Die Business Judgement Rule als (Er)lösung

Drei Lehren vom 41. Münchner Stiftungsnetzwerk

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Business Judgement Rule
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Die Business Judgement Rule findet Eingang in die tägliche Stiftungspraxis. Diese Aussage ist nicht neu, und viele Stiftungsverantwortliche leben sie auch bereits, die Business Judgement Rule, aber mit der Stiftungsrechtsreform ist doch Einiges anders. Per Gesetz wird jetzt praktisch geregelt, dass Stiftungsverantwortliche eben zur ordentlichen Geschäftsführung angehalten werden. Was ordentlich in diesem Kontext heißt und was die Stiftungsrechtsreform in der täglichen Stiftungspraxis bedeutet, dazu sprach Dr. Stefan Fritz von der Bischof Arbeo-Stiftung beim 41. Münchner Stiftungswerk am 3.5.2022.

Das Münchner Stiftungsnetzwerk, organisiert vom Bankhaus Donner & Reuschel, ist in München schon so etwas wie eine feste Tradition. Immer wenn von Donner & Reuschel-Stiftungsexperte Christian Opelt die persönliche Einladung zum Münchner Stiftungsnetzwerk ins Postfach flattert, weiß man, dass sich wieder 50 bis 70 Stiftungsverantwortliche und Stiftungsexperten in der Friedrichstrasse in München-Schwabing treffen – um über Stiftungspraxis zu sprechen und zu streiten. Dies war ist diesmal so, bei der 41. Auflage, der ersten Post-Corona. Diesmal drehte sich das Programm um Fundraising Post-Corona und Stiftungspraxis cum Stiftungsrechtsreform. Wir haben aus den beiden Vorträgen und aus den Gesprächen drei Lehren gezogen.

Lehre Nummer 1: Die Stiftungsrechtsreform ist durchaus Gamechanger

Dr. Stefan Fritz, der Chef der Bischof Arbeo-Stiftung, gilt als einer der profundesten Kenner der stiftungsrechtlichen Regelungen in Deutschland. Er ist Jurist, kennt also auch die Spitzfindigkeiten. Für ihn ist eines der zentralen Themen der Stiftungsrechtsreform, das Stiftungsvermögen betreffend, die Business Judgement Rule. Sie befreit Stiftungsverantwortliche aus der Haftungsangst, gibt ihnen einen sehr klaren Handlungsrahmen vor. Denn Stiftungsverantwortliche haben die Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsführers anzuwenden. Was macht ein solcher? Er trifft sachgerechte Entscheidungen, die er abgewogen hat, zu denen er sich ausreichend und umfänglich informiert hat.

Der ordentliche Geschäftsführer einer Stiftung

Der ordentliche Geschäftsführer ist der Objektivität verpflichtet, darf sich nicht allein auf persönliche Erfahrungen zurückziehen und muss Defizite im Knowhow durch Beratung ausgleichen. Er folgt dem Prudent Man-Prinzip der unternehmerischen Vorsicht. Hierauf referenzierte Dr. Stefan Fritz und übersetzte die Business Judgement Rule auch direkt. Entscheidungen müssen vernünftigerweise getroffen werden, also basierend auf einer schlüssigen Vorgehensweise. Dazu müssen angemessene Informationen eingeholt werden, muss zum Wohle der Stiftung auch frei von Drittinteressen gehandelt werden. Dieses Gerüst ist für Stiftungsverantwortliche belastbar, aber es wird Belastungen im Täglichen etwa über ein Mehr an Dokumentation mit sich bringen. Kurzum: Ein gelungener Parforceritt, so präpariert kann die Stiftungsrechtsreform in Kraft treten.

Lehre Nummer 2: Fundraising post Corona wird digitaler werden

Der zweite Vortrag von Joachim Sina, dem Head of Fundraising der Grün-Gruppe, befasste sich mit der Frage, wie sich Stiftungen und gemeinnützige Organisationen im Fundraising aufstellen müssen – post Corona. Es lässt sich kurz machen: Das Fundraising aus dem Lameng heraus ist vorbei. Einfach mal sagen, so, wir fundraisen jetzt auch, das wird keine Ergebnisse liefern, die in irgendeiner Weise zu den gesteckten Zielen führt. Digitale Werkzeuge einzusetzen, und damit zielgerichtet Zielgruppen zu adressieren in der Spendenansprache, von vorn herein auch auf die zweite Spende abzustellen und entsprechend die Ansprache daraufhin nachzuhalten, das jedoch ist nicht die Zukunft, sondern es ist Realität im Hier und Jetzt. Das ist eine Lehre aus Corona, es gibt die Tools, es gibt sie für Stiftungen, sie müssen jetzt nur in der Breite Eingang in deren tägliche Stiftungspraxis finden.

Lehre Nummer 3: Dem Stiftungssektor gehen Impulse und Energie nicht aus

Wenn wir Eines vom 41. Münchner Stiftungsnetzwerk mitnehmen, dann dass Stiftungsmenschen die Ideen und die Energie nicht ausgehen. Mich sprach ein Stiftungsvorsand konkret mit einer neuen Projektidee zum Spendensammeln an, ein Verein verabredete sich mit uns zu dessen ersten Podcast, wiederum eine andere Stiftung wusste zu berichten, dass die Sache mit dem Cash auf dem Konto ja jetzt plötzlich eine Pflichtverletzung sein dürfte. „Und das geht nicht, da müssen wir was machen, mit Fonds.“ Klar, dass wir hier sofort ins Gespräch kamen, und genau diese Gespräche, diese persönlichen Austausche haben mir doch sehr gefehlt. Aber es geht wieder los, und das ist gut so.

Zusammengefasst

Dass das 41. Münchner Stiftungsnetzwerk quasi die erste Stiftungsveranstaltung post-Corona war, überrascht mich wenig. Seit 2003 gibt es das Münchner Stiftungsnetzwerk schon, Donner & Reuschel-Stiftungsexperte Christian Opelt ist es schlicht ein Anliegen, dass es diese Plattformen zum Austausch nicht nur punktuell mal gibt, sondern immer wieder. Denn nur dann können Probleme diskutiert, Ideen aufgeworfen und persönliche Kontakte geknüpft und gepflegt werden. Ist das nicht das, was den Stiftungssektor letztlich vor allem ausmacht? Dass Menschen mit Menschen Aktivitäten besprechen und entfalten? Christian Opelt ist davon überzeugt, und entsprechend wird es auch in Bälde schon das 42. Münchner Stiftungsnetzwerk geben. Wieder mit zwei tollen Impulsen, und wieder mit drei Wünschen, mit denen Christian Opelt seine Gäste stets verabschiedet. Bis zum 42. Münchner Stiftungsnetzwerk.