herangehensweisen und laufen nicht Gefahr, mit einer nicht passenden Hausmeinung Schiffbruch zu erleiden. Die Fondsanlage hat zudem den Vorteil, dass sie extrem transparent ist, dass die stiftungsspezifischen Fondsprodukte immer stiftungsspezifischer informieren und buchhalterisch der Aufwand sehr überschaubar bleibt für eine Stiftung. Dazu bekomme ich als Stiftung Handwerk nicht nur aus deutschem Hause sondern auch von internationalen Playern, was mir von der Diversifikation her einen zusätzlichen Nutzen stiftet. Fondsportfolien angelsächsischer Fondslenker sehen einfach anders aus als das von deutschen, in die Income-Fonds als Pendant zum Stiftungsfonds spielen weitaus mehr die globale Investment-Klaviatur.
DIE MISCHUNG MACHT’S, AUCH BEIM HANDWERK
Das zu mischen hat für Stiftungen einen großen Reiz, denn dadurch schiebt sie ihr Niveau an ordentlichen Erträgen nach oben, gleichzeitig diversifiziert sie so, wie sie das soll, nämlich auf verschiedenen Ebenen, eben auch handwerklich. Auch können mit Fonds weitere Anlageklassen ohne das Risiko der Verklumpung im Stiftungsdepot hinzugenommen werden, etwa Immobilien, REITs oder Mikrofinanz. Es dürfte auch eine weitere Lehre aus dem Corona-Crash sein, dass es drei herkömmliche Stiftungsfonds „nicht mehr tun“, sondern ein Stiftungsfonds mit einem Income-Fonds und einem ausschüttungsorientierten Aktienfonds gemischt werden sollte (nur als Beispiel) gemischt werden muss, um dem Kapitalmarktbohai noch Herr werden zu können. Übrigens: Manche Aktienfonds haben die Corona-Delle besser überstanden als mancher Misch- oder Stiftungsfonds, das Argument also, Aktien würden nur das Risiko in einem Portfolio nach oben schieben, zählt bei weitem nicht so wie das gerne auch im Stiftungssektor kolportiert wird. Die Aktie gehört ins Stiftungsportfolio, erst recht, wenn sich unter ESG-Gesichtspunkten die Spreu vom Weizen zu trennen beginnt, also gut geführte und verantwortungsbewusst agierende Unternehmen von solchen die das nicht sind zu unterscheiden sind. Auch das ist so eine Lehre post-Corona.
ZUSAMMENGEFASST
Mit dem Virtuellen Tag für das Stiftungsvermögen (#VTFDS2020) möchten wir Stiftungen dort abholen, wo sie gerade ihre liebe Not mit der Veranlagung ihres Stiftungsvermögens haben. Die einen hadern mit dem Anlageziel, die anderen wissen nicht so recht wie die aktuelle Gemengelage in ihre Anlagerichtlinie pressen. Wiederum andere Stiftungen haben Schwierigkeiten, die richtige Übersetzung des Anlagerahmens in konkrete Anlagelösungen hinzubekommen. All das möchten wir im Rahmen des #VTFDS2020 diskutieren und auch sortieren – für Stiftungen und deren Entscheiderinnen und Entscheider. Dass wir das Ganze als Livestream umsetzen, ist den äußeren Umständen geschuldet, aber auch der Tatsache, dass wir den Stiftungsverantwortlichen praktisch keine Hürde aufbauen wollen, sich mit den Inhalten vertraut zu machen. Einfach den Rechner anschalten, das Handy entsperren, auf www.vtfds2020.de gehen und Play drücken, mehr braucht es nicht für den Virtuellen Tag für das Stiftungsvermögen. So wie Marty McFly, der nur ein paar Gigawatt brauchte, um zurück in die Zukunft zu reisen.