Mit Blick auf das Jahr 2030 und auch darüber hinaus gilt es im Stiftungsvermögen noch weitaus mehr als in den vergangenen Jahren, das Diversifikationsgebot zu beachten. Denn die Stiftungsfondsmonokultur bzw. der weitgehende Fokus auf Anleihen dürfte für immer mehr Stiftungen wenig zielführend sein. Konsequenterweise heißt Diversifikation im Stiftungsvermögen dann aber auch, hinter dem Tellerrand nach Anlagemöglichkeiten zu suchen, wobei Stiftungen hier einen Aspekt betreffend vermutlich schnell fündig werden dürften: Impact.
Kleine und mittelgroße Unternehmen sind in nahezu jeder Volkswirtschaft dieser Welt das Rückgrat für Prosperität und Wohlstand. Kleine und mittelgroße Unternehmen (kurz: SME, für Small & Medium Enterprises) stehen in der Weltwirtschaft für 50% der vorhandenen Arbeitsverhältnisse und zeichnen in 35% der globalen Wirtschaftsleistung verantwortlich. Übergeordnet machen SMEs rund 95% der global existierenden Unternehmungen aus. Umso mehr irritiert es, dass diese Unternehmen in vielen Schwellenländern nur sehr unterrepräsentiert sind. Denn die SMEs stehen für innovative Produkte und Dienstleistungen, für Integration von jugendlichen in das Wirtschaftsgeschehen – und nicht zuletzt leisten sie einen fast unschätzbaren Beitrag, um die wirtschaftliche Basis zu verbreitern und darüber zu stärken. Die Absenz der SMEs in den Emerging prägt den Begriff Missing Middle.
UNTERNEHMEN REÜSSIEREN, FINANZIERUNGEN KOLLABIEREN
Prosperierende bzw. in ihrer Zahl zulegende SMEs haben für die Fortentwicklung einer Volkswirtschaft einen unschätzbaren Wert, gleichzeitig haben sie einen enormen Nachteil in Kauf zu nehmen: Sie sind mit finanziellen Ressourcen gänzlich unterversorgt, sprich: SMEs tun sich extrem schwer, sich zu refinanzieren. Das liegt daran, dass sie eben kein Large Cap sind, der praktisch jede Kreditanfrage mit einer Flut an Zahlen und Prognosen unterfüttern kann, und sie sind andererseits zu groß, um in der Mikrofinanz-Mechanik noch einen Platz zu finden. Ein Beispiel seitens der Weltbank untermauert dies. Etwa 70% der in den Emerging Markets von Frauen geführten SMEs haben keinen Zugang zu Finanzierungen bzw. sind mit Finanzdienstleistungen unterbetreut, obwohl die Unternehmen reüssieren.
RIESIGE FINANZIERUNGSLÜCKE BEI DEN SMEs
Inmitten der Corona-Pandemie zeigte sich, wie eminent wichtig SMEs für aufstrebende Volkswirtschaften waren und sind, wie sie es schaffen, trotz misslicher Gesamtumstände neue Jobs zu schaffen, Innovationen zu kreieren und in ihrer Region für Prosperität zu sorgen. Umso mehr schockiert eine Zahl, die seitens der Internationalen Entwicklungsbank kolportiert wird. Es fehlen den SMEs rund 1 Billion US-Dollar (und vermutlich noch weit mehr) an Finanzierungen, eine Lücke die von Institutionen wie der Weltbank und ihren Gliederungen allein nicht gestemmt werden kann, obwohl die Förderung der SMEs direkt auf die Ziele „Reduktion der Armut“ und „Steigerung der gemeinschaftlichen Prosperität“ einzahlen. Es ist eine Krux, dass da eine Gruppe von Unternehmen sauber wirtschaftet, Mehrwert für die Region, in der sie tätig sind, schaffen, und gleichzeitig nicht an finanzielle Ressourcen in ausreichendem Maße herankommen – auch weil Investoren nicht mitspielen konnten. Bisher jedenfalls.
MISSING MIDDLE BISHER AUSSEN VOR
Für Anleger war es bislang einfach nicht attraktiv genug, der Missing Middle etwa via Krediten unter die Arme zu greifen. Die großen Emittenten, also transnationale Konzerne, boten trotz mäßiger Kupons das attraktivere Chance-Risiko-Profil, und Mikrokredit-Investments auf der anderen Seite boten mehr von dem was vor allem Stiftungen sexy finden: direktes Wirken eines Investments, auf neudeutsch Impact genannt. Die Missing Middle war und ist in der Mitte dessen angesiedelt, denn natürlich ist es trotz aller positiver Eckdaten risikobehafteter, hier als Alternative zu einer Large-Cap-Anleihe zu investieren, und mehr Wirkung bei einem Investment gibt es eben bei einem Mikrokredit auf der anderen Seite eben auch.
WIE FUNKTIONIERT KREDIT IN EINEM SCHWELLENLAND?
Aber, cum Corona, ist die Welt eben auch hier eine andere geworden. Mittlerweile zeigt sich, welche Schwellenländer resilienter sind als andere und damit ein tragfähiges Fundament für ein Investment, auch seitens einer Stiftung liefern. Was uns zu der Frage bringt, wann Geld bzw. Kredit in aufstrebenden Märkten eigentlich überhaupt „funktionieren“ kann? Zuerst braucht es einen makroökonomischen Rahmen, der Wachstum möglich macht. Das gepaart mit institutioneller Stabilität und einem Finanzsektor, der nicht so staatlich-dominiert ist, wodurch investive Kredite stärker im Fokus stehen als solche für nicht-kommerzielle Zwecke, bedingt ein Umfeld, in dem Kredite an SMEs ausgereicht werden können. Das wiederum macht das Fundament für Prosperität insgesamt belastbarer und das System insgesamt weniger anfällig für externe Schocks.
SME-FONDS ALS KOOPERATION MIT DER DEG
An diesem Punkt stehen immer mehr Schwellenländer, was eine gute Nachricht ist für die SMEs – und damit auch für Stiftungen, die ggf. Zugang zu diesem Investment-Universum erhalten. Denn dass derlei Anlage weniger mit Spekulation als mit Entwicklung vor Ort zu tun hat, dürfte sich rasch erschließen. Die Brücke hier baut nun der EB-SME Finance Fund Emerging Markets. Dieses frisch aufgelegte Fondsvehikel der EB-SIM, der Investment-Tochter der in Kassel ansässigen Evangelischen Bank, stellt Finanzinstituten in aufstrebenden Ländern Finanzierungsmittel zur Verfügung, die dann wiederum als Kredit oder andere Ausreichung an SMEs ausgegeben werden. Die Auswahl der Finanzinstitute geschieht in Kooperation mit der Deutschen Investitions- und Entwicklungsgesellschaft (DEG), einer Tochter der KfW, die seit mehr als 60 Jahren Unternehmen bzw. deren Investitionen auf ihrem Weg in Entwicklungsländer begleitet.
SDGs WERDEN GEZIELT UNTERSTÜTZT
Dass über die Kredite an die Finanzinstitute vor Ort Finanzierungslücken geschlossen und damit gezielt Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen (SDGs) unterstützt werden, macht den EB-SME Finance Fund Emerging Markets aus Stiftungssicht so spannend. Aber nicht nur das. Stiftungsvermögen soll diversifiziert werden, hat dem Diversifikationsgebot zu folgen, das ist über den SME-Fonds der EB-SIM gewährleistet. Stiftungsvermögen hat zudem Spekulation zu vermeiden, auch das kann abgehakt werden, denn ein Kredit an ein SME ist alles, nur keine Spekulation. Dazu muss Stiftungsvermögen in erster Linie ordentliche Erträge erzielen, für die Verwirklichung des Stiftungszwecks, auch das wird vom Fonds geliefert mit einer Zielausschüttung von 3% p.a., wobei nicht alle erwirtschafteten Erträge ausgekehrt werden.
SACHGERECHTE ENTSCHEIDUNG MACHBAR
Dass eine Euro-Tranche verfügbar ist und ein regelmäßiges Reporting auch zu den einzelnen, mit Finanzierungsinstrumenten ausgestatteten Finanzinstituten geliefert wird, ermöglicht zudem eine sachgerechte Entscheidung zum Fonds aus Stiftungssicht. Stiftungsverantwortliche wissen, was sie kaufen, können das Produkt verstehen, werden sehen, dass die Kosten im Rahmen (TER der währungsbesicherten Euro-Tranche bei 1,54% p.a.) und das Vehikel des Spezial-AIFs eines ist, das im Stiftungsdepot regulär verbucht werden kann. Ferner liefert eben jener Spezial-AIF sauber ordentliche Erträge (=Ausschüttungen) ab, indem die an die (durch die DEG eingehend geprüften) Finanzinstitute gewährten Kredite mit Zins zurückbezahlt werden. Eine Sache ist aus Stiftungssicht aber erklärungsbedürftig, und muss von Stiftungen bzw. ihren Verantwortlichen geklärt werden: die Sache mit dem qualifizierten Investor.
IST EINE STIFTUNG EIN QUALIFIZIERTER INVESTOR?
Möchte eine Stiftung nämlich in den EB-SME Finance Fund Emerging Markets investieren, dann muss sie ein qualifizierter bzw. noch etwas verschwurbelter eine geeignete Gegenpartei sein. Geeignete Gegenpartei ist eine Stiftung dann, wenn sie bzw. ihre Vermögensverantwortlichen entweder ein bestimmtes Stiftungsvermögen belegen können, jenseits der 5 Mio. EUR, oder aber sie Wertpapiertransaktionen in einer Häufigkeit mit einem entsprechenden Volumen durchführen, dass man ihnen zutrauen kann, ein solches Investment gewohnheitsmäßig zu erwerben – und auch durchleuchten zu können. Die Prüfung dessen kann bspw. auch von der EB-SIM vorgenommen werden, aber über diese Hürde müssen Stiftungen springen, geht leider nicht anders.
ZUSAMMENGEFASST
Die Missing Middle ist eine Gruppe von Unternehmen, die für die künftige Prosperität von Schwellenländern einen unschätzbaren Wert in sich tragen. Nicht zuletzt durch die Corona-Pandemie wird dies sogar noch verfestigen, erkannten doch viele Emerging Markets den Wert einer prosperierenden Gilde kleiner und mittelgroßer Unternehmen. Im Zuge dessen wird auch der Impact offenbar – und macht The Missing Middle zur Anlageklasse. Mit dem EB-SME Finance Fund Emerging Markets existiert nun ein Anlagevehikel, über das sich in die Finanzierung dieser Unternehmen investieren lässt und über Stiftungen einen Zugang zu einem Impact-nahen, stiftungskompatiblen Investment finden. Dass eine Stiftung dafür qualifizierter Investor sein muss, ist dabei irgendwie auch nur logisch. Ein paar Hürden gilt es immer zu überspringen, um hinterm Tellerrand investieren zu können. Aber so war das mit Mikrofinanz vor 15 Jahren auch – vor dem Siegeszug dieser Anlageklasse.