Wenn Bergmänner früher ins Bergwerk hinabgefahren sind, dann mit dem Ziel, möglichst viel Kohle wieder hinauszubefördern. Dafür hatte jeder seine Aufgabe, der eine bediente den Bohrhammer, der zweite schaufelte die Kohle in die Loren, der dritte sorgte für Frischluftzufuhr, der vierte fuhr mit der Lore nach draußen. Das Ziel, Kohle ans Tageslicht zu fördern, damit diese dann als Energieträger zur Verfügung steht, lässt sich vergleichen mit dem ordentlichen Ertrag, den ein Portfolio aus Stiftungsfonds und stiftungsgeeigneten Fonds „produzieren“ soll, damit eine Stiftung damit ihre Zwecke verwirklichen kann. Das was es dazu braucht sind Fonds die ausschütten, aber mehr und mehr ist es so, dass Stiftungsfonds und deren Ausschüttungskapazität allein nicht ausreichen, um die Ertragsbedürfnisse von Stiftungen zu decken.
Das Anlegen nur in Stiftungsfonds ist in etwa so wie wenn ein Bergmann 10 Meter in den Berg eingefahren wäre, einmal mit dem Hammer an die Wand geklopft und eine volle Lore mit Kohle wieder mit nach draußen genommen hätte. Das Zusammenbauen eines Fondsportfolios für eine Stiftung ist genau keine einfache Angelegenheit, und unser Praxistest hat das auch gezeigt. Wir hatten vor allem die Idee, eine Alternativstrategie mit Stiftungsfonds und stiftungsgeeigneten Fonds in ein Portfolio zu packen und dann zu schauen, ob die Wirkung positiv ist. Die Idee entstand im März, inmitten des Corona-Crashs, und das Ergebnis kann sich sehen lassen. Denn vom angeblichen Teufelszeug, das Alternative Investments im Fondsmantel sind, war nichts zu sehen. Eher im Gegenteil.
Natürlich sind Alternative Investments nicht so einfach zu verstehen, denn ihre Anlagepolitik kann beispielsweise auf Algorithmen setzen, die bei bestimmten Signalen bestimmte Aktionen auslösen, die Minuten, Stunden oder wenige Tage später schon wieder rückgängig gemacht werden. So wenig greifbar diese Anlagekonzepte also sind, so greifbar sind ihr Einfluss und ihre glättende Wirkung auf Fondsportfolien, die wir in unserem Praxistest aus dem AB European Income Portfolio, AXA Global Income Generation, Dual Return Vision Microfinance, Morgan Stanley Global Brands Equity Income Fund, Spiekermann Stiftungsfonds. Kurz nach seiner Auflage im Jahr 2017 kam auch noch der KCD Immobilien Nachhaltig Deutschland als Immobilienbaustein hinzu. Der Mix bestand also rein aus „FondsFIbel-Fonds“, hinzu kam noch als Alternativer Baustein der Tungsten TRYCON-Fonds.
Dieser Fonds arbeitet mit künstlicher Intelligenz und dürfte einer wenn nicht der erste Fonds sein, der einen solch reinen KI-Ansatz vollführt. Inklusive des TRYCON-Fonds ließen wir dieses Portfolio startend mit dem 2013 zurückrechnen, mit der Besonderheit, dass sich das Portfolio im Jahr 4 der Betrachtung eben noch um einen Immobilienfonds erweiterte, aber auch das ist in der Praxis eher normal als die Ausnahme. Vom Ergebnis her zeigte sich zweierlei ganz deutlich: Eine Alternative Fondsstrategie hat keinerlei negativen Einfluss auf das Portfolio einer Stiftung, weder sorgt er grundsätzlich für größere Schwankungen im Depot, noch kostet er durch seine Ausrichtung Aufwärtsmomentum. Außerdem wären zwischenzeitliche Dellen durchaus geglättet worden.
Betrachtet man den Chart genauer, lässt sich sogar erkennen, dass das Fondsportfolio mit Alternativem Baustein sich phasenweise nach oben absetzen und diesen Mehrertrag auch konservieren konnte. Gleichzeitig konnte die Strategie im Corona-Crash, einer echten Ausnahmesituation an den Märkten, einen zusätzlichen Impuls für das Portfolio entfalten, das Monatsergebnis lag im März 2020 zum Höhepunkt der Krise bei rund 5% Plus. Der Druck auf das Portfolio wurde also nicht unerheblich reduziert, auch da Immobilienfonds und Mikrofinanzfonds ihre Stärken ausspielten. Das ist ja immer die Angst, nicht nur von Stiftungsverantwortlichen, sondern auch von Privatanlegern, dass eine solche Alternative Strategie, wenn es an den Märkten scheppert, dann doch nicht funktioniert. Anhand unseres Praxistests lässt sich diese Vermutung, und mehr ist es ja in vielen Fällen nicht, nicht bestätigen. Hierzu trägt vor allem auch die niedrige Korrelation mit den anderen 6 Fonds von weniger als 0,2 bei.
Michael Günther, einer der Köpfe hinter dem TRYCON-Konzept bei Tungsten Capital vermutet dazu:
Natürlich ist solch eine Alternative Fondsstrategie für Stiftungen schwerer zu greifen, viel schwerer als ein Stiftungsfonds, schon für jemanden der viel mit Fonds zu tun hat haben Algorithmen etwas hieroglyphenhaftes an sich. Aber es kann trotzdem sinnvoll sein, sich von der Anlagerichtlinie her nicht zu sehr zu verengen und solche Ansätze zumindest zuzulassen. Wenngleich auch konstatiert werden muss, dass der TRYCON-Fonds wenig bis gar nichts zum ordentlichen Ertrag beigesteuert hätte, weshalb ein Investment eher für in der Kapitalanlage versiertere Stiftungen geeignet ist, die auch die Rücklagenpolitik aktiv in ihre tägliche Praxis mit einbeziehen. Das getestete Fondsportfolio wäre aber bei einem ordentlichen Ertrag von mehr als 3% p.a. „rausgekommen“.
Ein wichtiges Argument hierfür liefert Michael Günther noch nach: „Die Multi-Asset long/short-Strategie ist, im Unterschied zu den meisten traditionellen Anlageformen, nicht von steigenden Marktpreisen abhängig. Angesichts hoher Bewertungen an den Märkten (hohe KGVs, historisch tiefe Zinsen) ist eine Fortsetzung des über die letzten Jahre sehr günstigen Umfelds für traditionelle Mischportfolios keine Selbstverständlichkeit.“
Für ein Portfolio, das aus Stiftungsfonds und stiftungsgeeigneten Fonds besteht, ist eine Alternative Fondsstrategie wie der Tungsten TRYCON-Fonds so etwas wie der Plug-In-Hybrid. Die Bilanz insgesamt verbessert sich, auch wenn Stiftungen nicht an allen Punkten Verbesserungen einheimsen können. Dass der Praxistest damit zum Positiven neigt, mag einige Stiftungsentscheiderinnen und -entscheider überraschen, aber er muss eben auch eingeordnet werden. Um die Bergwerksparallele wieder zu bemühen: Nicht jedes Kohleflöz förderte die gleiche Menge Kohle zutage, und das Herauslösen der Kohle war auch mit unterschiedlich viel Aufwand verbunden. Aber da die Dinge im Bergwerk Hand in Hand gingen und viel Erfahrung vorhanden war, kamen die Loren immer ordentlich gefüllt aus dem Bergwerk wieder ans Tageslicht.