Rote Ampel für den Stiftungsfonds?

Warum die Stiftungsrechtsreform manch Stiftungsfonds Kopfschmerzen bereiten dürfte

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Rote Ampel für den Stiftungsfonds
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Als am 1. Oktober 1990, also zwei Tage vor der deutschen Wiedervereinigung, der erste deutsche Stiftungsfonds aufgelegt wurde, konnte keine ahnen, welch Erfolgsgeschichte dieser Merck Finck Stiftungsfonds schreiben würde. Ein Chart wie am Schnürchen gezogen, schöne Ausschüttungen, immer wieder strategische Anpassungen an das Hier und Jetzt, solche Fonds wünschten sich Stiftungen – und haben sie mit diesen und noch weiteren Stiftungsfonds auch bekommen. Niedrigzins und vor allem die Stiftungsrechtsreform ändern nun aber das Spiel.

Der Merck Finck Stiftungsfonds eröffnete einst den Reigen dieser Fondskategorie, und für Stiftungen waren diese Fonds echte Wollmilchsäue. Sie schütteten aus, sie liefen nahezu stabil nach offen, sie kosteten zwar Geld, aber das tat nicht großartig weh. Wer drei Stiftungsfonds kombinierte, konnte als Stiftung nichts falsch machen. Insbesondere da mancher Fonds, wie einst etwa der mittlerweile verschwundene F&C HVB Stiftungsfonds ihre Ausschüttung für das kommende Jahr bereits frühzeitig ankündigten, so dass Stiftungen darauf ihre Liquiditätsplanung abstellen konnten. Mehr ging nicht, und das mag der Grund dafür sein, dass der gute alte Stiftungsfonds auch heute noch in vielen Stiftungen ziemlich gut gelitten ist.

AAA HAT EINEN (ZWEI) HAKEN

Zu Recht möchte man zudem meinen, denn einige Stiftungsfonds liefern auch heute so erklecklich ihre Ergebnisse ab, dass eine Stiftung fast schon zwangsläufig bei ihnen hängenbleibt. Der eine oder andere Stiftungsfonds hat aber ein Rechtfertigungsproblem, denn die Argumentation, den Fonds weiterhin als Stiftung zu allokieren, wird von zwei Richtungen her angeknabbert. Einmal sind viele dieser Stiftungsfonds konservativ aufgestellt, das heißt, sie könnten zwar 30% Aktienquote „fahren“, schöpfen diesen Freiheitsgrad aber nicht aus. Oder sie können nur 10 oder 20% Aktien beimischen, auch das ist problematisch. Denn zu viele AAA-Anleihen im Portfolio bedeuten, das die Kuponbasis derzeit derart ramponiert ist, dass ordentliche Erträge hieraus kaum noch zu ziehen sind.

SICHERHEIT IM STIFTUNGSFONDS?

Zudem sind diese Anleihen derartig teuer, dass sie kaum mehr für Kurszuwächse herhalten können, eher im Gegenteil. Ziehen die Zinsen mal etwas stärker an, werden hier Kursverluste entstehen, die kaum mehr auszugleichen sein werden, woraus der Verfall des Anteilspreises des Fonds ein dauerhafter sein dürfte. Für Stiftungen ziemlich problematisch. Dies bedeutet natürlich auch, dass die vermeintlichen AAA-Anleihen nicht mehr Sicherheit, sondern Risiko bedeuten, was eine Stiftung selbst in einem Fonds eigentlich so nicht tragen kann (darf). Manch sehr konservativ aufgestellter Fonds kommt damit aus heutiger Sicht nicht mehr in Frage, wenn es um die Aufgabe geht, im Stiftungsvermögen bestimmte Aufgaben zu erfüllen.


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WAS FRÜHER RICHTIG WAR…

Die Krux dabei ist, dass der Stiftungsfonds dies vor fünf oder zehn Jahren noch konnte und die Entscheidung zu diesem Fonds auch eine aus Stiftungssicht eine richtige war, aber sie eben heute nicht mehr richtig. Unter den heutigen Parametern wäre die Entscheidung gegen den Fonds gefallen, weshalb es durchaus sein kann, dass der eine oder Stiftungsfonds sich künftig mit Verkaufsaufträgen konfrontiert sehen wird. Niedrige Aktienquoten bedeuten wiederum auf der anderen Seite, dass kaum Performancebeiträge aus dieser Quelle her resultieren können (steigende Aktienmarktnotierungen vorausgesetzt), wodurch ein Stiftungsfonds beim Faktor Performance doppelt und beim Faktor Ausschüttung eben einmal passen muss. Genau an dieser Stelle kommt dazu die Stiftungsrechtsreform ins Spiel.

STIFTUNGSRECHTSREFORM ALS GAMECHANGER

Die neue Regelung sieht ab 2023 vor, dass Umschichtungserlöse von Haus aus für die Zweckverwirklichung der Stiftung verwendet werden können. Das öffnet letztlich die Tür auch für performanceorientierte bzw. thesaurierende Fonds, so diese eine Stiftungseignung mitbringen. Thesaurierende Fonds sind bislang bei Stiftungen zumeist außen vor geblieben, weil sie eben keine ordentlichen Erträge geliefert haben, und so eine Stiftung dies in der Satzung nicht regelte, konnten Umschichtungsgewinne nicht für die Zwecke verwendet werden. Ein Fondsportfolio, akzentuiert um einen oder zwei thesaurierende Fonds wird aber nun möglich, und es kann sein, dass der eine ganz konservative Stiftungsfonds künftig im Fondsportfolio einer Stiftung einem thesaurierenden Fonds weichen muss, weil dessen Leistungsmerkmale von den Stiftungsgremien genutzt werden wollen.

IM FONDSPORTFOLIO WERDEN FONDS EINE AUFGABE HABEN

Dabei muss eine Stiftung immer noch stark auf die ordentlichen Erträge abstellen, sie muss sich ein Fondsportfolio zusammenstellen. Aber sie wird künftig offener mit Empfehlungslisten umgehen und vermutlich auch Einsatzbereiche von Fonds genauer definieren. Da wird es ein zwei Stiftungsfonds geben, die klassisch „liefern“, dazu wird ein Income-Fonds gepaart mit einem Immobilienfonds gepackt, weil ich die Basis der ordentlichen Erträge damit nach oben entwickeln kann. Dann wird sie nach wenig korrelierten Bausteinen suchen, etwa im Bereich Mikrofinanz, einen extrem konservativen Fonds als Cashersatz einsetzen und einen thesaurierenden Fondsbaustein hinzunehmen, der eben Performancebeiträge in guten Börsenjahren liefert, aus denen stille Reserven für schlechte Börsenjahre gezogen werden können.

ZUSAMMENGEFASST

Für Stiftungsfonds beginnt eine neue Zeitrechnung. Nicht dass es sie nicht mehr braucht, nein, sie werden künftig im Stiftungsvermögen anders eingesetzt werden. Früher eierlegende Wollmilchsau, wird es künftig der definierte Einsatzbereich sein, in den der Stiftungsfonds super passt und in dem er seine Aufgabe weiterhin mit Bravour erfüllt. Stiftungsvermögen 2030 wird ohne Stiftungsfonds nicht auskommen, ohne andere Fondsbausteine aber eben auch nicht. Der Niedrigzins verlangt es, die Stiftungsrechtsreform macht es möglich.